Kapitel 22

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Kapitel 22: Die Königin von Reylia

Liebes Tagebuch,

heute - oder gestern? - bin ich zum Internat gefahren. Alexandra wohnt nur ein paar Minuten von mir entfernt!

Ich habe ihr also erzählt, was geschehen ist - also, natürlich nicht die Sache mit Prinzessin Mejira (peinlich, ich weiß immer noch nicht, wie sie geschrieben wird) und dann hab ich mich angelegt und stand im Thronsaal von Lady Lionsa (oder so ähnlich). Dann wurde ich in den Kerker geworfen, und als Lady Lionsa wissen wollte, was los war, hat sie mir irgend so ein Wahrheitsserum auf die Stirn getupft ...

Nachdenklich klopfte Maria mit ihrem silbernen Füllfederhalter auf die Seiten. Auch dieser Band des Tagebuchs würde bald voll sein und dann würde Aylin wieder mit einem neuen ankommen.

»Alles gut?«, fragte Lady Lionssa und wandte sich zu dem Mädchen um.

»Ja«, murmelte es leise, »Ich überlege nur.«

Mit Hilfe des Serums kam schließlich ans Licht, dass ich kein Mensch bin, sondern eine Äreviel. Und ich habe Angst. Was, wenn ich Aylins Aura lese und sehe, dass sie ein Mensch ist? Klar, mein Vater - wer auch immer das ist - könnte ein Äreviel sein. Vielleicht kenne ich ihn deshalb nicht. Vielleicht wollte Aylin mich ja deshalb von der Magie fernhalten. Vielleicht will Königin Liarëen (Ha! Wenigstens einen Namen, von dem ich weiß, wie man ihn schreibt!) mich ja auch deshalb sprechen ...

Und ich würde zu gerne wissen, warum mich diese vier Worte mich verfolgen ... Wage es oder verliere ...

Dann probierte Maria, diese Worte in den Schriftzeichen der Äreviel zu schreiben.

»Falsch«, sagte Lionssa so plötzlich, dass der Blondine vor Schreck der Füller aus der Hand fiel.

»Wie bitte?«

»Falsch«, wiederholte die Lady, »Du wolltest doch Wage es oder verliere in Ärevi schreiben, oder?«

Maria nickte.

»Lass mich mal.« Die Brünette zog sich einen Stuhl heran, dann wischte sie mit einer Handbewegung Marias kläglichen Versuch vom Papier und nahm ihr den Stift aus der Hand. Nach einem prüfenden Blick aus staubgrauen Augen ließ sie ihn aufs Papier sinken und malte einen Strich einige Zentimeter unterhalb Marias Geschreibsel.

»An den Anfangsbuchstaben kommt ein Apostroph, sofern das Wort nicht aus einem einzelnen Zeichen besteht«, erklärte sie, dann malte sie unter den Strich ein abgerundetes Rechteck, an dessen untere Linie zwei nach unten und außen geschwungene Linien ansetzen. Dann zeichnete sie über das Zeichen eine Wellenlinie, die Ähnlichkeit mit zwei Hügeln hatte, und darunter zwei schräg gesetzte Striche.

»Das ist ein dja, das Zeichen dafür, dass das Verb im Imperativ steht.« Über den zweiten Buchstaben setzte sie eine waagerechte Linie und daneben zwei kleine Kreise. Maria beobachtete die Lady erstaunt, während sie das Kunstwerk vollendete.

»Dort steht jetzt Et-dja sa nit-dja«, endete sie, »Wage oder verliere, das es existiert in dem Fall nicht. Und jetzt versuch du es.«

Lionssa gab Maria den Füller zurück, und nun begann das Mädchen ihrerseits, die Zeichen nachzuahmen. Danach beendete sie den Tagebucheintrag:

So heißt das auf Ärevi. Etja sa nitja oder so ...  Na ja. Lionsa will jetzt mit mir zum Rosenschloss, weil sie dort mit irgendwem sprechen muss. Bei der Gelegenheit soll ich dann auch nach Hause zurückkehren können.

Quest Of An Äreviel 1: Die Legende Der KierlineWhere stories live. Discover now