Flucht

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Amelias Sicht:

Es lief doch alles so perfekt!

Warum nur konnte es nicht auch so zu Ende gehen? Ich hatte es echt satt, in ständiger Angst zu leben.

Und deswegen breitete sich nicht Panik, sondern Wut in mir aus, als ich mit zusammengekniffenen Augen eine Gestalt vor uns erkannte.

Dabei hatte alles so gut angefangen. Draco und ich hatten getanzt und ich hatte mich wirklich wie eine Prinzessin gefühlt, was nicht nur an dem wunderschönen Kleid lag.

Nein, es lag auch an Draco, dass ich mich fühlte, wie im siebten Himmel.

Er war so hübsch mit seinen blonden Haaren, die sorgfältig nach hinten gekämmt waren, und so unglaublich nett.

Und ich könnte dafür schwören ihn an diesem Abend mehr lächeln gesehen zu haben als jemals zuvor.

Warum also hatte der Tag bloß diese Wendung nehmen müssen?

„Weg!", flüsterte ich, aber aus meinen Mund kam lediglich ein erbärmliches Krächzen. Draco neben mir verharrte still wie eine lebendige Eissäule.

„Slytherin", meinte er so leise, dass ich ihn kaum verstand.

Natürlich, wer sonst?

„Weg HIER!", endlich hatte ich meine Stimme wieder gefunden. Als ich jetzt ganz langsam, um unseren Gegenüber nicht noch anzustacheln, seine Hand nahm, merkte ich, dass Draco zitterte.

Oder war ich das?

Doch er machte keine Anstalten zu rennen, geschweige denn, nur einen Fuß vor den anderen zu setzten.

Immer noch wütend über die gesamte Situation zog ich ihn mit aller Kraft in die Richtung, aus der wir gekommen waren.

„Renn', verdammt!", brüllte ich vollkommen überfordert und zerrte ihn immer noch weiter.

Ich machte mir keinen Hell mehr daraus, dass unser Verfolger jetzt wusste, was wir vorhatten. Als würden uns auch etwas anderes übrig bleiben.

Und endlich, er rannte.

Leider erreichte die Panik mittlerweile auch mich und ich versuchte, konzentriert zu bleiben.

Ich rannte so schnell, wie noch nie in meinem Leben. Die Angst trieb mich an und sorgte dafür, dass ich bereits nach einigen Metern einen kleinen Vorsprung zu Draco hatte.

Wild atmend blieb ich an einer entscheidenden Kreuzung stehen und überlegte fieberhaft, in welche Richtung wir verschwinden sollten.

Ich hörte, wie Draco direkt neben mir schliddernd zum stehen kam.

Nach rechts ging es hinunter zu den Kerkern, links ging es hoch zu dem Turm der Ravenclaws und gerade aus zu den Klassenräumen, aber auch zu den Lehrern.

Fragend schaute ich zu Draco hoch. Auf seiner Stirn glänzte ein kleiner Schweißfilm und er hatte nachdenklich die Stirn gerunzelt.

„Die Hufflepaffs würden uns vielleicht helfen, aber ihre Räume liegen bei den Slytherin. Da können wir nicht runter. Und zu den Klassenräumen ... da könnten sich erst recht noch mehr Slytherin versteckt haben. Ich ... ich weiß es auch nicht ..."

Er schluckte und zuckte in einer beinahe verzweifelten Geste mit den Schultern. Doch so schnell wollte ich mich nicht geschlagen geben.

„Dann eben zu den Ravenclaffs!", ich trat demonstrativ in den Gang zu meiner Linken und spürte, wie Draco mir folgte.

Doch schon bei der nächsten Biegung blieb ich stehen. Ich wusste nicht mehr weiter.

Er ergriff meine Hand und übernahm die Führung. In diesem Teil der Schule bin ich erst einmal gewesen; und das war bei meiner kurzen Rundtour, die ich ganz am Anfang bekommen hatte.

Nach ein paar Minuten schnellen Laufens war mein Energieschub so gut wie aufgebraucht und ich stützte mich erschöpft mit den Händen auf den Knien.

Ich gebe zu, meine Kondition ist nicht die Beste. Draco hielt neben mir an. Sein Atem ging verdammt schnell.

Dennoch blickte er sich aufmerksam um, ob unser Verfolger noch da war. Unsicher glitt sein Blick über den schummrigen Flur, während er sich müde gegen die kalte Steinwand lehnte.

Ich horchte mit gespitzten Ohren in die Stille hinein ... doch da war nichts. Nur unser rasselnder Atem, der seltsam vereint klang.

„Ich glaube, wir haben ihn abgehängt!", informierte ich ihn.

„IHN? Als wenn es nur einer gewesen ist. Diese Mistkerle!", Dracos Gesicht wurde rot, als er mit grimmiger Miene vor sich auf den Boden spuckte.

„Ich hätte es wissen müssen", fuhr er mit seiner Tirade fort und ich meinte, Verletzlichkeit in seinem Blick aufblitzen zu sehen, „Sie werden nie aufgeben."

Seine Worte verursachten bei mir eine Gänsehaut, wenn ich sie nicht schon längst hatte.

„Komm, wir müssen weiter!", versuchte ich ihn auf das Wesentliche zu lenken. Draco schaute zu mir herunter und raffte sich auf.

„Du hast Recht. Hier ist es nicht sicher."

Er ergriff erneut meine Hand und die Berührung verursachte bei mir ein leichtes Prickeln in der Magengegend.

Es fühlte sich an wie ein Cocktail. Bunt gemischt mit allen Gefühlen: Angst, Wut, Liebe, Verletzlichkeit, und Verbundenheit.

Und in diesem Moment kam mir der Gedanke zum ersten mal: Waren wir Flüchtlinge?

Denn so fühlte es sich an. Wir waren nirgends sicher. Was ich aber mit Sicherheit sagen konnte: Unsere Flucht in unserer Heimat, in Hogwarts, hatte gerade erst begonnen.

Denn schon wieder rannten wir.


Mein Bruder Harry Potter #Draco MalfoyTempat cerita menjadi hidup. Temukan sekarang