Der Schwur

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Amelias Sicht:

Die letzten Stunden zerrten an meinem Körper. Meine Kraftreserven wurden so langsam aber sicher vollends aufgebraucht und ließen mich völlig übermüdet und gereizt zurück.

Fast hätte ich angefangen wie ein wilder Hund zu knurren, als Brook immer noch nicht den Zaubervertrag auflösen wollte.

Doch ich übte mich in Geduld und saß nun schon ca. 2 Stunden in Schneidersitz vor ihm. Zumindest kam es mir so vor. Die Tür hatte ich wieder zugemacht und meine Augen hatten sich ganz langsam an die Dunkelheit gewöhnen können.

Ich wusste, dass ich nichts machen konnte. Brook musste die Worte aussprechen, und ich war mir nicht so sicher, ob sie auch unter Zwang die gleiche Macht hatten.

Seine grünen Augen starrten mich durch die Finsternis hindurch unentwegt an, während ich ihn ebenfalls musterte.

„Wer hätte das gedacht, hmm?", fing Brook auf einmal mit kratziger Stimme an die Stille zu durchbrechen, die sich wie ein eisiger Schleier über uns gelegt hatte.

„Du und ich, in einem kleinen Raum, alleine ... und nichts passiert? Das ist fast schon ein wenig unter unserer Würde, findest du nicht?", ein Grinsen stahl sich auf sein Gesicht, während er seinen Sitz wieder etwas gerader rückte.

„Soll ich dich lieber verprügeln?", rutschte mir ohne Nachzudenken raus und ich biss mir bereuend auf die Lippen.

Doch zu meiner Überraschung fing Brook ganz langsam und leise an ... zu lachen.

Er lachte, immer lauter und ehrlicher, als ich es je von ihm gehört hatte. Und ich war nahe dran zu beschließen, dass er nun endgültig übergeschnappt war.

„Was?", hakte ich verwirrt nach und zog eine Augenbraue hoch. Mein Gegenüber hörte ganz langsam auf zu lachen.

Dann zuckte er mit den Schultern - zumindest versuchte er es - und meinte: „Ich weiß auch nicht. Trockener Humor ist immer noch besser als gar keiner."

„Wenn du meinst...", jetzt war ich diejenige, die resigniert mit den Schultern zuckte.

„Was erhoffst du dir hier von?", fragte mich Brook auf einmal und ich entdeckte überraschend echtes Interesse in seinen Augen.

„Das alles endlich vorbei ist", murmelte ich und konnte nicht verhindern, dass meine Stimme müde und erschöpft klang.

„Aber wie denkst du wird es wohl weiter gehen, hmm?"

Ich versuchte, seinem Blick standzuhalten, während ich antwortete:

„Tja, wie wird es weitergehen. Eine gute Frage. Würde ich die Antwort kennen, säße ich jetzt wahrscheinlich nicht hier. Aber auch so kann ich mir eine Meinung bilden. Ihr habt verloren."

Ich hörte ihn leise grunzen, und ich wusste, dass er das nicht hören wollte.

„Aber es ist die Wahrheit. Alles wird gut werden", fast flüsterte ich die Worte in den kleinen Raum, „und Slytherin und Gryffindor werden wieder wie zuvor zusammen leben."

„Wenn du das glaubst, bist du ein Narr!", unterbrach er mir rigoros.

„Ich habe nicht gesagt, dass es immer friedlich sein wird", verteidigte ich meine Vorstellung, „so war es nie und wird es auch nie sein. Aber der alte Zustand war immer noch besser als der jetzige. Wo sich beide gegenseitig an die Kehle springen. Das ist nicht Hogwarts."

Ich spürte seinen Blick heiß auf mir liegen, der mir sagte, dass ich zu naiv war. Zu gutgläubig.

„Du bist also ein Optimist", stellte er leise fest und ich streifte seinen Blick.

„Und du ein Pessimist!"

„Nur, weil für mich das Glas immer halb leer und nicht halb voll ist, heißt das noch lange nicht, dass ich ein Schwarzmaler bin. Vielleicht heißt es einfach nur, dass ich realistischer als du bin."

Seine Worte brachten mich zum schweigen. Ich hatte nicht mehr die Kraft, ihm zu widersprechen und versuchte stattdessen, mir ein paar Minuten Zeit zum antworten zu nehmen.

Davon hatte ich ja augenscheinlich genug. Zeit.

„Dann müsste dir ja wohl am besten bewusst sein, dass du den Vertrag irgendwann aufheben werden MUSST. Warum dann nicht jetzt? Warum warten? Wofür?"

Ich versuchte meine Stimme zu zügeln. Ohne es zu wollen war sie lauter und anklagender geworden, als ich es beabsichtigt hatte.

Umso mehr erstaunte mich seine Antwort. „Du hast Recht. Aber muss ich deswegen meine einzige Überlebenschance hergeben?"

„Überlebenschance? Was denkst du, wo wir hier sind? Wer wir sind? Ich verspreche, dir nichts anzutun, dich gehen zu lassen, wenn du uns ein für alle mal in Ruhe lässt und diesen blöden Vertrag auflöst!"

„Du vielleicht, aber was ist mit den anderen? Sie werden mich jagen, werden Rache üben wollen. Und, ganz ehrlich, ich glaube nicht, das du mich beschützen werden kannst!"

Seine Worte klangen ehrlich und wenn ich mich anstrengte, hörte ich etwas ganz besonderes heraus: Angst.

„Nein", fuhr er nachdenklich fort, „ich werde von hier weg müssen, aber den Weg hier raus muss ich mir erst einmal erkaufen.

Und DAS", er deutete mit den Kinn auf den Zettel zwischen uns, der wie ein gefallener Engel in der Dunkelheit aufleuchtete, „wird meine Freikarte sein."

Ich nickte leicht, da ich anfing, ihn zu verstehen. Er dachte immer zuerst an sich und dann an andere, dass war seine Schwäche. Und die musste ich akzeptieren.

„Okay", flüsterte ich, „versprichst du den Vertrag aufzulösen, sobald du frei bist?"

Ich sah ihm fest in die Augen und beobachtete seine Reaktion ganz genau. Brook schluckte, sein Adamsapfel hüpfte auf und ab, während er mir nun ebenfalls tief in die Augen sah.

„Ich schwöre."

Langsam zwang ich mich wieder auszuatmen und spürte gleichzeitig, wie eine unheimliche Last von meinen Schulter fiel.

Es fehlte nur noch ein kleiner, letzter Schritt, und dann war es endlich geschafft!


Mein Bruder Harry Potter #Draco MalfoyWhere stories live. Discover now