Julia

9 2 2
                                    

Langsam merke ich, wie mir die Augen zu fallen. An einem Baum gelehnt tauche ich irgendwann im Reich der Träume ein.

Ein stechender Schmerz durchzuckt meinen Kopf. „Verdammt!", fluche ich leise. Anscheinend rutschte ich im Schlaf vom Baum ab und ein Ast war im Weg. Dann erst merke ich, dass unser Feuer ausgebrannt ist und Ronja nirgends zu sehen ist. Sofort klopft mein Herz schneller. Warum muss ich auch immer so ängstlich sein und Panik schieben?, frage ich mich. Ein Lichtstrahl fällt durch die Bäume und der Mond spiegelt sich auf dem Fluss wieder. Lächelnd setze ich mich in Bewegung und vergesse meine Einsamkeit. Am Wasser suche ich mir einen Stein (was bei der Dunkelheit nicht einfach ist) und lasse meine Füße baumeln. Die letzten Tage gehen mir immer wieder durch den Kopf. Wir hatten einfach nur Glück, lernten nette Menschen kennen und wir sind gesund. Auch mit Ronja wachse ich irgendwie noch mehr zusammen. Das Spiegelbild des Mondes ist genauesten auf dem Wasser zu sehen. Wie ich doch Vollmond liebe...

Mitten in meinen Gedanken überlege ich, wo wir eigentlich sind. Aber mindestens sind wir schon 1 ½ Wochen unterwegs. Doch plötzlich zucke ich zusammen. Jemand hat mich in die Hüfte gepiekst und einen Schrei kann ich nur schwer unterdrücken. „Hey Du, ich saß die ganze Zeit an der anderen Uferseite, aber da du mich nicht winken gesehen hast, dachte ich, ich komme mal rüber", erklärt Ronja und pflanzt sich neben mich. Ich lächele ihr matt zu und starre weiter auf den Fluss. Die Frage, wie sie überhaupt zu mir rübergekommen ist, erklärt sich von selbst, als ich Rockys nasse Beine und Füße betrachte. Sie stupst mich von der Seite an und ich zucke wieder. „Alles Gut mit dir?", fragt sie. Ich nicke und nehme Ronja in die Arme. „Danke für alles. Ich hab dich lieb!", nuschele ich in ihre Haare. Ich spüre ein Lächeln an meinem Ohr, sie sagt aber nichts. Manchmal sind Worte einfach überflüssig- wie jetzt.

Mein Kopf puckert und in meiner Schulter spüre ich auch ein leichtes Ziehen. Heute Nacht sind wir wohl am Fluss eingeschlafen, denn auch Ronja liegt leicht verrenkt neben mir. Als ob sie gespürt hätte, dass ich wach bin, schlägt sie ihre Augen auf und blinzelt mir entgegen. „Guten Morgen", flüstert sie. Anscheinend habe ich eine Beule an der Stirn, da sie lachend auf diese Stelle zeigt und sagt: „Königskraut hilft, wächst überall." „Haha, sehr witzig!", meine ich und rolle gespielt mit den Augen. „Ich habe Hunger, lass uns etwas besorgen!", schlägt sie vor. Ich nicke und laufe zu unseren Sachen, wo ich noch Kekse hervorhole. Dass wir diese noch haben, wundert mich, denn seitdem wir unterwegs sind schlummern diese schon seelenruhig im Rucksack.

Schnell ziehen wir unsere Schuhe an und Ronja führt uns aus dem Wald heraus. Wir stehen nun auf einer großen Wiese und unten schimmern die ersten Häuser einer Stadt. Ja, eine Stadt, denn von Rathaus zu vielen Kirchen und sogar einem Schloss fehlt hier nichts. Leise dringt Musik zu uns durch und wie von der Tarantel gestochen rennt Ronja los. Ich packe nur noch den Rucksack auf meine Schultern, den sie einfach hier oben abgesetzt hatte, und gebe mein Bestes hinterher zu kommen. „Wo läufst du hin?", japse ich, da wir gerade durch wirre Gassen rennen. „Meinem Bauchgefühl nach!", ruft sie über die Schulter hinweg. „Geht das auch langsamer?", bitte ich. „Oh!", ruft sie aus, bleibt stehen und entschuldigt sich. Hinter einer Biegung sieht man eine weiße Plane. Wir schleichen um dieses Tuch herum und stehen nun auf dem Marktplatz. Voll ist es nicht, denn die Buden bauen gerade erst auf. Es ist ja auch noch recht früh und durch die Musik aus den Lautsprechern kam es uns so vor, als steppte hier der Bär. „Schau mal Juli, ein Mittelaltermarkt!", grinst Ronja, nimmt mich bei der Hand und zieht mich weiter.

~Einfach weg~Where stories live. Discover now