16 - Der Lars

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Es vergingen einige Tage, in dem Ella ihre Ruhe vor allen seltsamen Menschen und Vorkommnissen in ihrem Wohnheim hatte. Sie fing gerade schon an, dem trügerischen Schein der Ruhe zu glauben, als sie auf ihn stieß.

Es war nach der Uni. Ella kam gerade aus der Kunsthochschule und lief die Treppen hoch, als sie jemand Neuem begegnete. Misstrauisch lief sie auf ihn zu.

Er stand an einem Fenster, war recht groß gebaut, dunkelblond und hantiere herum.

„Ähm... Entschuldigung." fragte ihn Ella zaghaft.

Er drehte sich um.

„Ja? Kann ich helfen?" Sein leicht bubiges Gesicht sah sie fragend an.

„Das... wollte ich sie gerade fragen..." meinte sie und verstand nicht, was er an ihren Fenstern zu schaffen hatte.

Ein Licht ging ihm anscheinend auf, denn sein Gesicht erleuchtete förmlich.

„Ohh, ihr kennt mich ja sicherlich noch nicht. Ich bin Lars. Wir können uns ruhig duzen, wenn das okay für dich ist. Herr Ay hat mich als Hilfshausmeister eingestellt und ich werde dann ab jetzt öfters die ein oder andere Aufgabe für ihn hier erledigen." sagte er und streckte stolz seine Brust heraus.

„Ich bin Ella... Okay... Ja, das erklärt es wohl. Schön, das freut mich für Herrn Ay. Ein wenig Hilfe tut ihm sicher gut."

„Ja, ich bin auch glücklich so eine gute Stelle mit einer guten Zukunftsaussicht gefunden zu haben."

„Verzeih mir die Frage... Was genau wäre die Zukunftsaussicht...?"

„Ich... Also das sollte man nicht so offen sagen. Ich will nicht so karrieregeil wirken. Aber ich sehe mich schon in einigen Jahren, als kommenden Hausmeister dieses wunderbaren Wohnheimes."

„Ist das so...?"
„Ich verehre Herrn Ay sehr und bin ihm sehr dankbar für diesen Job, aber man muss auch einsehen, dass er nicht mehr der Jüngste ist und es viele andere Augen auf seinen Arbeitsplatz abgesehen haben... Und naja, mit der Einstellung hier, habe ich dann ja wohl die größten Chancen darauf." Er strahlte vor Stolz und auch ein wenig Eitelkeit mischte sich in sein Gehabe. Die Welt war doch voller seltsamer Menschen, die sich allesamt in Kassel vereint hatten. Die Mitte von Deutschland. Die Mitte allen Wahnsinns?

„Das ist ja... wunderbar für dich. Du hast ja große Ziele..."

Er lächelte sie wie ein kleiner Bub an, der soeben das erste Mal alleine auf sein Töpfchen gegangen ist.

„Nichts ist unmöglich! Man muss es nur taktisch genug angehen!" verkündete er laut „Schon von klein auf hatte ich mir immer Ziele gesetzt und ich muss sagen, dass ich sie mit einer großen Zielstrebigkeit verfolgt und noch nie ein Ziel verfehlt habe."

„Lobenswert... Wirklich lobenswert." Ella fing langsam an sich in ihrer Haut unwohl zu fühlen. Sie mochte es überhaupt nicht Menschen etwas vorzumachen, aber was sollte sie so einem Menschen auch erwidern?

„Und du bist einer der freundlichen Wohnheimbewohner nehme ich mal an?"

„Schuldig... Ich gehöre wohl auch zu dieser Teufelsgilde." lachte sie leise.

„Ach ich höre nur das Beste über euch. Herr Ay ist wirklich zufrieden und glücklich euer Hausmeister sein zu dürfen."

Ella wusste zwar, dass Herr Ay und Necla Teyze sie sehr mochten, aber diese Worte ließen trotzdem ihr Herz erweichen.

„Ähm... Danke... Ja, ich wünsche dir dann noch einen schönen Arbeitstag und viel Erfolg beim Erreichen deiner Ziele. Ich will dann in meine Wohnung gehen." sagte sie zu ihm.

„Oh ja natürlich! Ich widme mich dann gewissenhaft wieder meiner Arbeit."

Sie drehte sich um und lief auf ihre Etage hoch.

Was für ein Kauz, dachte sie sich.

Später hörte sie laute Stimmen aus der Küche und als sie ihrer Neugier nachgab und nachschaute, was denn dort los war, erblickte sie ihre ganze weibliche Gilde um Lars versammelt, der, während er an der Dunsthaube schraubte, sich auch noch mit den Mädchen unterhielt. Was für ein talentierter junger Mann, dachte sich Ella.

Sie verstand nur nicht, was die Mädchen so interessant an ihn fanden, doch bemerkte schnell, dass sie sich eher einen Spaß mit ihm machten, als das sie ernsthaftes Interesse an ihm zeigten.

„Du bist ja ein richtiger Charmeur, Lars. Kommen diese Sprüche einfach von selbst oder überlegst du sie dir vorher." lachte Jenica auf.

„Manchmal habe ich Spaß daran, auch mal etwas vorher zu überlegen, aber meistens versuche ich spontan zu sein. Und die Sprüche kommen aus dem Moment heraus."

Ella schüttelte ihren Kopf über diesen Lars und diese Weiberbande.

Ella - der Genuss von Stolz und LiebeOnde histórias criam vida. Descubra agora