19 - Die Mensa und Darren

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Sie wusste nicht, warum gerade ihr das Glück zuteil wurde, aber Lars ließ sie die ganze kommende Woche über nicht aus den Augen oder fing sie immer wieder irgendwo ab und versuchte eine Unterhaltung mit ihr anzufangen.

Er besuchte sie sogar mehrmals in ihrem Zimmer und fragte ganz unschuldig, ob sie was bräuchte oder ob es etwas zu reparieren gäbe. Er wurde ihr immer unsympathischer und sie fühlte sich immer unwohler.

Deswegen flüchtete sie des öfteren zum Mittagessen in die Mensa, wie auch heute.

Sie hatte sich eben an der Kantine ihr Essen geholt und lief gerade mit ihrem Tablett in der Hand in der Mensa herum und suchte nach einem leeren Platz. Sie wollte in Ruhe ihr Buch weiter lesen. Sie war jetzt bei dem Ball in Netherfield. Und der Tanz zwischen Elisabeth und Mr. Darcy stand an.
Doch eine nervige Stimme von hinten erschreckte sie aus ihren schönen Vorfreude. Sie konnte es nicht fassen! Das konnte doch einfach nicht wahr sein! Sie seufzt schwer auf und ihre ganze Laune war dahin.

„Hey Ella, schön hier auf dich zu treffen! Was für ein Zufall!" sagte Lars und spielte seine unschuldige Rolle extrem gut. Sie rollt die Augen.

„Wie geht es dir?" 

„Ähm.. Bis gerade eben jetzt ging es mir gut..." gab sie ehrlich zu.

„Was machst du?"

„... Ich bin in der Mensa... Mit einem Tablett Essen in der Hand.. Ich glaube, ich wollte etwas essen."

„Ja, offensichtlich..." sagte er und lachte.

Sie drehte sich um, um ihm nicht zu zeigen, wie genervt sie gerade von ihm war und um wegzulaufen, aber da stieß sie gegen jemanden an. Und ein wunderschöner Geruch, der ihr sehr bekannt vorkam und wieder Erinnerungen von einem Spaziergang durch den Wald weckten, stieß ihr in die Nase. Seltsamerweise beruhigte sie dieser Geruch. Sie sah auf.
Darren.

„Hey, wo bleibst du?" fragte er sie direkt. Sie blinzelte überrascht über diese Frage auf.
„Wa..."

Lars ging ihr dazwischen.

„Oh, Entschuldigung... Ich wusste nicht, dass du verabredet bist..."

Darren warf ihm einen kalten Blick zu. Lars verzog sich im nächsten Moment. Der Blick sagte einfach alles.

„Vom Regen in die Taufe..." meinte Ella.

Er sah sie wieder an.

„Heißt das nicht danke?"

„Bestimmt nicht, wenn der Retter ein Antagonist ist."

Sie lief stur los und setzte sich etwas außerhalb der Menschenmasse an einen Fenstertisch. Er folgte ihr zu ihrem Entsetzen auch noch und saß sich zu ihr. Erst wollte sie ihn zur Strafe ignorieren. Aber nach einigen Minuten überlegte sie es sich anders.

„Bist du oft in der Mensa?" fragte sie ihn.

„In letzter Zeit schon."

Und sie schwiegen wieder. Nach einigen Minuten ergriff Ella wieder das Wort: „Jetzt musst du eine Frage stellen. Oder irgendetwas anmerken. Was immer du willst."

„Was immer du willst." sagte er und lächelte leicht. Sie war ein wenig überrascht über seine Antwort, versuchte es sich jedoch nicht anzumerken.

„Sehr schön. Das genügt vorerst. Jetzt können wir uns die nächsten Minuten wieder anschweigen."

„Du unterhältst dich also manchmal nach bestimmten Regeln?"

„Manchmal muss man eben ein wenig reden. Es wäre doch merkwürdig, wenn wir hier zu zweit an einem Tisch sitzen und keiner ein Wort von sich gibt. Und dann muss die Unterhaltung zum Vorteil gewisser Menschen nach einem einfachen Schema laufen. So müssen diese gewissen Menschen so wenig wie möglich sprechen." Sie meinte natürlich ihn.

„Sprichst du gerade nur für mich oder für uns beide?"

„Für uns beide." sie lächelte ihn süffisant an. „Ich hab schon immer eine große Ähnlichkeit zwischen uns beiden gesehen. Wir sind beide ungesellig, schweigsam, wir sprechen nicht gerne, es sei denn wir haben etwas zu sagen, was die Mensa hier aufhorchen lassen und in die Geschichtsbücher eingehen würde."

„Das entspricht eigentlich nicht deinem Charakter." entgegnete er unverändert. „Wie sehr es meinem Charakter entspricht, das kann ich nicht beurteilen. Du hältst es auf jeden Fall für mich."

„Dafür kenne ich dich noch zu wenig."

Darauf folgte wieder ein Schweigen, den er aber diesmal brach:

„Du und deine Freundinnen scheinen mit den unterschiedlichsten Menschentypen Freundschaften zu schließen."

„Ja, da liegt wohl unsere Stärke. Jeden noch so stillen und missmutigen Gesellen bei uns aufzunehmen. Sollten wir etwa wählerischer werden?"

„Vielleicht einfach ein wenig vorsichtiger." seine Stimme klang ein wenig verbittert. Seine Aufmerksamkeit wurde aber plötzlich von etwas anderem in Anspruch genommen. Ella folgte ihr. Er sah nach draußen und beobachtete wie Mae und Benji durch den Campus liefen. Er sah auf einmal unzufrieden aus und überlegte einige Momente in sich hinein. Bis die beiden wieder aus seinem Sichtfeld verschwanden.

„Entschuldigung... Worüber haben wir uns unterhalten?"

„Das eben könnte man bestimmt nicht als Unterhaltung bezeichnen. Ich glaube auch, es gibt kein anderes Pärchen in dieser Mensa, dass sich so wenig zu sagen hätte, wie wir beide. Wir haben ein paar unwichtige Themen angeschnitten und ich habe keine Ahnung, worüber wir noch alles reden können."

„Wie wäre es mit Büchern?" Er sah auf ihres auf dem Tablet und lächelte wieder ein wenig.

„Bücher? Oh nein, ich bin überzeugt, dass wir nicht denselben Büchergeschmack haben!"

„Vielleicht können wir über unseren unterschiedlichen Büchergeschmack diskutieren."

„Nein... Darüber in einer Mensa diskutieren? Nein. Wie wäre es mit deiner Aussage, dass du Menschen für immer aus deinem Leben streichen kannst. Ich nehme an, die Entscheidung dazu triffst du sehr vorsichtig?"

Er war überrascht über den Wandel dieser Unterhaltung.

„Ja." sagte er mit fester Stimme.

„Und du lässt dich nicht durch Vorurteile blenden?"

„Ich hoffe nicht."

„Das ist sehr wichtig nehme ich an, zumal man die Entscheidung nicht mehr rückgängig machen kann."

„Warum interessiert dich gerade das so sehr?"

„Ich überlege jemanden für immer abzustempeln." sagte sie ruhig.

„Und das versuchst du jetzt gerade zu entscheiden?"

„Ja."

„Gut, dann sollte ich dich lieber nicht dabei stören." sagte er, stand auf und verließ sie.

Ella - der Genuss von Stolz und LiebeWhere stories live. Discover now