33 - Schlaflose Nacht

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Ella bekam diese Nacht wieder kein Auge zu. Ihre Gedanken waren zu wirr, ihr Geist zu sehr aufgewühlt. Sie schlürfte nach einer Weile in die Küche und sah auf die Uhr. 4 Uhr morgens. Sie machte sich einen Tee und hoffte niemanden zu wecken. Danach stieg sie hoch zu ihrer kleinen Dachterrasse, die sie in letzter Zeit gar nicht mehr benutzten. Wahrscheinlich wegen Darren und Benji, die ja in der obersten Etage wohnten.

Mit der Tasse Tee in der Hand öffnete sie die Terrassentür und wollte sich auf eins der Stühle setzen, als sie plötzlich erschrak. Sie hätte fast den heißen Tee verschüttet, so sehr erschrak sie. Aber um diese Uhrzeit hatte sie nun wirklich niemanden erwartet. Vor allem nicht hier oben.

„Oh, entschuldige bitte... Es tut mir so Leid!" sagte eine süße Stimme.

„Oh mein Gott... Hast du mich erschrocken!" erwiderte Ella und hielt sich ihr Herz fest.

„Tut mir wirklich Leid... Ich hätte nicht gedacht, ich würde hier jemanden stören..."

„Schon gut. Schon gut." Ella lachte. „Nichts passiert, Sofie."

Sie lächelte verlegen zurück. Ella öffnete die Terrassenlampe und sie konnten sich nun sehen. „Komm setz dich." sagte Ella und saß sich selbst auf eins der freien Stühle.

Als es sich beide bequem machten entstand eine kurze Stille.

„Du kannst auch nicht schlafen?" unterbrach sie Ella dann.

„Nein... Ich glaube, es liegt am Vollmond." antwortete Sofie und beide sahen hoch zur leuchtenden Lampe oben zwischen all den kleinen Lichtern. Es war eine schöne sternklare Nacht.

„Ja... Könnte sein."

Wieder kam ein kurzes Schweigen auf. Der Wind blies durch die dunkle Nacht.

„Du scheinst dich sehr gut mit deinem Bruder zu verstehen." bemerkte Ella.

„Ja. Ich liebe ihn über alles. Er ist meine größte Stütze... Vor einigen Jahren ist nämlich unsere Mutter verstorben..."

„Das wusste ich nicht... Tut mir Leid..."

„Ist okay... Wenn ich ehrlich bin, war es vor 5 Jahren. Seit dem hänge ich nur noch stärker an ihm. Ich kenne keinen besseren Menschen als meinen Bruder."

„Ist er das...?"

„Ja, er ist mein absolutes Vorbild! Ich habe ihn noch nie wütend erlebt... Also ein bisschen schon, aber ich könnte ihn mir nie schreiend und fluchend vorstellen!" Ella lächelte sie an. Das schien Sofie bloß weiter anzuspornen.

„Es gibt sicherlich keinen besseren Bruder als er es ist! Er hat so ein großes und gutes Herz, hatte er schon immer. Und er ist der freundlichste und gutmütigste Mensch auf der Welt!" Ella sah sie überrascht an. Das waren ganz andere Töne. Was für einen Darren kannte dieses Mädchen?

„Wirklich?"

„Dazu muss ich sagen, mein Vater hat seine eigene Firma und wir sind recht wohlhabend... Und mein Bruder kümmert sich schon seit Jahren darum, wie viel und welchen Organisationen wir etwas spenden oder helfen können. Wir haben auch mehrere Patenkinder überall auf der Welt..."

„Wow... Das wusste ich nicht."

„Er gibt nicht gerne an. Dann halten ihn viele manchmal für eingebildet... Aber das ist er gar nicht. Ich diskutiere manchmal mit Benji, wer wohl von den beiden bescheidener ist. Er ist der festen Überzeugung, dass mein Bruder es ist, aber mein Bruder sagt immer, dass diese Aussage es beweisen würde, dass Benji ihm hoch hinaus überlegen sei..." sie lachte bei dieser Aussage. „Was hältst du von ihm, Ella?"

Sie musste kurz überlegen, was sie nun sagen sollte und entschied sich dafür:
„Ich glaube, er ist ein Charakter, den man sehr schnell falsch verstehen kann..."

Sofie schien einverstanden mit ihrer Antwort.

„Ja, das kann sein. Ich bin auf jeden Fall sehr stolz auf ihn."

„Das merkt man."

„Er könnte eigentlich jetzt schon die Firma übernehmen, weißt du. Papa würde es ihm sofort überlassen. Aber er wollte sich noch ein wenig weiter bilden. Zumal er sein ersten Studiengang nur für die Firma studiert hat. Geschichte und Philosophie macht er jetzt nur für sich. Und ich merke, wie es ihm Spaß macht. Meine Liebe zu Büchern habe ich nur von ihm! Er hat mir immer viel vorgelesen und mir meine ersten Bücher gekauft! Ich glaube, mein erster Roman war „Pala"..."

„Oh den kenne ich. Schönes Buch."

„Ja, ein wenig langatmig vielleicht manchmal, aber schön." Ella bemerkte, was für eine aufgewecktes Mädchen neben ihr saß. Sie vertrat ihre eigene Meinung und konnte selbstständig entscheiden, was ihr gefiel und was sie ablehnte. Sie war wirklich intelligent. Sie las wahrscheinlich wirklich viel. So viel Aufgeschlossenheit und Bildung konnte nur die richtige Menge und Qualität an Büchern hervorgerufen haben.

Ella lauschte ihren Lobeshymnen über ihren Bruder noch ein wenig weiter und in ihrem Kopf entstand so langsam ein ganz neues Bild von Darren. Ein ganz anderes Bild. Ein Bild das diesmal nicht von ihren Vorurteilen und ihrer eigenen Eitelkeit geschwärzt wurde. Nach einer Weile merkte sie jedoch, wie müde Sofie wurde und sie griff als erwachsenere von beiden ein und schickte sie wieder zu Bett. Darauf folgte sie auch ihrem eigenem Rat und ging endlich schlafen.

Ella - der Genuss von Stolz und LiebeTahanan ng mga kuwento. Tumuklas ngayon