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Kapitel 1

Niedergeschlagen lasse ich eine E.A.T.E.R.- Tablette in mein Glas Wasser einfallen. Das ist jetzt schon das dritte mal in dieser Woche, dass ich morgens Kopfschmerzen habe, demzufolge auch die dritte Kopfschmerztablette. Es ist wirklich deprimierend.

,,Fee, du weißt, du sollst nicht so viele Tabletten schlucken, das ist nicht gut für dich", ertönt die bereits erwartete Beschwerde Vincents, der gegenüber von mir am Frühstückstisch des Waisenhauses sitzt. Er begutachtet mich tadelnd mit seinen türkisfarbenen Augen, während er auf eine Antwort wartet.

,,Ach komm Vinc, das ist gerade einmal die dritte. Aller guten Dinge sind doch drei, nicht?", entgegne ich ich ihm jedoch mit meinem Leichtsinn, lächle und nehme das Glas in die Hand. E.A.T.E.R.-Tabletten sind wirklich meine Rettung. Eigentlich sind sie jedermanns Rettung, der Kopfschmerzen hat, denn ihre Tabletten sind und bleiben die Besten. Der große Vorteil ist, dass ihre Fabrik hier irgendwo in der Nähe von Baden-Baden, der Stadt in der ich wohne, ist. Unser Waisenhaus bekommt ihre Medikamente also gespendet.

,,Ist schließlich dein Körper, den du zerstörst. Irgendwann werden die Tabletten nicht mehr wirken", seufzt Vincent darauf ergeben,denn wir haben schon zu oft über dieses Thema diskutiert. Es wird langsam lästig. Ich lächle Vincent daraufhin an und trinke das Glas mit dem wie Vincent sagt ''tödlichen Zeugs'' in einem Zug aus.

,,Na, Vinc, wie lief es gestern überhaupt bei, warte, mit wem hast du dich noch einmal getroffen?", frage ich ihn schließlich, um vom Thema abzulenken, denn Vincent beschwert sich täglich über meine Trinkangewohnheiten. Ob nun wegen des Alkoholkonsums, den Tabletten oder weil ich zu wenig Wasser trinke. Dabei bin ich schon ganze siebzehn Jahre alt, in einem Jahr also hier raus, ich sollte also eigentlich schon für mich alleine sorgen können.

,,Ich habe mich gestern mit niemandem getroffen", behauptet Vincent daraufhin verwirrt und fährt sich durch seine erdbeerblonden Haare, die früher einmal lockig waren. Irgendwie wurden sie jedoch je älter Vincent wurde, immer glatter. Eigentlich schade. Ich mochte seine Locken.

,,Warte, du hast dich doch mit diesem Mädchen, das in der Innenstadt wohnt, getroffen, oder?", wundere ich mich und beiße mir die Stirn runzelnd in ein Stück meines Apfels hinein. Ich bin mir um ehrlich zu sein nicht mehr so sicher, ob er sich getroffen hat, es war leider aber das erste Thema, was mir eingefallen ist.

,,Das war vorgestern", berichtigt mich Vincent. Luisa und ich waren nur ein bisschen in der Stadt. Sie ist eigentlich ganz nett, aber ich glaube, sie kommt nicht ganz damit klar, dass ich im Waisenhaus wohne. Sie denkt, hier wären alle assozial. Du weißt ja, was ich meine."

,,Hm, schade. Oh, guck mal, Vivien kommt, sie weiß bestimmt einen Rat für dich", bemerke ich daraufhin ironisch grinsend und deute auf Vivien, die geradewegs auf unseren Platz in der Ecke des Raumes, zusteuert. Im Essensraum stehen zwei große Tische, die sich über den ganzen Raum hinweg in die Länge ziehen. Auf beiden Seiten jedes Tisches sind Bänke, die wohlbemerkt unbequemer sind, als ich mir Betten aus Nägeln vorstelle. Zwar habe ich noch nie so eins gesehen, aber das ist nicht so schlimm. Die Bänke sind trotzdem unbequem.

,,Um ehrlich zu sein ist mein Interesse an diesem Rat nicht besonders hoch", seufzt Vincent im gleichen Ton wie ich, während er ebenfalls grinst. Dann wird sein Gesichtsausdruck aber wieder ernst. ,,Ich würde lieber das Thema wechseln. Und da hätte ich eine ziemlich gute Idee, Fee. Also...willst du mir wirklich erzählen, dass das dein Frühstück ist?" Er zeigt tadelnd auf meinen Teller, auf dem sich ein Apfel und ein Erdbeerjoghurt befinden.

Ich lächle ihn unschuldig an, während ich mir ein weiteres Stück Apfel nehme. ,,Du weißt, dass ich morgens nichts essen kann, das hole ich später doch noch nach. "

E.A.T.E.R. - Die FassadeWhere stories live. Discover now