XV.

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Kapitel 15

,,Okay, da du mich heute so besonders beim Training gefoltert hast, bin ich jetzt dran", meine ich, während ich mich auf die Couch fallen lasse und nach der Fernbedienung greife.

Edward, der neben mir mit seinem Laptop auf dem Schoß sitzt, sieht zu mir und zieht seine Augenbrauen hoch. Da er nicht zu verstehen scheint, was ich meine, erkläre ich ihm: ,,Wir gucken einen Teeniefilm, was sonst?"

,,Vergiss es!", ruft Edward sofort aus, woraufhin ich beginne, leicht zu lachen. ,,Ich hasse Teeniefilme!"

,,Doch, genau das tun wir. Du trainierst mich vielleicht zu Agentin, ich bringe dir etwas Menschlichkeit im Gegenzug bei."

,,Und wie kommst du jetzt so plötzlich auf diese Idee?", möchte Edward von mir wissen, während ich die Fernbedienung betätige und bei Netflix nach meinem vorgesehen Film suche.

,,Oh, die habe ich schon seit Langem, du hast aber nie mitgemacht. Aber es ist echt anstrengend, die ganze Zeit mit so einer verklemmten Person unter einem Dach zu leben, also werde ich dafür sorgen, dass du etwas mehr Sozialkompetenz besitzt."

,,Und was hast du so vor, mich zum Gucken zu zwingen?"

Zufrieden klicke ich den Film an, sage anschließend: ,,Clueless. Der so ziemlich wichtigste Teeniefilm überhaupt. Der ist schon fast historisch. Außerdem war die Mode in den Neunzigern ausgesprochen stilvoll."

,,Also dein Geschichtslehrer möchte ich nicht sein!", bemerkt Edward während ich den Film starte, legt anschließend seien Computer weg.

,,Du hast ja auch keine Ahnung von Geschichte!", behaupte ich und lege die Fernbedienung weg, was ich doch lieber hätte nicht machen sollen. Denn Edward, der natürlich nicht mit einer solchen Aussage leben kann, greift sich die Fernbedienung und stoppt den Film, bevor er überhaupt begonnen hat.

Herausfordernd sieht er ich an und fragt: ,,Ach ja? Dann sag mir mal, wann Luther die 95 Thesen an die Tür der Wittenberger Kirche geschlagen hat!"

,,Luther, natürlich", stottere ich, versuche mich irgendwie an dieses Thema zu erinnern, doch es ist hoffnungslos. ,,Ach komm Edward, das hatten wir vor Jahren, frag mal bitte etwas das wir nicht in der fünften Klasse hatten!"

,,Es war 1517 und in der fünften Klasse behandelt man dieses Thema mit Sicherheit nicht, sondern die Steinzeit und so. Gut, was waren die Ziele des Wiener Kongresses?"

,,Achja, 1517, wusste ich doch. Und die Ziele des Wiener Kongresses...naja, die Fürsten waren egoistische Arschlöcher, die all die Mach für sich wollten." Ob das nun die konkreten Ziele waren ist mal dahin gestellt, aber immerhin konnte ich antworten.

,,Naja, deren Ziele waren schon Macht, aber in einer Geschichtsprüfung würde das nicht als Antwort gelten. Schon mal was von Restauration gehört?"

,,Jaja, ich weiß schon, die wollten alles wieder wie vor der Französischen Revolution, jetzt gib mir die Fernbedienung!", meine ich ungeduldig, versuche, Edward die Fernbedienung zu entnehmen.

Dieser jedoch stellt sich nicht wie ein normaler Typ einfach hin und lässt mich mit meiner Größe nach der Fernbedienung hüpfen, er versucht nicht einmal, sie für sich zu behalten. Nein, Edward hat wirklich nicht alle Tassen im Schrank, er drückt einfach auf 'play' und legt die Fernbedienung zurück auf den Couchtisch.

Wie ich es bereits erwartet hatte ist Clueless nicht ganz Edwards Filmgeschmack entsprechend. Aus diesem Grund beschwert er sich so einige Male über die angeblich fehlende Logik, was meiner Meinung vollkommen übertrieben ist. Nur weil Edward keinerlei Fantasie hat und nicht daran glaubt, dass Cher und Josh ihr Happy End haben werden, heißt das doch nicht gleich, dass der gesamte Film unrealistisch wäre.

E.A.T.E.R. - Die FassadeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt