Kap. 12 23:56h | Schlafzimmer | Samstagvormittag

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Maria lässt sich gegen die Tür sinken und die Tränen beginnen automatisch zu laufen. Sie kickt ihre High Heels von den Füßen, lässt ihre Handtasche fallen und schleppt sich ins Bad. Schwarze Tränenspuren ziehen sich über ihre Wangen.

Verdammter Scheiß-Kerl.

Ihre Augen sind gerötet und ihre Wangen brennen vor Wut. Sie schält sich aus ihrem Kleid und fängt an, ihr Make-Up zu entfernen. In der Wohnung brennt kein Licht. Sie will nicht gesehen werden. Als sie aus dem Bad kommt, vibriert ihr Handy. Irritiert sucht sie im Dunkeln danach und fischt es aus ihrer Handtasche, die immer noch im Flur liegt.

DAVE steht auf dem Display.

Seit wann habe ich seine Nummer?

Sie starrt auf das blinkende Display, geht aber nicht ran und der Anruf landet auf ihrer Mailbox. Sofort klingelt es wieder, doch diesmal drück sie den Anruf weg. 3 weitere Anrufe später packt sie das Handy wieder in die Tasche und schleicht ins Schlafzimmer. Wütend schleudert sie das Buch von ihrem Nachtisch quer durchs Zimmer. Ihre Gedanken schlagen immer wieder die gleiche Schleife:

Warum behandelt der mich so? Was ist mit dem Typen los? Warum falle ich auf so eine billige Masche rein? Gott, bin ich so armselig.

Aber er ist doch so unglaublich sexy.

Reiß' Dich zusammen. Er hat ein neues Spielzeug gesucht. Naja, gespielt hat er ja noch nicht mit mir, aber er will es offenbar auch nicht.

Oder doch?

Zur Hölle mit den Kerlen; sind  eh alles Arschlöcher.

Unter der Decke verkrochen schläft sie erschöpft ein.

Sie wacht spät am nächsten Tag auf und ihr Hals ist ganz trocken. Müde wankt sie zum Kühlschrank und trinkt einen großen Schluck Wasser. Die Sonne scheint ins Zimmer und sie überlegt, ob sie ihren Frust beim joggen im Park oder lieber bei der Tae-Bo Runde im Fitnessstudio abbauen soll. Nachdem sie im Bad angekommen ist die Müdigkeit aus dem Gesicht gewaschen und das warme Wasser der Dusche die trüben Gedanken vertreiben, fällt ihr ihr Handy ein. Rasch trocknet sie sich ab und sucht in ihrer Handtasche danach.

50 Anrufe in Abwesenheit – Anrufer DAVE.

Ihre Mailbox hat 20 neue Nachrichten empfangen. Unschlüssig, ob sie sie abhören soll starrt sie auf das Display und schon hat ihr Finger den Button für die Mailbox gedrückt. Piep: „Maria, geh an Dein Telefon. Wir müssen reden!" Piep: „Verdammt, geh ran. Ich weiß, dass Du da bist." Piep: „Hör zu, es war nicht so geplant. Ich..., ach Shit, warum nimmst Du nicht ab!" Piep: „Herr Gott ich weiß, dass Du sauer bist. Aber wir müssen darüber reden." Piep: „Maria, es war scheiße, wie der Abend gelaufen ist. Ich möchte mit Dir sprechen." Die Nachrichten werden immer flehender. Wieder flammt die Wut über ihn auf. Sie lässt ihr Handy auf dem Küchentisch liegen und zieht ihre Sportsachen an.

Tae-Bo ist eindeutig die bessere Variante!

Mit ihrer Sporttasche bepackt verlässt sie ihre Wohnung. Als sie den Weg zur U-Bahn einschlagen will, tritt Dave aus einem Hauseingang vor sie. „Hey.", flüstert er heiser. Sie giftet ihn an: „Verpiss' Dich und lass mich endlich in Ruhe." Sie versucht sich an ihm vorbei zu drängeln, doch er hält sie fest. „Wenn Du mich nicht sofort los lässt, schreie ich die ganz Straße zusammen.", faucht sie ihn an. Er hat dunkle Schatten unter seinen schönen bernsteinfarbenen Augen.

Geschieht ihm recht.

Hat er etwas hier campiert?

„Wir sollten reden.", sagt er leise. Maria zieht eine Augenbraue hoch. „Was soll es denn zu reden geben. Du hast Deine alte Flamme getroffen, ich bin nur schmückendes Beiwerk und Du willst eigentlich nichts von mir.", fährt sie ihn an. Seine Augen verengen sich und werden dunkel. Ein sicheres Zeichen für einen Wutausbruch. „Was erzählst Du da für einen Bullshit. Veronica ist nur... ei..." „... eine Trophäe? Gut zu wissen.", schreit Maria ihn an. „Ja, das war sie. Doch das ist lange her.", knurrt er. „Ach ja, das klang gestern aber nicht wirklich so. Sie wollte sich doch bei Dir 'bedanken'. Wahrscheinlich fürs Brötchenholen.", giftet sie ihn an.

Seine Kiefermuskeln sind angespannt und er starrt sie an. „Maria, ich wusste nicht, dass sie da sein wird, ok. Die Leute, also Veronica, sie sind anders. Die suchen nur schnelle Abenteuer, wollen Party machen und trinken." „Toll, dann kannst du ja gleich wieder zu IHR laufen und es Dir so richtig besorgen lassen, wenn Du es so nötig hast.", zischt Maria ihn an. Ein Anflug eines Lächelns stiehlt sich auf sein Gesicht. „Ja, ich hab es nötig. Sehr sogar. Aber ich werde darauf warten, es mir von DIR besorgen zu lassen.", grinst er sie frech an.

Der hat doch nicht alle Latten am Zaun!

Mit offenem Mund starrt sie Dave an. „Was soll das denn jetzt heißen? Du fasst mich ja noch nicht mal an und rennst ständig weg." Ihr Blick ist wild und am liebsten würde sie ihn erwürgen. Er tritt einen Schritt näher an sie heran, doch sie weicht zurück. „Maria, bitte." Seine Stimme ist rau und er schluckt hörbar. „Lass' es. Ich hab keinen Bock auf die Diskussion und ich bin schon spät dran.", fährt sie ihn an. „Wo willst Du denn hin?", fragt er. "Zum Sport!", schnappt sie. „Ich kann Dich fahren." Er sieht ihr direkt in die Augen. Sie wendet den Blick von seinen intensiv leuchtenden goldenen Augen ab.

Reiß' Dich zusammen. Reiß' Dich zusammen. Reiß' Dich zusammen.

„Nein, ich fahre mit der Bahn ins Studio." Ihre Stimme ist längst nicht so sicher wie sie es sich gewünscht hat. „Das ist doch Blödsinn. Wir sind viel schneller mit dem Wagen.", wirft er ein. „Steig ein.", befiehlt er und hat schon die Wagentür geöffnet. Maria starrt ihn wütend an, unschlüssig, ob sie das Angebot annehmen oder ihn vors Schienbein treten soll. „Komm' schon. Es ist kalt hier draußen.", bemerkt er. Erst jetzt registriert sie, dass er dieselben Sachen wie gestern Abend anhat.

Hat er etwa tatsächlich hier die Nacht verbracht?

Er blickt sie immer noch an. Zögernd steigt sie schließlich ein und schmeißt ihre Tasche auf den Rücksitz. Dave steigt ein und fährt los. „Wo soll's hingehen?", fragt er. „Clay's Studio in der Antonstraße.", sagt sie. „Echt, da trainierst Du? Gutes Studio für Kick-Boxen.", bemerkt er anerkennend. „Ja, ich habe seit einem halben Jahr angefangen. Sie haben auch einen Kurs für Tae-Bo.", antwortet sie. Dave sieht verstohlen zu ihr rüber. Sie schaut demonstrativ aus dem Fenster, ihre Hände sind in einander verschränkt und ihre Fingerknöchel treten weiß hervor. Ihr schöner Mund ist verzogen.

Gott, sie ist echt richtig sauer!

„Maria, es tut mir leid. Ich fand den Abend wunderschön mit Dir.", gesteht er verlegen. „Es war,... ich hab so noch kein Mädchen gedatet.", gibt er zu. Sie wirft ihm einen bitterbösen Blick zu. „Ach ja, Du kannst ja nur mit blonden Tussis in knappen Röcken was anfangen.", giftet sie ihn an und dreht sich wieder zum Fenster. Er seufzt und versucht es erneut: „Ich wusste wirklich nicht, das der Abend so laufen würde. Ich hab Veronica seit 2 Monaten nicht mehr gesehen." „Na, sie hat auf alle Fälle Sehnsucht nach Dir gehabt.", blafft Maria ihn an. „Ich habe Sehnsucht nach DIR.", sagt er leise. Augenblicklich fährt sie zu ihm herum und grüne Smaragde blitzen ihn an. „Ha, guter Scherz." Ihre Augen haben sich verengt und ihr Mund ist nur noch eine harte Linie. Schweigend fahren sie weiter.

Als er den Wagen vor dem Sportstudio parkt, will sie sofort aussteigen, doch er hält ihr Handgelenk fest. Seine Hand ist warm und fest und fühlt sich erschreckender Weise viel zu gut an. Sie räuspert sich und will sich losmachen. „Ich warte hier auf Dich.", sagt er und sieht sie durchdringend an.

Jetzt flippt er aber echt aus.

„Echt, lass' es doch." Genervt verdreht sie die Augen, doch sein Griff um ihr Handgelenk lockert sich nicht. „Ich warte auf Dich und dann gehen wir frühstücken.", sagt er bestimmt. „Ja, klar.", bemerkt sie schnippisch. Er lässt sie los und grinst sie an. Sie nimmt ihre Tasche und verlässt grollend das Auto.

Volltrottel!


Glory MorningsWhere stories live. Discover now