Gefahr

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Alleine mit ihren Worten hatte sie ihm eine Wunde zugefügt, die schmerzhafter war, als jede Verletzung, die sein Körper je verspürt hatte. Eine so unendliche Schuld nagte an ihm, dass er keinen klaren Gedanken mehr fassen konnte. Schmerzhafte Fragen und Erinnerungen häuften sich im Bruchteil einer Sekunde. Sein Schädel schien zu explodieren, genau wie seine Brust. Wieder blinzelte er ein paarmal, als wollte er seine Gedanken abschütteln. Konzentriere dich auf den Ort, den du finden möchtest, ermahnte Sasuke sich. Eine bittersüße Sehnsucht traf ihn wie ein Schlag in den Magen und verscheuchte vorübergehend die Schatten, die in ihm lauerten.

Diese Bilder, von jenem Ort, den er gesehen hatte, fühlte sich an wie eine Vorahnung. Eine Warnung vor dem, was kommen würde, und er konnte dieses Gefühl nicht abstreifen, nicht einmal, wenn er es mühsam versuchte. Er unterdrückte ein Schaudern. Der Ort, zu dem es ihm zog hatte eine geheimnisvolle Aura. Wie passend, war Sasuke genau aus diesem Grund unterwegs zu diesem Ort, um Geheimnisse zu lüften. Nebelschwaden und ein trister Himmel begrüßten ihn im Freien. Keine Spur von Sonnenstrahlen. Nun stiefelte er durch dicken Schlamm und lief auf den Wald zu. Die Luft war kalt und der Wind fegte ihm durchs Haar. Einige dunkle Strähnen fielen ihm ins Gesicht, um auf und ab zu tanzen. Die vollkommene Stille, die Einsamkeit machte ihm nichts aus. Etwas zog ihn förmlich an, denn er ging immer weiter und weiter in die Tiefen des Waldes, der sich vor ihm erstreckte. Er duckte sich, um an chaotisch verwachsenen Ästen vorbeizukommen. Kleine Waldtiere huschten blitzschnell an ihm vorbei, denen er keine weitere Beachtung schenkte. Etwas blitzte in den Schatten auf. Ein Licht. Sasuke blinzelte. Es war eindeutig jenes Licht aus seiner Vorahnung. Wie hypnotisiert näherte er sich dem, was vor ihm lag. Langsam bewegte er sich aus dem Dickicht heraus auf eine Lichtung zu.

Doch bevor er diesen Punkt erreichen konnte, wurde seine Welt erneut erschüttert. Es war sie.

,,Sasuke", flüsterte sie seinen Namen, was bei ihm ein seltsames Gefühl auslöste.

,,Ich hätte nicht gedacht, dich so bald wiederzusehen."

Viel zu lange starrten sie einander nur in die Augen. Erneut stieg diese Spannung zwischen ihnen ins unermessliche. Die Luft um sie schien in Flammen zu stehen. Etwas lag Sasuke auf der Zunge, was er sicher nicht aussprechen sollte, doch aus einem unerfindlichen Grund tat er es.

,,Bitte."

Es war ein so banales Wort, doch wog es aus seinem Mund tonnenschwer. Er hielt ihr eine Hand hin, wobei er ihr fest in die Augen sah.

,,Komm zu mir zurück, und bleib bei mir. Für immer."

Wieder einmal hatte sein Herz vor seinem Verstand gesprochen.

Abrupt erstarrte Sakura, ihr Blick wie gebannt auf seine Hand gerichtet. Ihr fiel das Atmen schwer, denn sie hatte einen Kloß im Hals, der immer größer wurde. Er tat es schon wieder. Sie wollte bei ihm sein. Dringend. Aber sie ... sie brauchte Abstand, und sie brauchte ... Sie wusste nicht, was sie brauchte. Aber im Moment war es nicht er.

,,Ich kann nicht", sagte sie, wobei sie nun seinen eindringlichen Blick mied. Schuldgefühle krochen in ihr hoch, bitter wie Galle.

,,Du weißt, dass später zu spät sein könnte."

Es folgte eine lange Pause. Langsam begann Sakuras Gestalt zu verblassen, doch er hörte noch deutlich ihre Worte, die der Wind an ihn herantrug. Ich weiß.

Erneut stand er alleine im Dickicht. Der Schmerz über ihre neuerliche Zurückweisung traf ihn härter, als er gedacht hatte. Tief in seinem Inneren wusste er, dass sie nur mit ihm zusammen sein würde, wenn er sich gegen seine Rache entschied und langsam nahm dieser Wunsch tatsächlich überhand. Seine Zuneigung für Sakura gewann an Intensität. Die Rache verlor an Reiz. Nun fühlte er sich zunehmend unbehaglicher in seiner eigenen Haut. Leise Zweifel über seine getroffenen Entscheidungen keimten tief in ihm. Es schmerzte. Er war mehr als wütend. Dieses Chaos war ganz und gar nicht nach seiner Vorstellung. Sonst wusste er immer ganz genau, was zu tun war. Nun war er völlig planlos, was Sakura betraf, sein eigenes Leben und ihr gemeinsames Schicksal. Endlich fokussierte er sich wieder auf diesen Lichtpunkt, um unaufhaltsam darauf zuzugehen. Diesmal würde ihn nichts aufhalten!

In deinem Bann/SasuSaku Story Part Eins Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt