Kapitel 4

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Ich laufe die Treppe herunter und stehe vor der Haustür.  Ich hole noch einmal tief Luft und trete schließlich nach draußen. Daryl steht direkt vor mir und sein Blick mustert mich von oben bis unten. Schließlich beugt er sich zu mir herunter, gibt mir einen Kuss auf die Wange und flüstert "Du siehst toll aus, Prinzessin", woraufhin mir die Röte ins Gesicht schießt. Ich begrüße ihn ebenfalls und verschließe die Haustür. "Gut Daryl, du wolltest mit mir reden". "Aber nicht hier. Komm, wir fahren ein Stück." Er streckt mir die Hand entgegen und widerwillig ergreife ich sie.  Ich blicke mich suchend nach seinem Auto um, was er zu bemerken scheint. Er grinst und betätigt den Knopf seines Autoschlüssels, woraufhin sich einige Meter vor uns Daryls Sportwagen bemerkbar macht. Ich begebe mich zur Beifahrerseite, aber er ist schneller und öffnet mir galant die Wagentür. Ich bedanke mich bei ihm und lasse mich in den tiefen Sitz fallen. Als Daryl neben mir Platz nimmt, sieht er mich einige Sekunden lang an ohne ein Wort zu sagen.  Ein seltsamer Ausdruck huscht über sein markantes Gesicht, aber noch bevor ich weiter darüber nachgrübeln kann was es zu bedeuten hat, startet er den Motor. Der Wagen heult auf und Daryl lenkt ihn souverän durch die engen Straßen meines Wohnviertels. Wir schweigen ein paar Minuten bis ich es nicht mehr aushalte und mein Gesicht zu ihm drehe. "Daryl, du solltest mir sagen worüber du mit mir reden willst!" Er seufzt laut auf, richtet seinen Blick aber weiterhin geradeaus auf die Straße. "Wir fahren zu mir, Sofie. Ich kann mich nicht aufs Fahren und auf dich konzentrieren" entgegnet er mir, woraufhin ich nicke. Er hat Recht, man sollte ein Gespräch nicht in einem fahrenden Auto führen, auch wenn ich keine Ahnung habe worüber er genau mit mir sprechen möchte. Den Rest der Fahrt verbringen wir schweigend und als wir 10 Minuten später vor seiner Villa ankommen, kann ich es kaum erwarten der unangenehmen Stille seines Wagens zu entkommen. Dieses Mal lasse ich ihm nicht die Zeit mir die Türe zu öffnen, sondern verlasse bereits den Wagen, noch bevor Daryl seinen Gurt lösen kann. Ich bewege mich zielstrebig auf die große Eingangstür zu, als ich spüre wie Daryl meinen Arm umfasst. "Prinzessin, es wäre wirklich toll, wenn du aufhören könntest, vor mir davonzulaufen!" sagt er zwischen zusammengebissenen Zähnen, lässt mich im selben Augenblick los und öffnet die Türe zu seiner imposanten Villa. Ich folge ihm und bin erstaunt, wie friedlich dieser Ort wirken kann. Sanfte Musik erklingt aus dem Wohnzimmer und erneut bin ich überrascht, eine neue Seite an Daryl zu entdecken. Klassische Musik, das hätte ich nicht von ihm erwartet. Ich sage jedoch nichts und folge ihm in seine riesige Küche. "Möchtest du etwas trinken? Wein, Whiskey oder etwas anderes?" Ich entscheide mich für einen Rotwein, nehme dankend das Glas entgegen und folge Daryl, der sich ein großes Glas Whiskey eingeschenkt hat, ins Wohnzimmer. Er bittet mich, auf dem Sofa Platz zu nehmen.  Ich komme seiner Bitte nach und schaue ihn ernst an. "Daryl..." Er unterbricht mich, fährt sich mit der Hand durch seine Haare und sagt schließlich "Wieso habe ich das Gefühl, dass du nicht ehrlich bist, Sofie?" Ich muss aussehen wie ein einziges Fragezeichen, aber ich verstehe nicht, was er meint und so sagt er schließlich "Es stört dich, mich mit Lisa zu sehen." Es ist keine Frage, er formuliert es wie eine Tatsache. Überrascht von dieser Dreistigkeit stoße ich ein verbittertes Lachen aus. "Du glaubst auch, dass alle Frauen verrückt nach dir sind, oder Daryl?" Er sieht mich ohne die Spur eines Lächelns an und erwidert dann "Ich weiß nicht, wieso du so über mich denkst. Ich glaube nicht, dass ich dich jemals schlecht behandelt habe!". Ich schlucke. Er hat Recht. Ich gebe ihm häufig die Schuld für Dinge und das, obwohl er mir immer gezeigt hat, dass ich ihm etwas bedeute. Über den Moment, als er sich für Matt ausgegebenen hat, haben wir lange geredet und damals beschlossen, die Sache zu vergessen. Und doch fühle ich mich merkwürdig in seiner Gegenwart. Ich kann nicht leugnen, dass er etwas in mir auslöst. Ich wende meinen Blick von ihm ab und sagte schließlich "Es gefällt mir nicht." Er sieht mich fragend an, aber statt weiterzureden, nehme ich einen großen Schluck Wein. Für einen kleinen Moment stelle ich mir wieder die Frage, wieso ich überhaupt hier bin. Ich spiele mit dem Feuer, ich trinke mit dem Bruder meines Freundes Wein bei ihm zuhause. Erst jetzt merke ich, wie nahe wir uns eigentlich sind. Ich müsste nur die Hand ausstrecken und könnte ihn berühren. Als würde er meine Gedanken lesen können, rückt Daryl ein Stück von mir ab und richtet seinen Blick in Leere. Er nimmt einen großen Schluck von seinem Whiskey und sagt dann, von mir abgewandt "Es kann sein, dass ich für ein paar Tage aus der Stadt muss." Oh. Das kam überraschend. "Wieso, was ist los Daryl?" Er seufzt und sieht mir wieder direkt in die Augen. "Es reicht, wenn du weißt, dass Matt nichts damit zu tun hat. Er ist nicht in Gefahr!" Ich schlucke. "Und was ist mir dir? Bist du in Gefahr?" Er lacht zynisch und sagt dann "Ich komme klar, Prinzessin. Um mich musst du dir keine Gedanken machen." Ich merke, wie mich ein Gefühl der Angst beschleicht. "Daryl. Ich mache mir auch Sorgen um dich". Ein leichtes Lächeln zeichnet sich auf seinem Gesicht ab und er schüttelt mit dem Kopf. Ein Schauer durchfährt mich und ich bekomme Gänsehaut. "Ist dir kalt?" Ich nicke und Daryl steht auf und verlässt den Raum, nur um kurz darauf mit einem Pullover zurückzukommen. Er reicht ihn mir und als ich danach greife, berühren sich unsere Finger für einen kleinen Moment. Mein Herz beginnt so laut zu schlagen, dass ich befürchte er könnte es hören. "Wirst du mir erzählen, was passiert ist?" Er seufzt und sagt "Es ist gerade etwas stressig, meine Leute meinen, es wäre besser wenn ich für einige Zeit aus der Stadt verschwinde". Ich ziehe eine Augenbraue nach oben "Einige Zeit? Das ist nicht sehr präzise! Was ist passiert, Daryl?" "Es ist besser, wenn du es nicht weißt. Matt ebenfalls nicht. Ich kann nicht sagen, für wie lange ich fortbleiben muss." Ich schaue zu Boden. "Wolltest du darüber mit mir sprechen? Mir sagen, dass du fortgehst? Damit ich es Matt und Lisa sagen kann?" Ich kann meine Verbitterung kaum verbergen. Das ist nicht fair, wie kommt er dazu, diese Aufgabe an mich abzutreten? "Matt würde mich nicht gehen lassen, Sofie. Er würde versuchen, eine Lösung zu finden." "Eine Lösung für was? Vielleicht solltest du mir sagen wo überhaupt das Problem liegt?" Er seufzt laut und sagt "Je weniger du weißt, desto besser ist es. Ich will nur, dass Matt weiß, dass alles okay ist." Ich lache böse "Klar, er wird es natürlich überhaupt nicht merkwürdig finden, dass ich Bescheid wusste, er aber nicht". Daryl presst die Lippen zusammen. "Vielleicht fahre ich dich jetzt besser heim." "Wann wirst du verschwinden, Daryl?" Er weicht meinem Blick aus, aber ich ziehe an seinem Arm und zwinge ihn so, mich anzusehen. "Morgen Abend". Ich nicke und stehe auf. "Du hast Recht. Du solltest mich jetzt besser nach Hause bringen". Daryl erhebt sich ebenfalls und ohne ein weiteres Wort zu sagen, verlassen wir sein Haus und laufen auf sein Auto zu. Während der Autofahrt überlege ich ein paar Mal, etwas zu sagen, letzten Endes fehlt mir aber der Mut und ich schweige lieber.  Als wir in meiner Straße ankommen, parkt Daryl seinen Wagen wenige Meter vor meiner Wohnungstür und schaltet den Motor aus. Dann dreht er sich zu mir um und sieht mich ernst an. "Sofie. Es tut mir leid. Ich wollte dich da nicht mit reinziehen. Ich überlege mir etwas wegen Matt, du musst ihm gar nichts sagen. Lisa auch nicht." Ich sehe ihn an, sehe in seine haselnussbraunen, tieftraurig dreinblickenden Augen und eine Welle der Zuneigung überkommt mich. Ich habe Angst. Ich habe Angst um ihn, was, wenn er nicht zurückkommt? Ich seufze und öffne die Wagentür. Ich gehe zur Haustür und höre, wie sich hinter mir eine Autotür öffnet. Daryl ist ebenfalls ausgestiegen. Als ich bei meiner Wohnung angelangt bin, drehe ich mich um und bin erstaunt, dass Daryl noch immer bei seinem Auto steht und mich ansieht. "Ich habe noch deinen Pullover" rufe ich ihm zu. Ich bin mir nicht sicher ob ich es richtig erkenne, aber ich meine ein Lächeln auf seinem Gesicht zu erkennen. "Behalt ihn, Prinzessin. Er steht dir gut." Ich lächle, drehe mich wieder zur Tür und wühle in meiner Handtasche nach meinem Schlüssel. Als ich ihn schließlich finde, drehe ich mich noch einmal um. Daryl steht noch immer gegen sein Auto gelehnt da und starrt mich an. Wieder überkommt mich das mulmige Gefühl, die Angst ihn nicht wiederzusehen. Ich kann meinen Blick nicht von ihm lösen und ich will es auch nicht. Nicht heute. Ich lasse den Schlüssel zurück in meine Handtasche gleiten und laufe zurück zu Daryl. Ich sehe die Verwunderung in seinem Blick, kurz bevor ich mich in seine Arme werfe. Ich spüre wie mir die Tränen kommen und schaffe es nicht, sie zurückzuhalten. Er umschließt mich mit seinen Armen und streichelt meinen Rücken. "Hey Prinzessin, alles wird gut" murmelt er, aber ich kann nicht aufhören zu weinen. Nach einer gefühlten Ewigkeit löse ich mich aus unserer Umarmung, und wische mir wenig damenhaft die Tränen mit dem Handrücken aus dem Gesicht. Ein zartes Lächeln zeichnet sich auf seinem Gesicht ab und er sieht mir tief in die Augen. "Versprich mir, dass dir nichts geschehen wird, Daryl! Du musst es mir versprechen." Er nimmt mein Gesicht in seine Hände und sagt mit sanfter Stimme "Mir passiert nichts. Du wirst schon sehen, bald gehe ich dir wieder auf die Nerven." Ich muss lachen, werde aber direkt wieder ernst. "Du bist mir nicht egal, Daryl" flüstere ich und schmiege mich enger an ihn. Sein Gesicht ist nur noch wenige Zentimeter von meinem entfernt. Ich will jetzt nicht über die Konsequenzen nachdenken, nicht über die Bedeutung von dem, was ich gerade tue. Ich stelle mich auf die Zehenspitzen und halte mich an Daryls Jacke fest. Ich sehe ihm tief in die Augen und für einen Moment vergesse ich alles um mich herum. Ich sehe noch die Ungläubigkeit in seinem Blick, kurz bevor ich die Augen schließe und meine Lippen sanft auf seine presse. Ich merke, wie er sich vor Überraschung versteift. Im nächsten Augenblick zieht er mich näher zu sich und presst seine Lippen fester auf meine. Er stöhnt leise auf, als sich meine Zunge auf die Suche nach seiner macht. Seine Hände wandern von meinem Gesicht zu meinem Rücken und umfassen schließlich meine Taille. Ich presse mich enger an ihn heran, woraufhin er mit seinen Händen unter meinen Pullover fährt. Ich lege meine Hände in seinen Nacken, zwinge ihn so dazu, mich noch leidenschaftlicher, noch intensiver zu küssen. Ich bin kurz davor die Kontrolle zu verlieren. Als meine Hände von seinem Nacken auf seinen Oberkörper wandern, umklammert er plötzlich meine Handgelenke und löst sich von meinen Lippen. Ich bin noch völlig außer Atem und sehe ihn nach Luft schnappend an. Er lächelt und sagt schließlich "Prinzessin, du solltest jetzt wirklich reingehen." Ohne meine Reaktion abzuwarten, geht er in Richtung meiner Wohnung und zieht mich dabei hinter sich her. Als wir vor der Haustür stehen, entfernt er sich ein kleines Stück von mir. Ich hole den Schlüssel aus meiner Handtasche, ohne ihn dabei aus den Augen zu lassen. Daryl deutet eine Verbeugung an, lächelt mir noch einmal zu und geht dann in Richtung seines Autos. "Kommst du zurück?" rufe ich ihm zu. Er bleibt einen Moment lang still und erwidert schließlich "Wie könnte ich jetzt nicht zurückkommen, Prinzessin?" Ich lächle ihn an, schließe die Haustüre auf und beeile mich, in meine Wohnung zu kommen. Im Treppenhaus höre ich, wie er den Wagen startet und in schnellem Tempo davon fährt.

Is it Love? DarylWo Geschichten leben. Entdecke jetzt