Kapitel 15

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Als ich die Augen öffne überkommt mich eine Welle der Übelkeit und der Schmerz der sich als dumpfes Dröhnen in meinem Kopf bemerkbar macht, raubt mir beinahe den Atem. Ich versuche etwas zu erkennen und drehe mich leicht nach links. Ich sehe ein paar Schuhe und blicke hinauf, wo der bullige Typ der mir die Ohrfeige meines Lebens verpasst hat, noch immer etwas in sein Telefon spricht. Oder vielleicht schon wieder? Ich weiß nicht wie lange ich nicht bei Bewusstsein war. Ich schlucke und versuche dabei, die aufkeimende Übelkeit zu ignorieren. Ich schmecke Blut und bin erschrocken, mit welcher Kraft der Kerl mich zu Boden gebracht hat. Ich versuche mich auf meinen Händen abzustützen und mich aufzurichten, aber der Typ kommt mir zuvor und beugt sich mit einem Grinsen auf dem Gesicht zu mir herunter. „Na, sind wir wieder wach?" flüstert er mir ins Gesicht und bei seinem Atem, der nach Zigarettenrauch und Alkohol riecht, wird mir erneut schlecht. Ich will ihn gerade zum Teufel jagen, als ich weitere Stimmen höre und eine, die mir sehr bekannt vorkommt. Daryl kommt mit dem Riesen, einem Typen mit pechschwarzen Haaren in einem teuer aussehendem Anzug und dem Kerl der mich damals bedroht hat in unsere Richtung. Erneut versuche ich aufzustehen und dieses Mal lässt mich der Typ gewähren und blickt in Richtung der Männer. Ich stöhne vor Schmerz auf, als ich schließlich wieder auf beiden Beine stehe und schaue nun ebenfalls in die Richtung von Daryl. Er ist noch in sein Gespräch vertieft und erst als er nur noch wenige Meter vor mir steht, richtet sich sein Blick auf mich und er erstarrt. Ich muss ein grauenhaftes Bild abgeben, denn ich sehe, wie sich Daryls Augen vor Überraschung und Schrecken weiten. Er bleibt wie angewurzelt stehen und kann seinen Blick nicht von mir lösen. „Seit wann laufen deine Gespielinnen bei unseren Treffen in deinem Garten herum?" sagt der Mann neben mir mit einer derartigen Ruhe, dass es mir kalt den Rücken herunter läuft. Seine Worte scheinen Daryl aus seiner Starre zu befreien, er kommt ein paar Schritte auf mich zu, sieht mich von oben bis unten an und wendet sich dann dem Kerl zu. „Scheiße André, was hast du mit ihr gemacht?". Der Typ, André also, hebt abwehrend die Hände und zuckt mit den Achseln. „Sie rannte in meine Richtung, ich hatte keine Ahnung wer das ist und außerdem, was zur Hölle hat sie hier zu suchen?" Die letzten Worte spuckt er Daryl förmlich ins Gesicht. Der jedoch würdigt ihn keines weiteren Blickes und wendet sich wieder mir zu. Er legt seine Hand unter mein Kinn und hebt es leicht an, woraufhin ich meine Augen vor Schmerzen fest zusammenkneife. „Verdammt, Sofie..." murmelt er und lässt mein Gesicht schließlich los. „Ich kümmere mich darum, wir sprechen uns in den nächsten Tagen!" sagt Daryl in einem Tonfall, der keinerlei Widerspruch duldet. Er dreht sich zu dem Kerl in dem Anzug um, welcher mich seit Minuten nicht aus den Augen gelassen hat und reicht ihm die Hand. „Wir sehen uns, Mario" sagt Daryl zu ihm, woraufhin der Kerl nickt, einen weiteren Blick in meine Richtung wirft und schließlich den anderen Männern ein Zeichen gibt, woraufhin sie alle verschwinden. Ich schaue zu Boden und weiß nicht, wie ich mit der Situation umgehen soll. Was habe ich mir nur bei all dem gedacht? Wie konnte ich nur einen Moment lang glauben, es wäre eine gute Idee heute hierher zu kommen? Ich hebe meinen Kopf und sehe direkt in Daryls haselnussbraunen Augen, die mich wachsam mustern. Dann seufzt er, legt die Stirn in Falten und zieht mich an sich heran. Ich vergrabe mein Gesicht an seinem Oberkörper und lasse meinen Emotionen freien Lauf. Ich versuche sie zurückzuhalten, aber ich spüre wie die Tränen sich Bahn brechen. Daryl streicht mir über den Rücken und flüstert mir zu, dass Alles gut werden wird. Schließlich zieht er mich mit sich in sein Haus und lässt mich im Wohnzimmer auf seiner Couch Platz nehmen. „Was machst du hier Sofie?" fragt er, als meine Tränen versiegt sind. Ich schaue auf meine ineinander verschränkten Hände und antworte schließlich leise „Ich hatte genug von deinen Geheimnissen. Ich habe dich Nachts telefonieren hören und mitbekommen, dass heute irgendein Treffen stattfindet." Er seufzt und rückt näher an mich heran. Ich spüre wie sich mein Körper zu entspannen beginnt, als ich meinen Kopf an seine Schulter sinken lasse. Dann fällt mir das Gespräch zwischen dem Riesen und dem Anderen früher am Abend wieder ein. Ich schrecke hoch und blicke Daryl aus tränenverschleierten Augen an. „Sie wollen, dass du dich in Sicherheit wähnst. Das ist eine Falle Daryl, dieser Typ, Mario oder Marco, ich weiß es nicht genau, auf jeden Fall will er, dass du dich sicher fühlst. Das ist ein Trick!" Ich kann nicht verhindern, dass meine Stimme leicht hysterisch klingt, aber ich muss ihn warnen. Sein Blick verdüstert sich und seine Hand, die eben noch zärtlich meinen Rücken gestreichelt hat, ist an eben dieser Stelle erstarrt. „Ich wusste es" murmelt er und tiefe Sorgenfalten machen sich auf seinem schönen Gesicht breit. Daryl fährt sich mit seiner Hand über das Gesicht und sagt schließlich „Genau deshalb wollte ich dich aus all dem raushalten Sofie. Jetzt weiß er, dass es dich gibt. Mario hat dich gesehen, alle haben dich gesehen und es besteht wohl kaum ein Zweifel in welcher Beziehung du zu mir stehst. Weißt du überhaupt, wie sehr dich deine Neugier heute Abend in Gefahr gebracht hat?" Bei dem letzten Satz klingt seine Stimme kalt und die sonst immer sichtbare Zuneigung ist vollkommen aus Daryls Blick verschwunden. Ich blinzle die erneut aufkommenden Tränen weg und schüttel den Kopf. „Es tut mir leid" sage ich, woraufhin er mich ungläubig ansieht. „Dir tut es leid? Der Einzige der die Schuld an all dem hat, bin ich Prinzessin. Ich hätte dich niemals in all das reinziehen sollen. Ich hätte mich von dir fernhalten sollen, von Anfang an." Er senkt den Kopf für einen Moment und blickt mich dann wieder an. „Okay Sofie. Du willst die Wahrheit wissen? Ich werde dir alles erzählen. Wenn du dann gehen willst, werde ich dich nicht aufhalten. Ich werde dafür sorgen, dass dir nichts passiert, aber wenn alles überstanden ist, das verspreche ich dir, werde ich aus deinem Leben verschwinden." Ich sehe ihn mit großen Augen an und nicke. „Okay, Prinzessin. Es tut mir alles so leid." Ich lehne mich zurück und starre wie gebannt auf Daryls Lippen, als er beginnt mir seine Geschichte zu erzählen.
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Daryls Sicht
Ich erzähle ihr alles. Angefangen von der Zeit, als Matts und meine Eltern starben. Wie wir bei unserer Großmutter aufgewachsen sind, einer wirklich großherzigen und liebevollen Frau, die dennoch überfordert war mit zwei Jungs die ihre Eltern verloren hatten und nun keine Angst mehr vor dem Leben auf der Straße hatten. Ich erzählte ihr, wie wir die falschen Freunde fanden, in immer kriminellere Machenschaften verwickelt wurden. Es fing an mit illegalen Autorennen, Autodiebstahl und schließlich mit einer Gruppe von Männern und Frauen die mehr Respekt vor mir und meinem Bruder hatten, als vor der Polizei. Das war der Moment an dem Matt die Entscheidung traf dem Ganzen den Rücken zukehren, war seine damalige Freundin und Schwester eines der Anführer unserer Gruppe gerade erst bei einem schlimmen Unfall ums Leben gekommen. Er gab sich selbst die Schuld und nur durch mein Eingreifen und das Ausschalten des Anführers kam er mit dem Leben davon. Ich habe für meinen Bruder damals alles riskiert, damit er in Sicherheit war, ein neues und ruhiges Leben beginnen konnte, aber das hieß gleichzeitig, dass ich nun die Aufgaben des Chefs übernehmen musste. Ich erzähle ihr von den Drogen, den Waffen und wie ich Caesar, den ehemaligen Anführer gelinkt und in den Knast gebracht habe. Ich berichte auch von Marco und seinen Schergen, die mir meine Macht streitig machen wollen und davon, dass ich keine Lust mehr auf all das habe. Ich sehe ihr von Zeit zu Zeit in die Augen, die zwischen Verwunderung, Unverständnis und Unglaube alles auszudrücken scheinen. Ich lasse kein Detail aus und als ich am Ende meiner Geschichte angelangt bin, bin ich der festen Überzeugung, Sofie verloren zu haben. Ich stehe auf, gieße mir ein großes Glas Whiskey ein und trinke es in einem Zug leer. Der Alkohol hinterlässt ein angenehmes Brennen in meiner Kehle. Ich drehe mich zu Sofie um und sage schließlich „Das ist meine Geschichte Prinzessin. Wenn du gehen willst, fahre ich dich jetzt nach Hause." Ich blicke ihr in die Augen und warte auf ihre Antwort.
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Es tut mir leid, dass dieses Kapitel so lange gedauert hat, ich habe momentan echt viel Stress, ihr kennt das ja. Ich hoffe dennoch es gefällt euch und würde mich freuen, wenn ihr mir eine Bewertung und/oder einen Kommentar dalasst 😊
Was meint ihr wie es weitergeht? Wird Sofie Daryl verlassen?
❤❤❤


Is it Love? DarylWhere stories live. Discover now