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"Primadonna girl, yeah
all I ever wanted was the world."

Ich schlage die Augen auf. Endlich Montag!
Dass ich das Mal denken würde, wenn am Morgen mein Wecker losgeht, hätte ich auch nicht für möglich gehalten. Ich bin so beschwingt, dass es mich nicht mal stört, dass Kelly anscheinend mal wieder meinen Weckerklingelton geändert hat. Das ist irgendein merkwürdiges Hobby von ihr...
Schnell stehe ich auf und mache mich fertig. Als ich hibbelig am Frühstückstisch sitze, sieht meine Mum mich verwirrt an. Offensichtlich fragt sie sich grade, was bei mir kaputt ist, aber bevor sie ihre Gedanken aussprechen kann, bin ich auch schon aufgesprungen und auf dem Weg zur Schule.
Hoffentlich hat Luke M erwischt, denke ich, als ich kurze Zeit später auf den Parkplatz fahre.
Ich halte Ausschau nach Derek und Cole und finde Ersten auch relativ schnell knutschend mit seiner Freundin in einer Ecke stehen. Da ich wenig Lust auf einen Live-Porno habe, lasse ich die beiden in Ruhe und suche weiter nach Cole, der ein paar Minuten später aus seinem Auto aussteigt.

"Hi", rufe ich ihm zu.

Er hebt grüßend die Hand: "Hey, hast du Derek und Luke gesehen?"

Ich schüttele den Kopf und versuche vergeblich gleichzeitig zu nicken: "Luke noch nicht, ich hab ihn aber auch noch nicht gesucht, ich wollte M nicht aufscheuchen. Und Derek frisst dahinter irgendwo Ivy auf."

Cole nickt: "Dann lass jetzt Mal Luke suchen, sonst war M doch um diese Zeit auch schon fertig, es klingelt in fünf Minuten schon."

Ich stimme ihm zu und schon laufen wir zu meinem Spind. Luke steht ein paar Ecken weiter.

"Und?", frage ich aufgeregt.

Bedauernd schüttelt er den Kopf: "Ich steh hier schon ne halbe Ewigkeit, aber es hat sich nichts getan. Guck Mal nach, ob doch ein Brief da ist, aber ich kann's mir nicht vorstellen."

"Gut, trotzdem danke", murmele ich enttäuscht und finde, wie zu erwarten, keinen Brief als ich nachsehe.

Die gesamte Biostunde gucke ich nachdenklich aus dem Fenster.
Habe ich M jetzt verscheucht?
Draußen entdecke ich ein Eichhörnchen, welches einen Baum hochrennt. Ein paar Minuten später taucht ein zweites auf und die beiden scheinen fangen zu spielen.
Vielleicht wird das auch so mit M und mir, ein ewiges hin und her, ohne Ergebnis.
Falls M sich überhaupt wieder meldet.

"Mr Jensen, wollen Sie auch was dazu sagen?", werde ich unsanft von Mrs Daniels, meiner Lehrerin, aus meinen Gedanken gerissen.

Ich zucke leicht zusammen: "Nein, tut mir leid, ich hab nicht zugehört..."

Sie schüttelt nur missbilligend den Kopf und fährt zu meinem Glück kommentarlos mit ihrem Unterricht fort.

Schlecht gelaunt laufe ich in der Pause zu meinem Spind um mein Chemiebuch zu holen. Doch als ich einen ordentlich gefalteten Zettel finde, erhellt sich mein Gesicht schlagartig. "Jungs", rufe ich die anderen auf den Plan, "ich hab da was gefunden."

Triumphiert gehen wir Mal wieder in unsere Ecke und lesen.

Lieber Sam,

Wie geht's dir?
Ich habe durch Zufall einen Teil des Gespräches mit deinen Freunden mitbekommen. Ich weiß nicht, was mich verraten hat, aber die Katze scheint ja aus dem Sack zu sein: Ja, ich bin ein Junge und ja, ich bin schwul.
Ich hoffe, das schockt dich jetzt nicht allzusehr.
Mich hat es damals zugegebenerweise ziemlich vom Hocker gehauen, als ich es begriffen habe. Ich hab mich bis jetzt nicht geoutet. Im Prinzip habe ich überhaupt kein Problem damit, schwul zu sein. Ich sehe da keinen großen Unterschied, aber ich hab Angst, was meine Mum denken könnte. Wir haben eigentlich ein sehr gutes Verhältnis, aber besonders seit mein Dad sie verlassen hat, aber sie ist ziemlich katholisch. Ich habe einfach Angst, dass sie es nicht akzeptieren kann. Ich weiß nicht, was ich tun würde, wenn sie mich dann anschreien würde.
Das ist auch der Hauptgrund, warum ich dir schreibe. Mal abgesehen davon, dass ich mich vermutlich nicht trauen würde, dich anzusprechen, will ich verhindern, dass Mum etwas mitbekommt. Und ich habe mir geschworen, wenn ich einen Freund habe, will ich das vor niemandem geheimhalten, das funktioniert eh nie auf Dauer und zerstört einen nur.
Ich weiß, es ist ziemlich inkonsequent, dir trotzdem zu schreiben, aber ich bin jetzt schon seit über einem Jahr in dich verliebt und ich hab es nicht mehr ausgehalten, nichts zu tun.
Ich weiß, dass du auf Mädchen stehst und ich hoffe, du hasst mich jetzt nicht. Aber wenn ich ehrlich sein soll, kann ich mir nicht vorstellen, dass du jemanden wegen seiner Sexualität verurteilst. Oder sagen wir so, in dem Fall, dass du mich jetzt hasst, hätte ich dich sehr falsch eingeschätzt.

Ich hoffe, ich irre mich nicht in dir.
Ich liebe dich,
M

P.S. Ich hab deinen Wächter gesehen, aber netter Versuch... Du kannst dir die Mühe aber sparen, selbst wenn du es irgendwann schaffst mich zu enttarnen, was mich wundern würde, wärst du erstens enttäuscht und zweitens würde das mit uns vermutlich nie funktionieren...

Ich schmunzele als ich die letzte Zeile lese. Er scheint wohl ein ziemlich wachsamer Zeitgenosse zu sein. Ich glaube, ich habe ihn unterschätzt... Und er hat es unbewusst geschafft, sich für mich attraktiver zu machen. Ich habe schon immer irgendwie auf Herausforderungen gestanden.

Hey ihr:)
Hauptsache, ich liege grad einfach im Garten in meiner Hängematte und musste vorhin vor einer Hornissenkönigin fliehen!
Für alle, die so ein Viech noch nie gesehen haben, die sind riesig! Ohne Scheiß, ich bin quasi um mein Leben gerannt!!! XD
Wie gefällt euch das Kapitel?

Ich wünsch euch noch 'nen schönen Tag,
eure c_in_medias_res :)

Wer bist du?Where stories live. Discover now