Kupferrot | 4

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Elijah POV

Na endlich war er weg. Das Noah nicht selber drauf kam. Bei dieser eindeutigen Körperhaltung - und sowas schimpft sich doch tatsächlich Jäger. Ich blickte wieder zum Wolf hin, der mich fest im Blick hatte. Er war tatsächlich riesig und könnte furchteinflößend wirken, jedoch nicht für mich.

"Hier..", ich streckte ihm das halbe Leib Brot entgegen, welches ich eigentlich für meine Großmutter eingepackt hatte. "Brot.. ernsthaft. Damit willst du mich ködern?", antwortete mir der Wolf spottend, doch schien nicht so abgeneigt zu sein, wie er sich gab.

Es war nichts neues für mich, dass ich ein paar Tiere verstehen konnte. Ich hörte sie schon lange sprechen, manchmal sogar mit mir. Es half mir schon häufiger aus der Patsche, doch das verriet ich natürlich keinem. Sie würden mich als Hexer hinstellen und verbrennen. Darauf könnte ich nun wirklich verzichten.

"Ich ködere dich nicht, sondern biete dir etwas zu Essen an bevor du auf die Idee kommst mich zu fressen.", berichtigte ich ihn und wedelte ungeduldig mit dem Brot hin und her. Wenn er sich nicht beeilte, nahm ich mein Angebot zurück.

Er stand nun direkt vor mir, überragte mich bei Weitem und könnte mir jederzeit den Kopf abbeißen - doch Angst? Kein bisschen. Wenn ich sterbe dann ist dies ebenso. Man würde nicht um mich trauern oder sich die Mühe machen meinen Leichnam zu suchen. Der riesige Wolf, den viele nur 'den weiße Tod' nannten, senkte seinen Kopf auf meine Höhe. Ich blickte ihm in seine tatsächlich blutroten Augen, und sie in meine. "Du bist es tatsächlich.", vernahm ich seine dunkle Stimme in meinem Kopf. Sie war noch dunkler als die eines Bären. "Wer bin ich?", wollte ich wissen und beobachtete wie er an meiner Hand schnupperte. Sein warmer Atem stieß in kurzen Stößen gegen meine Haut und brachte meine feinen Haare auf dem Arm zum Stehen. Schließlich nahm er den Leib aus meiner Hand und zerbiss diesen vor meinen Augen. "Der Junge mit dem roten Mantel, der die Wandler versteht.", antwortete der Wolf während er das Brot verschlang. Ich erhob mich wieder und ebenso eine Augenbraue. "Ach... man erzählt sich also schon Gerüchte über mich?", schnaufte ich leicht. Jetzt machen sich nicht nur die Menschen über mich lustig, sondern auch schon die Tiere.

Mein Gegenüber hob wieder seinen Kopf, als er die restlichen Stücke vom Boden gelesen hatte. "Es sind ja anscheinend keine Gerüchte.", entgegnete er und machte einen weiteren, kleinen Schritt auf mich zu. Langsam ging er an mir vorbei, schlich um mich herum. Ich spürte seine Wärme, hin und wieder auch sein Fell. "Was meintest du mit Wandlern?", wollte ich dann wissen, um auf diesen albernen Spruch nicht eingehen zu müssen. "Hm.. Du weißt also nichts von uns.. Es wundert mich, dass du dich noch nie gefragt hast, warum du mit einigen Tieren sprechen kannst, mit anderen aber nicht.", säuselte der Wolf hinter mir und sein Atem stieß gegen meinen Nacken. "Ich ging davon aus, manche antworten mir nur nicht.", erwiderte ich sichtlich unbeeindruckt von seinem Getue. Wollte er mich fressen, hätte er es schon längst getan - mal ganz davon abgesehen davon, dass Wölfe bevorzugt keine Menschen fraßen.

Dunkles Gelächter erschallte und ließ mich meine Stirn runzeln. Machte er sich etwa über mich witzig? "Du bist amüsanter als gedacht.", provozierte er mich belustigt klingend. "Elijah! Geh weg von dem Biest!", drang ein lauter Ruf zu uns. Der Wolf spannte sich sofort an und knurrte laut. Ich drehte mich blitzartig um, jedoch verdeckte der Wolf mit seinem Körper die Szene. Ich konnte mir aber gut vorstellen, dass es Noah war, der mal wieder den Helden spielen wollte. "Verschwinde Jäger sonst reiße ich dir den Kopf ab.", knurrte der weiße Tod laut und sein Fell sträubte sich. "Elijah, verschwinde! Ich halte ihn auf!", brüllte Noah wieder über das Knurren hinweg. Diese Hohlfrucht.

Ich legte eine Hand auf den Körper des Wolfes, ließ sie durch sein weiches, langes Fell gleiten, während ich nach vorne zu seinem Schädel ging. Das Knurren wurde leise und der Wolf blickte zunehmend zu mir, fragte sich wohl was ich mir erlaubte. Ich habe mal gelesen, dass man das bei Pferden macht, damit diese sich nicht , wenn du plötzlich dicht neben ihnen stehst. Jetzt, wo ich neben dem Wolf stand und nicht mehr dahinter, konnte ich auch Noah sehen. In Kampfhaltung stand er dort, ein kleines Messer, welches er wohl noch bei sich trug, fest mit der Hand umschlossen.

He is Mine [BoyxBoy]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt