Nikolausnuss

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Bild: Geblitzte Fat Queen
Danke für alles, ihr Stollen ❤️

Nikolausnuss

Als ich am darauffolgenden Montagmorgen den Essenssaal betrat, herrschte der reinste Tumult. Überall standen kleine Grüppchen und tuschelten aufgeregt. Was war nur passiert? Es war der erste Dezember und auch erster Advent, okay, aber war das ein Grund für diese Aufregung?

Verwirrt suchte ich Levi und fand sie mit Fabio und Nic an einem Tisch sitzen. Die drei unterhielten sich mit aufgerissenen Augen, ihre Brötchen beachteten sie kaum.

Levi erblickte mich und sprang auf. „Laura! Hast du es schon gehört? Es ist UNGLAUBLICH!"

„Was zum Teufel ist hier los? Was ist passiert?", fragte ich ungeduldig.

„Sie haben ein Bild von Fat Queen!" Verständnislos sah ich Levi an. Was sollte daran besonders sein? Sie verstand meinen Blick und erzählte weiter. „In einem Dorf ganz in der Nähe von uns steht eine Radarfalle. Die ist zwar eigentlich für Autos, aber fotografiert trotzdem alles, was zu schnell ist... Fat Queen wurde geblitzt! Es ist ganz eindeutig sie, es gibt keine Zweifel!"

Freude und vor allem Hoffnung stieg in mir auf. Seitdem das Schulpferd Fat Queen vor drei Monaten verschwunden war, hatte es keine Lebenszeichen mehr gegeben. Vielleicht hatten wir jetzt endlich eine Chance, sie zu finden! Sie musste hier in der Gegend sein. Vor Freude quietschte ich und sprang der lachenden Levi in die Arme. Feli lief an uns vorbei und warf uns einen abfälligen Blick zu. Nic hingegen zeigte sie ihr schönstes Lächeln mit Kusshand, welches er komischerweise sofort erwiderte.

Es machte mir diesmal ausnahmsweise nichts aus. Schließlich hatte ich soeben die beste Neuigkeit aller Zeiten erfahren! Genau in dem Moment begann der erste Schnee zu fallen.

•••• ♥ ••••

Mit einem letzten, verzweifelten Reiben versuchte ich meine Hände aufzuwärmen. Der Schnee lag hoch und bedeckte das Hallendach, wodurch ein gespenstiges Licht die Halle erfüllte. Champ lief, so wie immer, unruhig und nervös.

„Zügel aufnehmen und antraben!", rief mein Springtrainer Herr Saal. Mein Puls stieg schlagartig in die Höhe, obwohl ich heute nur Cavalettihöhe springen würde. Es war meine erste Springstunde mit Champagner, weswegen ich einzeln unterrichtet wurde. Staub flog auf als die königsblaue Abschwitzdecke auf der Hallenbande landete. Ich fasste die Zügel kürzer, Champs linkes Ohr war sogleich aufmerksam nach hinten gestellt. Auf mein sanftes Treiben hin fiel er sofort in einen guten Arbeitstrab. Lobend gab ich innen kurz nach, um seinen Hals zu klopfen.

Schließlich musste ich ihn motivieren und mich irgendwie mit ihm zusammenfinden. Da er nicht mein Typ Pferd war, würde es bestimmt umso schwieriger werden. Aber es musste klappen, denn die Nachricht, die meine Mutter rübergebracht hatte, war nur zu deutlich gewesen: Ohne Erfolg kein Reitinternat Stollenberg.

„Laura! Reite mehr Übergänge, damit er mehr auf die Hinterhand kommt!"

Augenrollend leistete ich dem Befehl Folge. Wenigstens hatte ich dadurch ein bisschen Dressurarbeit beim Springen. Eigentlich fand ich Champs und meine Beziehung noch zu jung, um direkt zu springen. Doch die Lehrer befanden diese für ausreichend, also musste ich wohl.

Ich spürte die Blicke der anderen, als ich schließlich das Ende der Lösungsphase erreichte und wir bald beginnen würden. Feli, Renè, der langhaarige Junge der Champ vor wenigen Tagen eingefangen hatte, und ein paar andere beobachteten mich und Champ interessiert. Kurz blendete ich all das aus und besann mich auf die Aufgabe.

„Also mein Junge, du und ich, wir tun einfach mal so, als wären wir ein gutes Team. In Ordnung?", flüsterte ich schon fast beschwörend, als ich die Augen wieder aufschlug.

Reitinternat StollenbergWhere stories live. Discover now