16.Kapitel

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„Es tut mir leid T. Ich wollte dich vorhin nicht so anfahren. Ich weiß selbst nicht, was mit mir los war. Aber...bitte hör auf meine Anrufe zu ignorieren und meine Nachrichten zu löschen. Ich...ich weiß nur nicht, was ich noch machen soll, damit du mir verzeihst."

Frustriert drückte ich die rote Hörer-Taste meines Handys und ließ mich an der dunklen Hauswand heruntergleiten. Ich wusste, dass ich Teresa falsch behandelt hatte. Es war unnötig gewesen, sie so anzugehen. Aber...ich war so wütend gewesen. Und dafür hatte ich mich verdammt nochmal gut im Griff gehabt.

Ich vergrub meinen Kopf zwischen den Knien und versuchte krampfhaft, meinen Atem ruhig zu halten. Jetzt bloß nicht nachdenken! redete ich mir immer wieder ein. Nicht nachdenken!

Ha! Da bist du also wieder!

Nein! Bitte nicht! Nicht die Stimmen. Sie waren doch weg gewesen. Vier Jahre lang hatte ich gedacht, dass sie mich endlich in Ruhe gelassen hatten.

Das hast du nicht wirklich geglaubt, oder?

Ich spürte regelrecht das hämisch amüsierte Grinsen, welches im Ton der Stimme mitschwang.

Ich meine....als ob du ernsthaft so naiv gewesen bist, anzunehmen, wir würden jemals aufhören, dir vor Augen zu führen, was für ein bedauerlicher Schwächling du bist.

„Nein!" stieß ich hervor. „Ich bin kein Schwächling!"

Und ob. Klein und feige! Du hast es nicht mal geschafft, für ihn da zu sein. Du bist abgehauen, als er dich am meisten gebraucht hat. Wenn du kein Schwächling bist, was dann?

„Sei still!! Du hast keine Ahnung. Ich konnte ihm nicht helfen! Sie...sie hätten es sonst rausgefunden!"

Natürlich hätten sie das. Na und? Warum sollen sie nicht wissen, wie falsch du eigentlich bist. Falsch und unwürdig.

Verzweifelt presste ich mir beide Hände auf die Ohren und schüttelte den Kopf.

Falsch. Unwürdig. Ehrlos.

Ein panisches Schluchzen entfuhr meiner Kehle.

Feige. Armselig. Wertlos.

Tränen traten mir in die Augen und begannen Sturzbach-artig meine Wangen hinunter zu laufen.

Du hast es nicht verdient, glücklich zu sein. Er durfte es auch nicht.

Vielleicht hatten sie Recht? Vielleicht hatte ich es wirklich nicht verdient, glücklich zu sein? Vielleicht war ich dazu verdammt, immer nur zusehen zu müssen, wie alle anderen sich verliebten und glücklich wurden. Vielleicht sollte ich immer das dritte Rad an Wagen bleiben.

Bei meinen Eltern, bei Minho und Teresa, bei Alby und Gally...bei Newt...vielleicht...

„Tom?! Oh mein Gott!!! Was ist passiert?"

Wie in Trance nahm ich wahr, wie eine Gestalt vor mir niederkniete und mir liebevoll eine verklebte Haarsträhne aus dem Gesicht strich. Schniefend wischte ich mir mit dem Ärmel meiner Strickjacke über mein verheultes Gesicht und versuchte die Person durch meinen Tränenschleier hindurch anzusehen.

Doch das Gesicht, das mich da gerade so besorgt anstarrte, verwirrte mich.

Wollte mir mein abgefucktes Gehirn einen weiteren unlustigen Streich spielen, oder saß da gerade wirklich „T-Teresa?" krächzte ich kaum hörbar und bemerkte, wie sie sich mitleidig auf ihre Lippe biss.

„Tom..." setzte sie sanft an, doch wurde von mir unterbrochen, indem ich mich schluchzend in ihre Arme warf.

Sie kannte diese Seite von mir nicht, das merkte ich an der Art wie sie kurz verkrampfte, bevor sie mich fest in ihre Arme schloss. Eine Weile saßen wir einfach nur so da -in der dunklen Nische zwischen der Garage und dem Mehrfamilienhaus, in dem Minho und ich unsere Wohnung hatten- und genossen die Gegenwart des Anderen. Irgendwann jedoch begann Teresa zu frösteln und löste die Umarmung.

Im Takt deines HerzensWo Geschichten leben. Entdecke jetzt