Kapitel 5

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Empty Space - James Arthur

Ramon

Ich kannte viele Menschen in ganz Amerika, die mir, nach der Zeit in der ich hier lebte, immer wieder auffielen. Aber ich war mir sicher, dass ich das Mädchen, das ich in meinen Armen hielt, noch nie in meinem Leben gesehen hatte.

Ihr unschuldiges Gesicht wurde von einem hellbraunen Pony umspielt, der ihre hellgrünen Augen halb verdeckte, aber ich bemerkte trotzdem, wie sie mich hoffnungsvoll ansah.
Ich war so benommen, dass ich garnicht mitbekam, dass wir immer noch in der gleichen Position waren und löste meinen Blick von ihren rosigen Lippen.

Aber bevor ich sie näher betrachten konnte, fing ihr Körper an heftig zu zucken und im selben Moment zerrte sie mit einem großen Ruck an mir, so als ob ich sie mit bösen Absichten festgehalten hätte und stieß mich mit ihrer ganzen Kraft zurück, bevor sie schnell aufstand und nach draußen rannte.

Mir kam das Bedürfnis ihr hinterher zu gehen und zu fragen, was los war, aber irgendetwas sagte mir, dass ich sie lieber in Ruhe lassen sollte. Es schien so, als hätte ich ihr große Angst gemacht, obwohl ich keine schlimmen Hintergedanke gehabt hatte. Ich hatte sogar das Gefühl, sie hätte Angst vor Berührungen. Oder irrte ich mich?

Schließlich versuchte ich mich wieder zu fassen und mich auf meine Arbeit zu konzentrieren. Dass es so schwer sein würde, das Verlangen zu ignorieren und nach ihr zu schauen, hätte ich niemals gedacht.

Als wäre nichts gewesen, nahm ich meinen Platz hinter der Bar wieder ein und machte einen Long Island Iced Tea für den Mann, der vor der Theke saß, fertig und überreichte ihm diesen danach.

Lächelnd nahm er ihn an und ging wieder zu seinen Kumpels zurück.

Kurz darauf kam mein Chef zu mir herüber und sah mich besorgt an.

"Ist wirklich alles okay bei dir? Du weißt, dass du nicht arbeiten müsstest, weil du ja eh so viele Überstunden machst", erinnerte er mich daran und ich klopfte ihm auf die Schulter.

"Schon okay, Gregg. Es ist eine gute Ablenkung für mich und ich brauche das", schilderte ich und er nickte verständlich.

Ich sah wie ein Mädchen von ihrer Gruppe zu mir kam und sich zu mir gesselte.

"Hey, ich hätte gerne 4 Tequilas und 2 Colas", sprach das braunhaarige Mädchen freundlich und ich nickte.

"Kommt sofort", sagte ich und machte mich wieder an die Arbeit.

"Weißt du warum das Mädchen, das du aufgefangen hast, einfach abgehauen ist? Hatte sie was erwähnt? Wir können sie leider nicht finden", fragte mich das Mädchen und ich zuckte mit den Schultern.

Vielleicht sollte ich lieber nicht erwähnen, wie sehr sie sich aus meinen Griff gewehrt hatte. Ich glaubte nicht, dass sie das wusste und so sollte es auch besser bleiben.

"Leider nicht", meinte ich und stellte die ersten Gläser auf die Theke.

"Okay trotzdem danke", antwortete sie kurz lächelnd.

"Ist doch selbstverständlich", erwiderte ich und gab ihr die Colas.

"Ist sie das erste Mal in New York? Sonst sind die Leute hier es gewohnt angerempelt zu werden", fragte ich ohne überhaupt nachzudenken.

"Lana ist erst vor ein paar Tagen hier hin gezogen", verriet sie mir.

Diesen Namen würde ich nicht so schnell vergessen.

"Hier sind die restlichen Drinks", sagte ich und übergab sie ihr.

Freundlich bedankte sie sich bei mir, aber bevor sie sich auf den Weg machte, kam sie nochmal auf mich zu.

"Ich hätte fast was vergessen. Meine Freundin wollte unbedingt, dass ich dir ihre Nummer gebe", sprach sie und zeigte auf ein blondes Mädchen, das mich grinsend ansah.

"Danke", sagte ich und sie gab mir einen kleinen Zettel und da verschwand sie auch wieder.

Es vergingen mehrere Stunden und endlich wurden es immer weniger Menschen, bis alle Gäste schließlich verschwunden waren.

Ich putzte die Theke noch sauber und verabschiedete mich freundlich von Gregg, der hingegen noch Papierkram erledigte und mit einer Handbewegung zeigte, dass ich gehen konnte.

So zog ich meinen Mantel an und verließ die Bar. Genau daneben entdeckte ich mein Auto, stieg ins Warme und fuhr endgültig nach Hause.

Ich versuchte mich mit der Musik im Radio abzulenken, aber meine Gedanken blieben immer an Lana hängen. Ihr Blick, als sie mich intensiv ansah würde mich nicht so schnell loslassen. Aber immer noch dachte ich darüber nach, was mit ihr passiert war. Wieso war sie so ängstlich? Hatte jemand ihr vielleicht in der Vergangenheit etwas angetan?

Schnell legte ich den absurden Gedanken zur Seite, öffnete die Wohnungstür und suchte vergeblich meinen Mitbewohner, doch ich fand ihn nirgends.

"Ich bin hier", rief Dallas aus der Küche und ich sah ihn überrascht an.

"Seit wann bist du in einer Küche?", frage ich geschockt, aber er lachte nur.

"Ich bin Italiener. Das muss man doch ausnutzen", sprach er lächelnd und erst jetzt verstand ich es.

"Was du alles für ein Mal Spaß machst, ist ja unglaublich."

"Wer hat gesagt, dass ich ein Date habe? Vielleicht liegt mein bester Freund ja einmal falsch. So unmöglich wäre es nicht", rechtfertigte er sich so ernst wie möglich, aber ich konnte nur meinen Kopf schütteln.

"Ich versuch zu schlafen. Bitte seid einfach nicht zu laut", flehte ich ihn an und hörte nur ein längeres Lacheln, als ich nach oben ging.

Dallas und ich kannten uns schon seit dem Kindergarten. Mit ihm hatte ich meine guten und meine schlechten Zeiten. Eigentlich hatte ich eine eigene Wohnung, die ich manchmal sogar vermisste, aber seitdem es einen größenen Wasserbruch gab und das noch repariert werden musste, wohnte ich bei ihm. Ohne Probleme und ohne weiteren Stress, den ich in letzter Zeit genug hatte.

Seitdem ich vor ein paar Jahren nach Amerika gezogen war, hatten sich viele und besonders die wichtigsten Menschen in meinen Leben, von mir abgewandt.

Besonders die Menschen, die mir immer gesagt hatten, was ich zutun und zu lassen hatte, als hätte ich keinen eigenen Willen und wäre noch ein Kleinkind.

Ich wusste, dass die Entscheidung einen kompletten Neuanfang zu machen und von ganz vorne zu beginnen, genau das war, was mich weiterbrachte und was ich unbedingt gebraucht hatte.

Ich wollte nie abhängig sein, sondern mein Leben selbst bestimmen und selbst in die Hand nehmen.

War es richtig von mir?

Diese Frage hatte ich mir schon oft gestellt, genau so wie viele andere Fragen, die mir mein Leben etwas schwerer machten. Aber es gab so viele Momente, die ich hier erlebt hatte und die mir zeigten, dass ich richtig gehandelt hatte. Und an diese Momente würde ich mich immer wieder erinnern, wenn ich einen falschen Gedanken verschwand.

Früher hätte ich niemals gedacht, dass ich das hier auf irgendeine Art schaffen würde und jetzt wurde ich sogar als bester Baarkeeper der Welt betitelt, obwohl ich nichts anderes tat, als das was mir Vergnügen bereitete.

Und dafür konnte ich nicht dankbarer sein.

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Erste Meinung von Ramon?

Wie fühlt sich Lana jetzt? Wo ist sie hin gegangen? Was ist was wohl passiert...

Habt ihr euch Ramon so vorgestellt und wenn nicht, wie dann?

Was wird uns noch erwarten?

Ich hoffe es hat euch gefallen und lasst mir liebend gerne Kritik da :)

New York's LoveWhere stories live. Discover now