Kapitel 25

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Nightcall - London Grammar

Lana

Mein Herz raste, als ich sah, wie er sich mir langsam näherte. Meine Beine fühlten sich mit jedem seiner Schritte viel schwächer an und ich versuchte, mich mit allem Mitteln auf den Beinen zu bleiben. Es fühlte sich so falsch an. Diese Nähe, die mich fast umbringen konnte. Und dieser plötzliche Kontrollverlust, der mich zu Dingen trieb, wovon ich mir nie hätte erträumen können, dass sie noch einmal passieren würden. Aber ich war wie gefangen. Gefangen in der Sehnsucht, die mich stärker und stärker zu ihm zog. Die mich dazu verleitete, auf der Stelle stehen zu bleiben den Moment zu genießen. Sein Blick wurde intensiver und er strich mit seiner Hand über meine Wange. Und noch bevor ich überhaupt realisierte, was hier passierte, hatten sich meine Augen geschlossen. Es dauerte nur ein paar Sekunden, bis ich seine Lippen auf den meinen spürte, und schon war ich ihm vollkommen ausgeliefert. Alles verschwand für diesen kurzen Augenblick, und wenn er nicht seine Arme um mich gelegt hätte, hätte ich mich spätestens jetzt nicht mehr auf den Boden halten können. Doch trotzdem spürte ich es. Ein Gefühl der Sicherheit. Ich fühlte mich sicher in seinen Armen. So wie ich es auch getan hatte, als er mich getröstet hatte. Nur war dieses Gefühl viel stärker und intensiver. So, als wüsste ich jetzt erst, wie es sich wirklich anfühlt. Doch als der Kuss leidenschaftlicher wurde, platze die pinke Blase und ich sah anstatt Ramon Carter vor mir, was mich zum stoppen brachte. Carter fing an zu lachen und sagte mir, wie naiv ich nur sei, den gleichen Fehler nochmal zu begehen. Die Luft wurde dünner und dünner, ich konnte kaum noch atmen.
„Hey Lana, rede bitte mit mir."
Ramon sah mich bittend an, doch ich schüttelte den Kopf.
"Es war ein Fehler. Ein ganz großer Fehler. Ich muss hier raus", erklärte ich schweratmend und er verstand sofort, dass ich nach draußen musste.

Schließlich machte er den Weg frei. Ich rannte nach draußen, sodass ich viel besser atmen konnte, und lehnte mich an dem Gebäude ab.
Wie ich diese Attacken hasste. Wieso konnte ich nicht einfach ein ganz normaler Mensch sein, der nicht von den Gedanken, die in seinem Kopf tobten, hin- und hergerissen war. Gedanken, die mich innerlich zerstörten. Es fühlte sich an, als wäre die Hölle in meinem Kopf los.
"Darf ich?", fragte Ramon, der mir gefolgt war, vorsichtig. Als ich weiterhin nichts sagte, setzte er sich neben mich.

"Ich hab dir Wasser mitgemacht."

Kurz öffnete ich meine Augen, schaute auf das kleine Glas mit Wasser hinab und schloss sie dann wieder.

"Es tut mir leid. Ich bin eindeutig zu weit gegangen. Das ist mir bewusst geworden. Es ist nur-", wollte er sich erklären, aber ich stoppte ihn.
Ich wollte nicht hören, dass der Kuss falsch war, denn ich hatte mich noch nie so frei und sicher gefühlt, wie in diesen Moment. Doch vielleicht hatte Carter doch Recht. Es war falsch. Ich konnte nicht mehr. Alles fühlte sich so verwirrend an und ich hatte nicht die geringste Ahnung, was falsch oder richtig war, aber mir wurde dennoch eine Sache bewusst.
"Ich glaube du hast Recht", war das einzige, was ich sagte.
"Womit?"
Ich sah Ramons verwirrten Gesichtsausdruck.
"Ich glaube, ich brauche eine Therapeutin."
Ich sah ihn an und er verstand, dass ich noch nicht fertig war.
"Ich kann das einfach nicht mehr. Diese ständigen Attacken machen mich fertig. Ich will das nicht, versteht du? Sie lassen mich nicht richtig leben.", machte ich ihm deutlich und er nickte verständnisvoll.
"Du hast sie regelmäßig, oder?"
Ich nickte.

Kurz herrschte Stille. Wir beide waren mit unseren eigenen Gedanken beschäftigt und ich konnte förmlich fühlen, wie fertig es ihn machte, mir nicht zu helfen können.

"Es hat, glaube ich, mit 15 angefangen", begann ich zu erzählen. Ramon sah mich bestürzt an, sagte jedoch nichts, sondern liess mich weiter erzählen.
"Da sich meine Noten verschlechtert hatten, musste ich meine alte Schule verlassen und auf eine Öffentliche gehen. Die ersten Tage verliefen ganz gut, aber dann wurde alles immer schlimmer. Erst waren es die Mädchen, die angefangen haben, mich zu hassen, weil ich der neue Liebling war. Dann lernte ich Carter kennen."
Unsere Blicke trafen sich und er konnte sehen, wie meine Augen sich mit Tränen füllten.
"Du fragst dich bestimmt, wie ich mit ihm zusammen kommen konnte. Wie ich so naiv sein konnte, mich auf ihn einzulassen, oder?"

Seit unserer ersten Begegnung dachte ich, dass er so von mir denken würde, wenn er von meiner Geschichte hören würde. Außer Claire taten das alle Menschen, obwohl sie nie den Mut dazu hätten, es zuzugeben. Doch ihre Blicke sagten mir genug.

Ramon schüttelte den Kopf.

"Das würde ich niemals denken. Nicht mal eine Sekunde."

Mir fiel nichts ein, was ich darauf antworten konnte. Ich war nur glücklich darüber, dass er es nicht tat. Ich wüsste nicht, ob ich das verkraftet hätte.

"Menschen sind verliebt. Das ist normal. Man kann nichts dafür, in wen man sich verliebt und ob es erwidert wird."

Für einen kurzen Augenblick fühlte es sich so an, als ob er etwas ganz Bestimmtes meinte, aber ich verbat mir das Bedürfnis, nachzufragen.

"Danke", sprach ich endlich aus, was ich ihm schon die ganze Zeit über hatte sagen wollen.

"Wofür?"

Mir rann eine kleine Träne übers Gesicht. In diesen Moment musste ich tatsächlich überlegen, ob es vielleicht eine Glücksträne war.

"Dafür, dass du für mich da bist."

Ramon verzog eine ernste Miene.
"Sowas sollte selbstverständlich sein."

Ich schüttelte den Kopf. "Ist es nicht. Du hättest nicht die Nacht hierbleiben müssen, um dich um mich zu kümmern. Du hättest mich nicht vor meinen schlechten Gedanken bewahren müssen. Du hättest mir nicht zuhören müssen. Und du hättest mich nicht küssen müssen."
Ich sah, wie er für kurze Zeit lächelnd zur Seite sah.

"Und was wäre, wenn ich all das wollte?", wollte er wissen.

"Dann läuft einiges falsch in deinen Leben.", antworte ich lächelnd und Ramon erwiderte mein Lächeln.

"Der erste Schritt zur Besserung. Freut mich, dass ich dir das vermitteln konnte. Dann hatte der Kuss ja doch etwas Gutes für dich.", entgegnete er lächelnd und ich verstand sofort, dass er das nur sagte, um mich aufzumuntern.

"Der Kuss war trotzdem ein Fehler", entgegnete ich streng und er nickte ironisch.

"Eindeutig ein Fehler", sagte er mit gespielt ernster Stimme.

"Och man, ich meine es ernst!", erwiderte ich beleidigt und sah zu, wie Ramon mich ansah.

"Wir wissen beide, wie du es meinst."

Ab dieser Stelle hatte ich fast die Zeit vergessen. Ramon hatte es geschafft, das Gespräch in eine komplett andere Richtung zu lenken, als es angefangen hatte.

Wer hätte gedacht, dass dieses Gespräch noch mit zwei lachenden Personen, die vor einer Bar auf dem Boden saßen und sich um 2 Uhr nachts über die unmöglichsten Dinge unterhielten, enden würde?

Ich glaube, wohl niemand.

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Endlich geschafft.

& was sagt ihr zum ersten richtigen Kuss? Was denkt ihr über Lanas Gefühlslage? Bereut sie den Abbruch? Oder bereut sie den Kuss?

Lasst es mich gerne wissen. Habt noch einen schönen Abend :)

P.S ich werde versuchen jede Woche mindestens zwei Kapitel zu posten. Aber ich kann euch nichts versprechen, vielleicht erwischt mich noch die nächste Blockade. Wir werden sehen. Ich versuch mein bestes.

New York's Love Where stories live. Discover now