Kapitel 6

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Sorry - Halsey

Der Regen schüttelte in vollen Maßen, als ich die Tür öffnete und davon rannte, aber in diesen Moment war es mir vollkommen egal.

Ich rannte und rannte immer und immer weiter bis ich spürte, wie meine Beine nachgaben und ich auf die Knie fiel.

Der Regen vermischte sich mit meinen Tränen, die ich nicht mehr zurückhalten konnte und ließ meiner Trauer freien Lauf.

Wieso? Wieso konnte ich nicht normal sein und nicht von ihm beeinflusst werden, obwohl er nicht mal da war? Er hatte mich so zerstört, dass ich schon andere Menschen körperlich verletzen musste, weil ich dachte diese Person wäre wie er.

"Wieso verdammt?", schrie ich aus meiner Seele heraus und war sichtlich froh, dass hier keine Menschen zu sehen waren.

Ich lehnte mich an eine Wand und zog die Knie zusammen, sodass ich meinen Kopf verstecken konnte.

Ich konnte nicht mehr. Es wurde mir alles zu viel. Niemals würde ich ein normales Leben führen, wenn ER meine ganzen Gedanken kontrollierte. Niemals konnte ich so sein wie früher. Niemals.

Voller Wucht schlug ich auf die harte Wand und spürte nichtmal den körperlichen Schmerz. Sogar das Blut, das jetzt durch meine Hand strömte, fühlte ich nicht. Stattdessen spürte ich nur den Schmerz, der für immer ein Teil meines Lebens sein würde. Der Schmerz, der mich zu einen verdammten Versager machte, weil ich zu schwach war. Schwach und feige. Genau das war es was ich war.

Ein schwaches Miststück, das sich nicht wehren konnte.

Als ich nach längerer Zeit beschloss, endlich nach Hause zu gehen, war es schon mitten in der Nacht und ich musste morgen aufstehen. Aber ich konnte es nicht. Er hatte es tatsächlich soweit gebracht, dass ich überlegte, meinen Traum endgültig aufzugeben. So wie es sich meine Eltern immer gewünscht hatten. Vielleicht hatten sie doch Recht. Vielleicht hatte er Recht mit allem, was er mir vorgeworfen hatte. Ich konnte einfach überhaupt nichts.

Dieses Gefühl verfolgte mich den vierten Tag meines angeblichen Neuanfangs wie eine hungrige Hyäne ihre Beute. Trostlos und leer fühlte ich mich. Es war, als hätte mich die Vergangenheit eingeholt.

Ein kleines Vibrieren holte mich wieder in die Gegenwart zurück und genervt schaltete ich mein Handy an.

Ich sah nur auf der Aufschrift "Claire" und schon wischte ich nach rechts, um ihren Anruf entgegenzunehmen.

"Claire.", sprach ich schniefend.

"Lana? Was ist passiert? Gehts dir gut?", fragte sie mich mit besorgter Stimme und schon musste ich schluchzen.

"Ich kann es nicht. Ich kann einfach nicht mehr.", machte ich ihr deutlich und wischte meine Tränen weg.

Ich hörte wie sie scharf ausatmete.

"Ich wollte es wirklich versuchen, Claire. Wirklich. Ich hab hier sogar gute Freundinnen gefunden, die mich sofort herzlich aufgenommen haben, aber es funktioniert nicht. Ich hab wirklich alles versucht, aber-" , erklärte ich ihr, aber Claire stoppte mich.

"Nein, Lana. Du denkst, nur dass du es nicht kannst. Aber ich weiß, dass du es kannst, wenn du es wirklich willst. Schau an, was du schon alles erreicht hast."

"Ich hab nichts erreicht, Claire.", meinte ich.

"Achja? Also warst du es nicht, die sich gegen ihre Eltern gestellt hat und denen deutlich klargemacht hat, was sie will? Warst du nicht die, die ganze Zeit dafür geschuftet hat, dass eure Familie etwas zu essen gehabt hat? Warst du nicht, die, die mich angesprochen hat und die Personen, die mich am Boden sehen wollten, fertig gemacht hast? Sag mir Lana, wer war es dann, wenn nicht du?", zählte sie mir auf und ich musste nur kopfschüttelnd lächeln.

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