Kapitel 6

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„Was hast du da gerade gelesen?", fragte sie einfach nach und wechselte so das Thema. „Ein Buch zur Einführung in die Welt der Kultivierung. Wir müssen uns damit vertraut machen und so schnell wie möglich mit dem Training beginnen, sodass wir uns wenn es nötig werden sollte, verteidigen können. Wir sind hier in einer Welt gelandet, in der nur die Macht des Stärkeren regiert. Die Schwachen sind der Gnade anderer ausgeliefert. Noch dazu sind wir auch noch Frauen, weshalb wir noch zusätzlich Schutz brauchen. Es sei denn dir würde es gefallen, entführt zu werden, Zwangsverheiratet oder als Sklavin verkauft zu werden."

Christina schüttelte es bei der letzten Aussage und sie schüttelte schnell ihren Kopf, was ihre blonden Locken elegant hin und her schwingen ließ. „Verstanden. Dann erklär es mir, damit wir gleich beginnen können.", sagte sie mit entschlossener Stimme. Sie würde tun was nötig war, um ihre kleine Schwester und sich selbst vor allem Unheil zu bewahren.

„In dieser Welt kultivieren die Menschen ihr Qi um stärker zu werden. Sie sammeln es aus der Luft in ihrem Dantian, welcher sich etwas über dem Bauchnabel, in der Körpermitte, befindet. Dort wird das Qi gespeichert und durch die Meridiane durch den Körper geleitet."

„Zum einen stärkt das Qi deinen Körper, es macht ihn widerstandsfähiger und mit jedem Level, dass du in deiner Kultivierung aufsteigst, verlängert sich auch dein Leben, bis hin zur Unsterblichkeit, wenn du das letzte Level erreichen kannst, was aber nur sehr selten vor kommt und in dem Land indem wir uns derzeit befinden, noch nie passiert ist."

„Und wie genau funktioniert das nun genau?", fragte Christina interessiert nach. „Du sammelst Qi aus der Luft, indem du durch bestimmte Atemtechniken das Qi aus der Luft, beim meditieren in dich aufnimmst. Irgendwo hier gibt es sicherlich ein Handbuch, das uns diese Techniken beibringen kann. Um ein Level aufzusteigen, müssen wir eine Bestimmte Menge Qi in uns aufnehmen und eine für uns passende Kampftechnik trainieren. Nur wenn wir in beidem diese Stufe meistern, können wir zum nächsten Level durchbrechen."

Noch verstand Christina nicht wirklich was Stefanie meinte und was genau sie nun tun musste, doch mit der Zeit würde sie sich schon anpassen können. „Ich möchte, dass du jetzt mal die Augen schließt und in dich hinein spürst. Versuche ruhig zu atmen und deine Körpermitte zu finden. Wenn du sie gefunden hast, dann sag mir was genau du siehst."

Stefanie wusste aus den Erinnerungen ihrer Vorgängerin, dass sie selbst noch nie in ihrem Leben kultiviert hatte. Es war nicht so, dass sie physisch nicht dazu in der Lage wäre, sondern, dass ihr einfach die Ressourcen dazu gefehlt hatten. Sie war die Tochter eines Bauern, sie hatte keinen Zugang zu irgendwelchen Kampf- oder Atemtechniken. Dementsprechend hatte sie keine Möglichkeit gehabt stärker zu werden.

Es war kein Wunder, dass die starken Familien immer an der Macht blieben und praktisch gesehen unumstößlich waren. Sie hatten die Mittel ihre Mitglieder zu trainieren und sich die Loyalität starker Individuen zu sichern, indem sie ihnen Zugang zu ihren Techniken gaben.

Christina tat worum Stefanie sie gebeten hatte, doch sie wusste nicht wirklich was diese genau von ihr erwartete. Nach zehn Minuten gab sie auf und öffnete ihre Augen wieder. „Ich spüre absolut gar nichts.", sagte sie etwas enttäuscht.

„Kein Problem, ich hatte auch nicht wirklich damit gerechnet, nachdem du gesagt hast, dass deine Vorgängerin nicht ganz klar im Kopf gewesen war. So beginnen wir beide einfach gemeinsam bei null."

Gemeinsam machten sie sich auf die Suche nach einer passenden Atemtechnik für sich, wobei Christina nicht schlecht erstaunt war, zu sehen, auf wie viele verschiedene Arten man atmen konnte.

Nachdem sie sich entschieden hatten, begaben sie sich zur nächsten Etage dieser Dimension, wo sich ein Alchemieraum befand, wie sie ihn auch schon in Christinas Tattoo gefunden hatten, mit der Ausnahme jedoch, dass sie hier eine unglaubliche Menge an Kräutern und anderen Zutaten fanden.

In der dritten Etage befand sich ein Stauraum, anders konnte man es nicht bezeichnen. Sie fanden Fläschchen in denen sich Pillen befanden, deren genauen Nutzen sie noch heraus finden mussten. Auch gab es einige Waffen, auch wenn diese nicht annähernd so zahlreich waren wie in Christinas Waffenkammer.

Stefanie entdeckte auch Kleidung, Schmuck, Möbel und zu ihrem Erstaunen sogar Gold-, Silber und Kupfermünzen, sowie Banknoten zu jeder dieser Währungen. „Diese Dimensionen die wir nun besitzen, müssen zuvor schon einmal einen anderen Meister gehabt haben, anders kann ich mir die Fülle an gesammelten Dingen nicht erklären.", sinnierte Stefanie flüsternd.

„Hey Mopsi, komm mal her und sieh dir das an.", rief Christina aus einer anderen Ecke, der Etage. Stefanie lief zu ihr und bestaunte dann mit großen Augen die riesigen Eier, die sich vor ihr auf einem Tische befanden. Da fehlten ihr die Worte, sie wusste wirklich nicht was sie dazu sagen sollte.

„Was denkst du, was das ist?", fragte Christina nach, doch erhielt keine Antwort. Sie drehte den Kopf, ihrer Schwester zu, was sie zum Lachen brachte. Diese Entdeckung schien sogar mal Stefanie in Erstaunen versetzen zu können. Leicht strich sie ihr über den Handrücken und brachte sie so aus ihrer Starre.

„Ich habe keine Ahnung was das ist, aber ich würde sagen, dass dies Spiritbiester sind. Wieso die hier sind und was wir mit denen machen können, weiß ich nicht. Wir sollten uns später unten in der Bibliothek darüber schlau machen. Wer weiß wie lange die hier schon liegen, wir können wohl davon ausgehen, dass sie nicht unbedingt in nächster Zeit schlüpfen werden."

Stefanie hofft es zumindest inständig. Sie hatten schon genug Probleme damit sich erst einmal an diese neue Welt zu gewöhnen, sie konnten es nicht gebrauchen, sich jetzt auch noch um frisch geschlüpfte Spiritbiester kümmern zu müssen, über die sie absolut nichts wussten. Noch dazu waren sie ihnen vielleicht nicht freundlich gesinnt und sie waren derzeit zu schwach, um einen Kampf zu überstehen, selbst gegen Neugeborene.

„Lass uns zur nächsten Ebene gehen und uns von den Eiern fern halten so gut es geht.", beschloss Stefanie und zog Christina schnell von dem Tisch weg zur vierten Etage.

Was sie dort fanden, erstaunte sie beide. Überall um sie herum befanden sich Pflanzen und Tiere, von denen eine gefährliche Aura ausging. Stefanie beschlich ein ungutes Gefühl und sie machten sich sofort zur nächsten und letzten Ebene auf den Weg.

Dort fanden sie etwas, was außerhalb ihrer Vorstellung war. Ein Operationstisch, chirurgische Instrumente, Infusionen, Medikamente, Blut, ja sogar Organe entdeckten sie, die in einer hellen Flüssigkeit in Gläsern waren und eindeutig lebendig waren, die Herzen schlugen noch, die Lungen blähten sich wie beim Atmen immer wieder auf.

Es war unheimlich, wie in einem Gruselkabinett. Wenigstens war alles vollkommen sauber und es gab nirgendwo irgendwelche ekligen Blutflecke. „Wäre eine von uns Chirurgin, dann würde uns dieser Raum sicherlich in der Zukunft nützlich sein.", war Christinas Kommentar. Perplex und mit offenem Mund starrte Stefanie ihre große Schwester an und schüttelte den Kopf.

Was war das denn für eine sinnlose Aussage? Sie war vollkommen überflüssig, denn keine von ihnen war Ärztin. Zwar konnten sie im Notfall Wunden vernähen, doch dies war auch schon alles, abgesehen von der Ersten Hilfe, die jeder konnte, der einen Führerschein gemacht hatte.

„Lass uns zurück zur ersten Ebene gehen, die Atemtechniken schnappen und dann zurück in meine Dimension verschwinden. Ich kann mir vorstellen, dass es einfacher ist, im Freien zu trainieren, wo man sich richtig entspannen kann und nicht fürchten muss, von schlagenden Herzen verflucht zu werden."

Wie es aussah nahm dieser Raum Christina doch mehr mit, als Stefanie für einen kurzen Moment gedacht hatte. Sie war seltsamer Weise erleichtert darüber.

Gemeinsam mit meiner Schwester in einer fremden WeltWhere stories live. Discover now