Kapitel 19

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Christinas Gedanken wurden von lauten Stimmen auf dem Flur vor ihrer Tür unterbrochen. Sie hatte ihre Ruhe haben wollen und sich deswegen extra in ein Separee bringen lassen. Missmutig starrte sie zur Tür, die gerade mit Wucht aufgeschlagen wurde.

Es trat eine junge Frau von ungefähr 17 Jahren ein und sah Christina von oben herab an, während ihre Augen über ihrer Körper wanderte und sie ganz genau musterten.

Verachtenswert schnaufte Melanie, als sie die billige Aufmachung des Mädchens in ihrem Raum sah. Sie streckte die Brust raus und hob ihre Nase noch etwas weiter an bevor sie sprach: „Dies hier ist mein Raum. Verzieh dich also."

Christinas Augen blitzten, als sie das Mädchen erkannte, doch sie ließ sich nichts davor anmerken. Langsam stand sie auf und ging auf sie zu, ohne ein Wort zu sagen. Stattdessen richtete sie sich an den Kellner, der ein betretenes Gesicht machte, man konnte ihm ansehen wie unangenehm ihm diese Situation war und auch wie leid es ihm tat.

„Führt mich bitte in einen Eurer anderen Räume. Wenn diese junge Dame darauf besteht in diesem Zimmer zu speisen, dann werde ich weichen. Wer bin ich auch, mich mit einem Mädchen um so etwas Lächerliches wie ein Speisezimmer zu streiten." Sie betonte das Wort Mädchen extra, um noch einmal zu betonen, dass sie das Verhalten von Melanie sehr kindisch fand und sich nicht auf dieses Niveau herab lassen würde.

„Hier entlang bitte, ehrenwerte Dame.", sagte der Kellner während er sich verneigte und sie den Flur entlang führte.

„Bleib sofort stehen.", schrie Melanie in schriller Stimme. Ihr Gesicht war mittlerweile feuerrot, vor Scham und Wut. Noch nie in ihrem Leben hatte jemand ihre Person so sehr missachtet wie in diesem Moment. Normalerweise überschlugen sich die Leute, um auf ihre gute Seite zu fallen und erhofften sich daraus Vorteile in der Zukunft ziehen zu können.

Christina blieb stehen, doch sie machte sich nicht die Mühe, sich umzudrehen. „Wie kann ich Euch sonst noch behilflich sein, junge Dame?", sprach sie in monotoner Stimme frei jeglicher Emotionen.

„Knie vor mir nieder und fleh um Verzeihung, vielleicht bin ich dann bereit dir dein erbärmliches Leben zu lassen." Melanie wollte sehen wie sich dieses aufgeblasene billige Miststück, hier vor all den Gästen blamierte. Erst dann würde sie ihr für ihren Affront das Leben nehmen.

Christina seufzte in sich hinein. Eigentlich hatte sie mit Stefanie beschlossen, mit der Familie ihrer Vorgängerin keinen direkten Konflikt anzufangen, doch „ihre" Cousine, die dem Original das Leben genommen hatte, legte es wirklich darauf an.

Ergeben drehte sich Christina um, ließ sich elegant auf die Knie fallen und verneigte sich so tief vor diesem Mädchen, dass ihre Stirn den Boden berührte. Eigentlich sollte diese Position ihre Unterlegenheit darstellen, doch ohne dass es Christina selbst bewusst war, strahlte sie selbst in diesem Moment noch eine unbegreifliche Grazie aus.

Und genau in dieser Sekunde trat Stefanie durch die Tür des Teehauses, gemeinsam mit den zwei Kindern, David und Stefanus, den sie zuvor auf der Straße getroffen hatte. Als sie sah wie Christina sich verneigte, war sie kurz verwirrt, doch dann brach sie in schallendes Gelächter aus, ließ die Hände der Kinder los und reichte sie an Stefanus weiter.

Nur kurz tippte Stefanie mit ihrem Fuß auf den Boden und schon schwebte sie elegant durch die Luft und landete direkt vor ihrer Schwester. Mit belustigt funkelten Augen hockte sie sich neben Christina und sah auf sie hinab.

„Sag mal, was machst du denn da?", fragte sie mit einem Lachen in der Stimme nach und zog ihre Schwester am Arm mit sich wieder auf die Beine. „Die junge Dame, meinte ich müsse mich bei ihr entschuldigen, also habe ich das getan."

Stefanie zog eine Augenbraue unter ihrer Maske hinauf und sah zu dem jungen Mädchen, das Christina gegenüber stand und sie wütend anstarrte. Sofort wurden ihre Augen kalt und sie schnallte missbilligend mit der Zunge. „Und was für einen Grund könnte es geben, dass du dich bei dieser jungen Dame entschuldigen solltest?", fragte Stefanie nach, während sie ihren stechenden Blick keine Sekunde von der Jugendlichen nahm.

„Wie es scheint saß ich in dem Raum, in dem sonst immer diese junge Dame speist, wenn sie dieses Lokal besucht. Sie bestand darauf, dass ich ihn für sie frei mache und da es mir zu kindisch ist mich wegen einer so trivialen Sache zu streiten, bat ich den Kellner mir einen anderen Raum zuzuweisen. Danach hielt sie mich noch mal auf und wollte dass ich mich entschuldige."

Stefanie dachte kurz nach, doch ihr fiel einfach kein Grund ein, weshalb ihre Schwester auf diese Weise reagiert hatte. Sie verstand, dass sie den Problemen mit diesem arroganten Kind einfach aus dem Weg gehen wollte, doch dass sie so weit ging, sogar auf die Knie zu gehen?

„Und wieso bist du dieser Aufforderung nachgekommen?", fragte sie etwas ungehalten nach. „Weil ich endlich meine Ruhe haben wollte. Ich dachte wenn ich einfach mache was sie sagt, dann würde sie endlich die Klappe halten und mich in Frieden lassen. Ich sehe keinen Grund weshalb ich mich, wegen der Launen eines Kindes aufregen sollte.", gab Christina etwas lauter als nötig zurück.

Eine von Stefanies Mundwinkeln verzog sich nach oben und sie nickte zustimmend. „Du hast Recht. Lass uns jetzt in unseren Raum gehen und etwas essen." Stefanie drehte sich einfach von dem wütenden Mädchen weg, dessen Gesicht immer wieder die Farbe zwischen weiß und rot wechselte.

Melanie konnte nicht fassen, was in den letzten Minuten passiert war. Noch nie wurde sie in ihrem ganzen Leben so sehr beschämt, wie von diesen zwei Frauen. Als sie ihr dann auch noch einfach den Rücken kehrten, setzte etwas in ihr aus. Melanie zog ihr Schwert und rannte mit erhobener Waffe auf diese Miststücke zu. Sie würde sie für diese Beschämung mit ihrem Leben bezahlen lassen.

Christina erkannte die Absicht „ihrer" Cousine, schob in einer fließenden Bewegung Stefanie hinter sich während sie sich umdrehte, fing mit der linken Hand das Schwert ihrer Gegnerin ab und versetzte ihr mit der flachen Hand einen Stoß gegen die Brust. All dies geschah in der Zeit eines Augenzwinkerns, so schnell bewegte sie sich.

Melanie flog mehrer Meter durch die Luft und landete mit einem harten Aufprall an der Wand. Hustend spuckte sie Blutstropfen durch die Luft und versaute sich damit nicht nur ihre teure Kleidung, sondern auch ihr Gesicht, welches nun aschfahl war.

Christina übte etwas mehr Kraft auf die Klinge in ihrer Hand aus und zerschmetterte so das Schwert in hundert Einzelteile. Kopfschüttelnd drehte sie sich wieder um und setzte sich mit Stefanie wieder in Bewegung, als hätte dieser Zwischenfall in der letzten Sekunde gar nicht statt gefunden.

„Jemand sollte mal zu den Eltern dieser jungen Dame gehen und ihnen erklären wie man seine Kinder ordentlich erzieht, damit sie nicht auf sinnlose Weise eines frühen Todes sterben. Der Nächste wird vielleicht nicht so gnädig sein wie ich und ihr Leben verschonen."

Stefanie musste sich ein Lachen verkneifen. Dies nannte Christina Gnade? Sie hatte diesem Mädchen mit ihrem Angriff die Rippen zertrümmert, ihre Lunge ist kollabiert und sogar ihr Herz hat einigen Schaden davon getragen. Wenn sie nicht in der nächsten Stunde behandelt wird und eine authentische Heilpille zu sich nimmt, wird sie trotzdem sterben.

Stefanie war etwas verunsichert, wegen dem Verhalten ihrer großen Schwester, doch sie war sich sicher, dass sie dafür einen guten Grund hatte. Und ihrem Image hatte es auf jeden Fall keinen Schaden zugefügt.

Gemeinsam mit meiner Schwester in einer fremden WeltWhere stories live. Discover now