Senna Quince | Kapitel 30

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Was tat ich da?
War ich komplett übergeschnappt?
Verwirrt über mich selber schreckte ich von Tway zurück und schaute schnell weg, da ich seinen erstaunten Blick nicht sehen wollte. 
„Wir... wir sollten los.“; stammelte ich dahin. 
„Senna...“, versuchte es Tway, doch ich redete einfach weiter. 
„Zwei Kanonenschüsse könnten die anderen verwirren. Wir sollten sie nicht warten lassen.“ 
Gerade als ich aufstehen wollte, griff er meinen Arm und hielt mich so mit auf. 
Verdammt. 
„Schau mich an Senna.“, bat er, doch ich schüttelte nur den Kopf. 
Wie dumm war ich eigentlich? Reichte es nicht, dass ich mich in einen meiner Mittribute verliebt hatte, musste ich ihn auch noch küssen? Was dachte er nun von mir? Wahrscheinlich würde er mich ermahnen, dass wir für so etwas keine Zeit hatten oder mich sogar aus lachen. 
Tränen wollten sich in meinen Augen bilden, als seine Finger sich an mein Kinn legten und mich sanft zwangen zu ihm zu sehen. 
Ich nahm meinen letzten Mut zusammen und gab ihn nach. 
Sanft blickte er mich an, strich über meine Wange. Dinge die ich ihm nie zugetraut hätte. 
„Nicht weglaufen.“, flüsterte er und ich verstand im ersten Moment nicht wirklich was er meinte. 
Im nächsten lagen seine Lippen jedoch auf meinen. Ich brauchte eine Sekunde, ehe ich es überhaupt realisierte. Doch danach erwiderte ich den Kuss und lehnte mich erleichtert gegen ihn. 
Einen Moment gab ich mir, indem ich einfach nur genoss was hier passierte. In dem ich die Realität weit von mir schob, konnte ich die wertvollen Sekunden in mich aufsaugen.
Auch wenn der Kuss lange dauerte, schien es viel zu kurz und ich hätte mich am liebsten nicht von ihm gelöst. 
Doch wir mussten weiter; das sah ich auch in seinen Augen. 
„Jetzt haben sich die Spiele höchstens gelohnt.“, spaßte er, weswegen ich ihn gegen die Schulter boxte.
„Sag lieber wie schlimm die Verletzung ist.“, brachte ich heraus, auch wenn ich dabei rot anlief. 
Erst jetzt blickte er selber auf seine Brust und schien mir zu liebe ernsthaft darüber nachzudenken. 
„Wir sollten uns darum kümmern, wenn wir zurück bei den anderen sind, damit es sich nicht entzündet, aber verbluten ist nicht drin. Tut mir Leid.“
Erleichtert seufzte ich auf, ehe ich ihn nach oben half. Schließlich mussten wir weg von den beiden toten Tributen, damit sie abgeholt werden konnten. 
Weit kamen wir jedoch nicht. Mein Blick fiel nur durch das Fenster und ich sah die dichte Nebelwand, die sich vor der Tür gebildet hatte. 
„Findest du da durch?“, fragte ich Tway, auch wenn ich die Antwort bereits wusste. 
Diese Nebelwand war zu dicht. Sie war dafür gemacht, dass wir uns verirrten oder hier fest saßen. Anscheinend wollten die Spielmacher uns noch nicht zurück lassen.
Tway schüttelte in dem Moment auch schon den Kopf.
„Sie wollen uns getrennt halten.“, bestätigte Tway mir, was nicht unbedingt aufmunternd war. 
„Dann sollten wir hier bleiben, oder?“, erkundigte ich mich. 
Es würde nichts bringen da draußen herum zu irren, nur mussten wir dann auch die beiden Leichen hier raus bringen. 
Seufzend erhob sich Tway neben mir, was Antwort genug für mich war.
Schweigend folgte ich ihm, da mir bewusst war, dass seine Verletzung ihn behindern würde. Jedoch war er ebenso wie ich. Also würde er es auch versuchen nicht zu zeigen. 
Deswegen griff ich auch sofort zu, als er den Jungen aus Distrikt Acht unter den Schultern alleine packen wollte. Zwar funkelte er mich kurz an, doch ich ließ mich nicht einschüchtern. 
„Wir müssen sowieso zusammen bleiben, also können wir sie auch gemeinsam raus schleifen.“, konterte ich, woraufhin er weiterhin brav schwieg.
So brauchten wir vielleicht länger, bis wir fertig waren, aber immerhin war Tways Wunde nicht weiter aufgerissen, als er sich in die hinterste Ecke der Lagerhalle fallen ließ. 
Ich sammelte die wenigen Habseligkeiten der beiden Tribute ein und löschte das Feuer. Es musste uns nicht auch unbedingt jemand finden. 
Immerhin hatten die beide irgendwo einen Schlafsack auf getrieben, der nun mir gehörte. 
Ich zog ihn mit zu Tway, der sich gegen die Wand gelehnt und die Augen geschlossen hatte. 
„Zeig mal deine Wunde.“, befahl nun ich, was immerhin dazu führte, dass er ein Auge wieder öffnete. 
„Wir kommen nicht so schnell zurück, als müssen wir jetzt machen, was wir können. Hast du was mitgenommen?“, fragte ich, griff aber bereits nach seinen Rucksack, den er neben sich abgestellt hatte. 
Wie erhofft, war alles da. Verband, Wasser und auch etwas zum reinigen. Tway dachte eben immer an alles, was ihn eindeutig zu einen der Favoriten machte. 
Etwas anderes viel mir jedoch ebenfalls ins Auge. 
„Du hast meine Salbe mit eingepackt?“
„Ich wusste ja nicht, ob du wieder nur so tust, als würde es dir gut gehen.“, grinste er schulterzuckend und ich musste auch lächeln. 
Er hatte sie für mich mit genommen. Nicht für sich selber, jedoch würde ich sie genau dafür verwenden. 
„Shirt ausziehen.“, brachte ich wieder hervor und versuchte dabei nicht rot zu werden. 
Tway fiel es aber natürlich auf. 
„Sag doch gleich, auf was du hinaus willst.“, spaßte er, weswegen ich ihn an funkelte. 
Jedoch folgte er auch brav in der nächsten Sekunde meiner Anweisung, weswegen ich nicht versuchte, ihn einfach anzustarren. 
Irgendwie schaffte ich es sogar, mich an den Unterricht in der Akademie zu erinnern, wie man mit solchen Wunden umging und war am Ende mit meiner Arbeit zufrieden. 
„Danke“, meinte Tway und ich lächelte ihn wieder einmal an, wie ich feststellte. 
Ich hatte nie viel gelächelt; dachte Finnick und Maze hätten das meiste davon schon hervor gebracht aber bei Tway war es noch einmal einfacher. 
Den Schlafsack nutzend, um uns warm zu halten, setzte ich mich neben ihm und wusste nicht wirklich was ich sagen sollte. Woher sollte ich auch wissen, ob der Kuss für ihn die gleiche Bedeutung hatte, wie für mich?
Als sich sein Arm um mich legte, kuschelte ich mich jedoch wie von alleine näher an ihn. 
„Warum waren wir so dumm und haben uns freiwillig gemeldet?“, rutschte es mir heraus, aber es war die Wahrheit. 
„Weil alle gesagt haben, dass es das beste ist, was wir machen können.“, erwiderte Tway, was mich erstaunte, „Ehre für den Distrikt und so.“
Die Art wie er es sagte, lies mich schmunzeln. 
„Bereust du es?“, wollte ich wissen. 
„Nein.“ 
Es kam schnell und überzeugend aus seinem Mund, weswegen ich zu ihm aufsah. 
„Im Gegensatz zu euch war mir ziemlich früh klar, dass ich hier nicht mehr lebend raus komme.“
„Wir alle wussten, dass es gefährlich ist.“, erinnerte ich ihn schmollend. 
„Das meinte ich nicht. Der Moment war, als ich dich bei deinen Paradewagen stehen sah. Da wusste ich, dass ich verloren hab.“
„War ich so angst einflößend?“
„Es war etwas was du ausgestrahlt hast. Ich wusste, du könntest gewinnen und ich wollte dir dabei helfen?“
Helfen? Er wollte mir von Anfang an helfen?
„Warum?“, konnte ich meine Neugierde nicht zurück halten. 
„Denk jetzt nicht ich komm mit irgendwas romantischen, wie Liebe auf den ersten Blick.“, scherzte er kurz, ehe Tway wieder ernst wurde, „Aber als ich dich gesehen habe, machte auf einmal alles Sinn. Warum ich wirklich hier war.“
„Willst du damit sagen, dass du von Anfang an geplant hast zu sterben?“
„Es kann nur einer gewinnen oder?“, gab er wage zurück. 
„Ich wünschte die Spiele würden nicht existieren.“, gestand ich auch wenn ich wusste, dass Zuschauer zuhörten oder zumindest die Spielmacher. 
„Dann hätten wir uns nie getroffen.“ 
Mein Blick wanderte wieder zu seinen Augen in denen ich nur allzu gerne versank. 
„Das ist ja das Problem.“, gestand ich leise. 
„Ist es so schlimm, dass du mich kennen gelernt hast?“
„Nein, eher das Gegenteil.“, druckste ich immer noch herum, weil ich es mir selber nicht eingestehen wollte. Ich mochte Tway nicht nur, es schien als wäre er meine zweite Hälfte. 
„Es ist eher, dass ich glaube, nicht mehr ohne dir Leben zu wollen.“
„Das macht meinen Plan, dich zur Siegerin zu machen, jetzt aber einen erheblichen Strich durch die Rechnung.“
Kurz starrte ich ihn erstaunt an, ehe ich über seinen Sarkasmus sogar lachen musste. 
Einen Moment stimmte er ein, ehe er mich fester an sich zog und einen Kuss auf meinen Scheitel hauchte, was sich unglaublich gut anfühlte. 
„Dann wird es wohl Maze werden oder bist du jetzt sauer auf ihn, weil er nicht mit wollte?“, nahm er meine Entscheidung einfach schneller an, als ich es selber verkraftet hatte. 
Es zeigte mir, dass er wirklich schon lange mit seinem Leben abgeschlossen hatte. Faszinierenderweise störte auch mich der Gedanke nicht so sehr, wie ich gedacht hätte. 
Maze wäre besser als Gewinner. Er konnte Finnick helfen. 
„Klingt gut.“, gestand ich deshalb. 
„Dann ist es abgemacht. Wir hoffen, dass wir wieder zu den anderen kommen und dann für Maze kämpfen.“, schloss er den Pakt. 
Es fühlte sich gut an. Endlich hatte ich einen Plan in dieser Arena, nun musste ich ihn nur noch ausführen können. 
„Und jetzt?“, fragte ich wieder nach einer Weile des Schweigens. 
„Jetzt könnten wir unsere kostbare Zeit nutzen.“, gab Tway zurück und im nächsten Moment lagen seine Lippen wieder auf meinen. 
Wir hatten nicht lange miteinander, also warum darüber aufregen, wenn wir sowieso nichts dagegen tun konnten.

Senna Quince | Geboren um zu töten Where stories live. Discover now