Gemeinsame Leichtathletik

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Olivia p.o.v.

Es waren bereits mehrere Tage vergangen und noch immer herrschte diese Anspannung zwischen uns.
Ich hasste es. Aber was konnte ich schon dagegen tun?
Ich traute mich einfach nicht, Alessandro darauf anzusprechen.
Hatte Angst davor, was er antworten würde.

Was, wenn er sagte, er hätte endlich realisiert, dass ich nicht geeignet war für ihn?
Ich könnte es nicht ertragen.
Also nahm ich doch lieber mit dieser Anspannung zwischen uns vorlieb.
Auch wenn ich dabei beinahe verrückt wurde.

Heute war wieder Donnerstag. Ich war gerade in der Umkleide und zog mich fürs Leichtathletik-Training um.
Dabei stritten sich die Gedanken in meinem Kopf wie immer in den letzten Tagen.

Vor allem aber musste ich mich noch mit einer anderen Sache beschäftigen:
Heute Nacht war Vollmond.
Ich hatte es schon die letzten Tage gespürt, wie jeder Werwolf. Aber durch dieses ganze Gefühlschaos hatte ich es verdrängt.

Dabei sollte ich endlich anfangen, mir Gedanken zu machen.
Alessandro würde bestimmt wollen, dass wir uns zusammen verwandelten.
Er suchte zwar den Abstand zu mir, war aber noch immer ganz der Beschützer. Der Beschützer aus der Ferne.
Auch wenn diese Ferne manchmal nur einen Meter betrug.

Doch ich konnte mich nicht mit ihm zusammen verwandeln.
Er würde bemerken, dass etwas anders war.
Bei einem normalen Werwolf verschwanden die Schmerzen bei der Verwandlung mit der Zeit. Je öfter sie sich verwandelten, desto leichter und schneller ging es vonstatten.

Tja. Bei mir war es genau andersrum. Jede Verwandlung war schlimmer und schmerzvoller als die letzte.
Sie dauerte. Was bei einem geübten Werwolf in ein paar Sekunden geschah, dauerte bei mir Minuten.
Das ließ sich nicht so einfach verstecken.

Und ich konnte es nicht zulassen, dass Alessandro Fragen stellte. Mich so besorgt anschaute - die ganze Zeit.
Das könnte ich nicht aushalten.
Also musste mir bis heute Nacht eine Lösung einfallen.

Zusammen mit den anderen ging ich in die Sporthalle. Einige hatten mich schon gefragt, was mit mir los sei.
Natürlich blieb nicht unbemerkt, dass ich die meiste Zeit abwesend war.
Aber ich hatte nur geantwortet, ich sei ziemlich müde.
Sie hatten nicht weiter nachgehakt. Und dafür war ich ihnen dankbar.

In der Halle waren schon die Jungs versammelt. Doch etwas war anders.
Nach einem Moment wurde mir auch klar, was.
Da saß Alessandro. Was, verdammt, machte er hier?
War es nicht schon genug, dass ich die ganze Zeit an ihn denken musste? Musste er jetzt auch noch in der Realität auftauchen?

Ich versuchte, mir nichts anmerken zu lassen und setzte mich mit den anderen auf die Bank.

"Guten Tag, meine lieben Läufer.", begrüßte uns Herr Schäfer. "Wir dürfen heute ein neues Mitglied zu uns zählen. Darf ich vorstellen: Alessandro."
Hier blickte jeder zu Alessandro hin. Jeder außer mir. Ich gab mich gleichgültig. Auch wenn ich das ganz und gar nicht war.

"Nun, da heute wieder so ein schönes Wetter ist, werden wir rausgehen. Den Waldweg entlang. 25 min."

Und damit scheuchte er uns auch schon heraus. Wir stellten uns auf und als er pfiff, liefen wir los.

Vielleicht war es dumm, schnell zu laufen. Schließlich wurde ich vor nicht allzu langer Zeit genau hier entführt.
Aber ich konnte es einfach nicht ertragen, Alessandro so nah bei mir zu wissen.
So nah und doch so weit entfernt.

Also lief ich schnell genug, dass ich irgendwann nicht mehr die anderen hinter mir hörte.
Ich atmete erleichtert aus.
Doch ich hatte mich zu früh gefreut.
Alessandro tauchte neben mir auf.

I'm sorry, MateWhere stories live. Discover now