Schutz

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Olivia p.o.v.

Der Schmerz war nur noch wie eine vage Erinnerung. Alles war dunkel um mich herum. So friedlich. So schön.
Ob ich wohl schon tot bin?, fragte ich mich träge.

Aber gleich vergaß ich die Frage wieder. Denn diese schöne, ruhige Dunkelheit um mich herum bekam plötzlich Risse.
Ich hörte Stimmen. Zuerst nur ganz undeutlich, ganz leise, kaum zu vernehmen. Aber dann immer lauter.

Mit den Stimmen kam der Schmerz. Meine Handgelenke...ich stöhnte leise auf vor Qual. Eine Amputation ohne Betäubungsmittel konnte nicht schmerzvoller sein.
Davon war ich überzeugt.

Plötzlich legten sich kühle Finger auf meine Handgelenke. Bei der Berührung zuckte ich unwillkürlich zusammen. Scheiße, tat das weh.
Doch sogleich wurde das peinigende Brennen durch sanfte Kühle erlöst. Ein erleichtertes Seufzen entwich mir und ich sank in die weiche Unterlage unter mir.
Diese Kühle...die war genau richtig. Mit jeder weiteren Sekunde wurde der Schmerz immer leichter, immer weniger. Wurde ersetzt durch diese schöne Kühle.

Irgendwann war der Schmerz ganz verschwunden und mit ihm die heilende Kühle.
Jetzt spürte ich nur noch Erschöpfung. Maßlose Erschöpfung. Als wäre ich seit Tagen konstant auf den Beinen. Als wäre alle Energie meines Körpers nun über alle Maßen aufgebraucht.

Wieder umschloss mich die Dunkelheit und nahm mich ganz in ihre Fänge. Trug mich weg von allen Gefühlen, allen Empfindungen. Bis ich gar nichts mehr spürte. Und es nur noch diese Dunkelheit gab.

"....das normal? Dass sie solange schläft?", Eine besorgte Stimme durchdrang die Dunkelheit.
Eine vertraute Stimme. Mate, flüsterte es in mir. Ja. Er war mein Mate. Mein Ein und Alles.
Ich wollte ihn sehen, also öffnete ich die Augen. Helles Licht blendete mich. Schnell kniff ich die Augen wieder zusammen.

"Olivia.", diese schöne Stimme erklang neben mir.
Gleichzeitig hörte ich Schritte, die sich entfernten. Aber das war mir egal. Nur die Person neben mir interessierte mich.

Ich blinzelte, um ihn endlich sehen zu können.

"Alessandro.", wollte ich flüstern. Aber heraus kam nur ein Krächzen.

Endlich hatte ich die Augen offen. Alessandro nahm vor mir Gestalt an. Lächelnd hielt er mir ein Glas hin.

"Trink das.", forderte er mich sanft auf.
Dankend wollte ich ihm das Glas abnehmen und hob den Arm. Dabei fiel mein Blick auf mein Handgelenk. Überrascht hielt ich den Atem an.
Mein Handgelenk sah aus wie mein Handgelenk.
Das sollte mich nicht verwundern, aber ich hätte schwören können, dass ich mit Silberfesseln gefesselt gewesen war.

Oder hatte ich das etwa alles nur geträumt? Wie konnte mein Handgelenk so schnell heilen? Eine Silberverletzung brauchte nämlich viel länger als eine normale Verletzung, um vollständig zu verheilen. Das konnte ganze Monate dauern. Und oft blieb eine Narbe zurück. Besonders bei einer so langen Silberfolter wie ich sie erlebt hatte.

Oh mein Gott. Ein schrecklicher Gedanke kam mir in den Sinn. Was, wenn Monate vergangen waren? Wenn ich im Koma gelegen hatte?
Aber trotzdem hätte da eine Narbe sein sollen. Oder...nein, das konnte nicht sein. Hatte ich etwa die Entdeckung eines Heilmittels gegen Silberfesseln verpasst? War so viel Zeit vergangen?

Entsetzt sah ich Alessandro an.

"Welches Datum haben wir heute?"
Ein wenig verwirrt blickte er zurück.

"Den 16. März, wieso? Heute ist Freitag. Du hast ungefähr 20 Stunden geschlafen."

Ich blinzelte. 20 Stunden? Also keine Monate?

I'm sorry, MateWo Geschichten leben. Entdecke jetzt