Ego vs. Ego

31|Momo

𝙻 𝙸 𝚈 𝙰

Dank Tolgas ununterbrochenem Drang danach Witze zu reißen, verging sowohl dieser, als auch der nächste Block, welchen wir drei ebenfalls gemeinsam hatten, wie im Flug.

Es ist immer wieder witzig zu sehen, wie die Schüler im Unterricht immer alle da saßen, wie kleine Soldaten und in der Sekunde des Klingeltons gleichzeitig aufsprangen und wie bei Ameisen das übliche Gruppieren stattfand.

Ich war eigentlich nie ein Gruppenmensch. Ich hab mich zwar immer mit allen gut verstanden aber so wirklich angefreundet habe ich mich immer nur mit ein oder zwei Personen. Meistens waren das Jungs. Ich hab mich schon immer viel schneller mit Jungs gut verstehen können, als mit Mädchen, weswegen es für mich jetzt ziemlich ungewohnt aber gleichzeitig ein sehr schönes Gefühl war Ela, Evra und Damla zu haben.

,,Pooopel? Bist du noch da?", riss mich Enes' Stimme aus meinen mal wieder vollkommen belanglosen Gedanken. ,,Träumst du von mir ?" ,,Halt die Schnauze Enes!", schüttelte ich genervt den Kopf. Ein weiteres bekanntes Gesicht aus Enes Gummibärenbande kam auf uns zu und begrüßte die beiden Jungs mit einem Handschlag. Er reichte mir ganz höflich die Hand, da ich ihn bisher noch nicht kennengelernt hatte. Er ist jedenfalls der, der jeden Tag in einem Adidas Anzug rumläuft.
,,Serkan", stellte er sich vor ,,Aliya", schüttelte ich seine Hand. ,,Weiß ich doch. Bist an unserem Tisch ne Berühmtheit", sagte er lachend und gab Enes einen Stoß mit der Schulter um ihn aufzuziehen. Ich fing an leicht zu husten, da ich gerade einen Schluck von meiner Caprisonne nehmen wollte aber Serkans Kommentar mich zum lachen brachte.
Ich sah schmunzelnd zu einem genervten, kopfschüttelnden Enes.

Nur noch eine Stunde Liya. Nur noch eine einzige Stunde aushalten, dann kannst du nach Hause, dachte ich mir die ganze Zeit über, während ich in meinem letzten Unterricht saß.
Ich versteh' das nicht. Ich sah auf die Uhr, ich wartete gefühlt 20 min, sah wieder auf die Uhr und es ist eine Minute vergangen. Dieser Lehrer war echt langweilig, aber immerhin war ich nicht alleine, sondern mit Caner. Er kann manchmal etwas komisch drauf sein. Etwas aufdringlich.. und er ist echt nicht der Hellste im Kopf aber ansonsten ist er nett.

,,Guck mal ich zeig' dir einen Trick", flüsterte er mir zu. Ich sah ihn fragend an. ,,Guck ich zeig's dir. Gib mal deine Hand!" Ich reichte ihm meine Hand und wartete gespannt auf einen coolen Trick, als er einfach seine Hand mit meiner verschränkte und nicht los ließ.
,,Diesen Trick nennt man den... Händchenhalter", ließ er mich wissen.

Der alberne Name seines dummen Tricks brachte mich zum lachen, während er immer noch meine Hand hielt und ich vergeblich versuchte mich aus seinem Griff zu lösen.
,,Caner! Aliya!", schrie der Lehrer, da wir uns schwer taten unser Lachen zurückzuhalten... und das nicht zum ersten Mal in diesem Unterricht.
,,Raus! Ihr stört den Unterricht!"

Wir beide liefen schamvoll aus dem Klassenzimmer und brachen draußen vor der Tür wieder in Gelächter aus. Die Situation war noch nicht einmal so witzig, aber der Umstand, nicht lachen zu dürften, machte alles ums hundertfache lustiger.

Wir beruhigten uns nach einigen Minuten und da war die Stunde auch schon vorbei.

,,Was wolltest du mich eigentlich fragen ?", fiel mir ein, als wir gerade zur Ausgangstür liefen.

,,Ach ja stimmt", er pausierte kurz. ,,Du kommst doch eigentlich aus Berlin, oder" ,,Ja?!"
,,Und du warst doch auf dem Max-Planck-Gymnasium oder ?", stellte er fest.
,,Woher weißt du das ?", war ich sehr verwirrt.
,,Ich hab einen Kumpel dort. Wollte fragen, ob du ihn kennst" Das war jetzt das so Wichtige, was er mich fragen wollte ? Ob ich seinen Kumpel aus meiner alten Schule kannte ?

,,Wie heißt denn dein Kumpel?", fragte ich, obwohl ich eigentlich überhaupt nicht daran interessiert war.

,,Momo", grinste er mich an.

Plötzlich blieb ich wie festgenagelt stehen, mir stockte der Atem und mich überrumpelte das Gefühl von einer unbeschreiblichen Kälte am ganzen Körper. Ich sah wahrscheinlich aus, als hätte ich einen Geist gesehen. Ich hielt ihn am Arm fest, als wir draussen stehenblieben.

,,Was habt ihr geredet ?", fragte ich ihn.
,,Er meinte halt, dass er dich sehr gut kennt. Ihr wart beste Freunde ? Ich soll dir ausrichten, dass er dich schon vermisst und du dich mal melden sollst", teilte er mir mit.
,,Weiß er wie unsere Schule heisst ? Weiß er, dass wir zusammen auf die Schule gehen? Hat er noch irgendwas gefragt oder gesagt ?",wurde ich immer unruhiger.
,,Ja, ich meinte wir gehen auf die selbe Schule.. aber ob er weiß wie unsere Schule heißt.. keine Ahnung.. hab ich bestimmt schonmal erwähnt. Soll ich es ihm sagen ?"

,,Nein! Auf keinen Fall!", antwortete ich.
,,Liya ist alles ok?", fragte er mich. ,,Soll ich dich nach Hause fahren? Du siehst irgendwie blass aus..", bat er mir an und legte seine Hände auf meine Schultern.
,,Eh.. Nein. Du darfst ihm nichts erzählen! Frag nicht wieso! Erzähl ihm einfach nichts. Bitte"

Ich war total neben der Spur und wusste nicht was ich tun oder sagen sollte. Ich nahm gar nicht mehr wahr, dass Caner vor mir stand und dass ich mit ihm sprach. Ich spürte meinen Atem immer unregelmäßiger werden und ich hörte es immer lauter in meinem Kopf werden. Ich hörte beinahe nur noch das Rauschen meines Atems und alle anderen Stimmen so, als wären sie Kilometer  weit  von mir entfernt.

,,Liyaa! Soll ich dich nach Hause fahren ?",hörte ich Caner immer lauter rufen aber ich war wie eingefroren und schaffte es nicht ihm zu antworten. Ich schüttelte nur leicht den Kopf. 

Ich bekam eine Panikattacke.

Ich wollte nicht, dass es für jeden sichtbar war, weswegen ich versuchte meinen Atem zu kontrollieren. Langsam kam ich wieder zu mir.

,,Enes. Wo ist Enes ?", fragte ich nur.
,,Enes?!", rief Caner irritiert. Schon fast wütend darüber, dass ich nach ihm fragte.

,,Was hast du gemacht, du Hund ?!", kam plötzlich Enes dazwischen und schubste ihn kraftvoll von mir weg.
,,Liya was hat er gemacht?!", schrie er mich beinahe an.
,,Nichts , Enes nichts", versuchte ich ihn zu beruhigen.
Sie sahen sich beide überaus wütend an, doch ich zog Enes am Arm schnell wieder weg von ihm.
,,Enes, er hat wirklich nichts gemacht. Können wir nach Hause fahren?", versuchte ich ihn zu beruhigen. Sein Kiefer entspannte sich langsam und er nickte leicht. ,,Sorry, ich.. schreib dir nochmal oder so", teilte ich Caner schnell mit, bevor ich mit Enes zum Auto lief.

Es kam mir etwas verdächtigt vor.. die Art und Weise wie Caner Momo erwähnt hatte.. als würde er bescheid wissen..

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Wer ist Momo ? Was denkt ihr ?
Wieso hat Liya so reagiert ?