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Die Schule war größer als riesig und somit musste ich fragen wo die Cafeteria war, denn ich hatte meine komplette Orientierung verloren. Ein kleines Mädchen war so nett und nahm mich einfach mit. Heute war der erste Tag nach den Sommerferien und ich hatte noch nicht mal den ersten Schultag in diesem Schuljahr überstanden und hatte jetzt schon keine Lust mehr auf Schule und alles, was da noch zugehörte. Das kleine Mädchen, was Leyla hieß, hatte eine runde Brille auf der Nasenspitze sitzen und schulterlange braune Lockenhaare und musterte mich immer wieder, was mir irgendwann echt unangenehm wurde und ich sie deswegen darauf ansprach. ,,Ist was? Habe ich was im Gesicht?" Leyla war sichtlich erschrocken, dass ich mit ihr geredet hatte und musste sich kurz sammeln, bevor sie mir antwortete: ,,Was? Nein. Du siehst perfekt aus und deswegen habe ich mich auch so erschrocken, dass du mich angesprochen hast. Ich bin hier sowas, wie ein Loser und habe keine Freunde, weißt du. Ich werde ständig ausgegrenzt, auch wenn ich bei den Cheerleadern bin. Ich bin einfach ein Streber." Ich streckte Leyla eine Hand hin und lächelte sie freundlich an. Sie war mir gegenüber bisher sehr freundlich gewesen und deswegen wollte ich ihr was zurückgeben und da gäbe es in diesem Moment nichts besseres, als meine Freundschaft. Leyla nahm meine Hand zögerlich und lächelte zurück, wodurch man ihre Zahnspange sehen konnte. ,,Ich bin Payton und wenn du willst können wir auch zusammen an einem Tisch sitzen, denn ich kenn hier niemanden und ich finde nicht, dass du ein Loser bist." Leyla nickte sofort und wir betraten daraufhin, in einem Gespräch vertieft, die Cafeteria. Wir stellten uns an der Essensausgabe an und während Leyla mir von ihrem Cheerleadertraining erzählte, spürte ich immer wieder eine fremde Hand an meinem Hintern. Die ersten Berühren waren vielleicht noch versehentlich, doch die fünfte und sechste waren schon ein Kneifen, weswegen ich mich bei Leyla entschuldigte und mich umdrehte. Dort stand ein Junge mit roten Haaren und sehr vielen Sommersprossen im Gesicht und grinste mich frech an. ,,Hör auf damit!", fauchte ich, den mir nicht bekannten Jungen an. ,,Und was wenn nicht?", gab der Junge daraufhin angriffslustig zurück. Dieser Typ war echt ein Misstkerl. ,,Dann weißt du, wie es ist von einem Mädchen verprügelt zu werden." Der Junge mit den Sommersprossen packte mich nun diesmal mit seiner ganzen Hand am Hintern und zog mich zu sich ran. ,,Davor habe ich keine Angst.", raunte er mir ins Ohr und dachte wahrscheinlich, dass es verführerisch klang, doch da hatte er sich getäuscht. Es klang einfach wie ein Flüstern von einem kleinem Mädchen, was versuchte von Mami und Papi irgendwas zu erbetteln. ,,Lass mich los! Das ist meine letzte Warnung!" Ich wurde etwas lauter, sodass Leyla sich zu uns umdrehte und auf den Typen einredete, der mich immer noch festhielt. Dieser dachte noch nicht mal daran seine Hand von meinem Hintern zu nehmen und legte seine zweite schon an mein Gesicht. Diese Berührungen waren so widerlich, dass ich nicht anders konnte, als auszuholen. Meine flache Hand traf seine Wange mit einem lauten Klatscher, sodass sich noch mehr Schüler zu uns drehten. Sie riefen irgendwas, doch ich guckte nur diesen scheiß Rotschopf an, der sich die Wange hielt. ,,Das wirst du bereuen! Du kommst jetzt mit!" Er zog an meinem Zopf und versuchte mich mit sich zu ziehen, doch es war wahrscheinlich schwerer, als er gedacht hatte. Ich zog meine Haare aus seiner Hand und schlug ihn mit geballter Faust aufs Auge. Es war etwas doller als ich beabsichtigt hatte, doch das war mir egal. Der Typ kam auf mich zu und schlug mir auch ins Gesicht. Ich konnte die meisten seiner nächsten Schläge abwehren, sodass aus unserer Schlägerei eine Rangelei geworden war, die auf dem Boden weitergeführt wurde. Ich hörte Rufe, die mich anfeuerten und andere die sagten, dass der Typ unter mir sich nicht von einem Mädchen verprügeln lassen sollte. Ich versuchte sie so gut es ging auszublenden und dem Rotkopf noch ein letztes mal auf die Nase zu schlagen, bevor ich aufstand. Unsere Prügelei hatte ich eindeutig gewonnen, doch das ersparte mir auch nicht den Besuch beim Direktor.

Mit einem schlechtem Gefühl in der Magengegend trat ich nach Schulschluss in das Büro vom Direktor. Während der letzten Unterrichtsstunden war ich Gesprächsthema Nummer eins in der Schule gewesen und schon alleine der Gedanke daran, ließ mich übel werden. Leyla hatte so gut es geht mich versucht abzulenken, doch das hatte nicht so ganz geklappt, denn ich musste insgesamt neun mal auf die Toilette rennen, um mich jedes Mal fast zu übergeben und nun saß ich hier. Im Büro des Direktors, auf einem unbequemen Stuhl und dann noch neben dem Typen, der keine Ahnung was mit mir machen wollte.

Der Direktor richtete sich ich an mich. ,,So Payton Redwers, erzählen sie doch bitte die Geschehnisse auch aus ihrer Sicht." Der Rotkopf neben mir, funkelte mich böse an, was heißen sollte, dass ich ja nichts Falschen sagen durfte, da mir sonst etwas schlimmes passieren würde oder sowas, doch das ließ mich kalt. Mir war das doch scheiß egal, Hauptsache ich bekam nicht gleich am ersten Tag einen Verweis. Mich wunderte es außerdem, dass ich mich geprügelt hatte, denn das hatte ich seit Jahren nicht mehr gemacht und versuchte mich immer so gut es ging aus solchen Angelegenheiten rausgelassen, doch hier war es anders gewesen. Hier war es Selbstverteidigung.

Als ich dem Direktor alles erzählt hatte, betrachtete er uns beide kritisch und kam dann zu einem Entschluss: ,,Du Max...", so hieß anscheinend der rothaarige Verlierer neben mir: ,,wirst einmal die ganze Hausordnung abschreiben." Ich sah zu Max rüber, der verächtlich schnaubte. Irgendwie tat er mir ein bisschen leid, da ich wusste, dass die Schulordnung lang und nicht gerade groß geschrieben war. Auch Max sah zu mir rüber. ,,Sie können sie ins Footballteam aufnehmen. Wäre doch mal eine schöne Abwechslung." Max sah mich bei seinem ironisch gemeintem Vorschlag an, sprach aber mit unserem Direktor. ,,Die Idee wäre gar nicht mal so schlecht. Unsere Jungs brauchen dringend Unterstützung und sie ist ja stark. Ich meine, wenn sie einen Basketballer verprügeln kann, kann sie das bestimmt auch mit Footballern. Sie ist im Team." ,,WAS?!", riefen Max und ich gleichzeitig aus. ,,Das war nur ein Scherz!", versuchte Max das Vorhaben unseres Direktors zu stoppen, der nach den Telefon griff. ,,Ich weiß, aber mit Training könnte sie richtig gut werden, oder soll ich sie zu euch Basketballern schicken?" Unser Direktor wählte eine Nummer und guckte Max an. ,,Lieber zu uns, als bei den Footballern! Sie wird sich da nur verletzen!" Und was ist mit mir? Mich fragt hier keiner, oder was? Ich fuchtelte mit meinen Händen in der Luft rum, um die Aufmerksamkeit vom Direktor zu bekommen, der mit seinem Telefon sprach und mich mit einer Hand zum Stillschweigen brachte. Nun saß ich auf meinem Stuhl, wie auf heißen Kohlen und konnte noch nicht mal mehr dem Gespräch zwischen unserem Direktor und dem Footballtrainer folgen, in meinem Kopf schwirrten viel zu viele Gedanken rum. Leyla hatte mit heute schon viel erklärt und da waren ganz oft die Wörter: ,Basketballer' und ,Footballer' gefallen. Soweit ich es verstehen konnte, waren die Footballer mit den Basketballern verfeindet, aus unerklärlichen Gründen. Leyla schob es, wie sie sagt: auf die ,Alphastellung'. Jeder wollte stärker sein, als der andere und das begründete die Feindschaft. Und dann war da noch etwas. Letztes Jahr soll der Quarterback der Footballer mit der Freundin vom Kapitän der Basketballer geschlafen haben. Irgendwie fand ich das lustig, doch das sollte ich lieber niemanden verraten, außer Leyla.

Max riss mich aus meinen Gedanken, indem er an meinem T-Shirt zog. ,,Sag mir nicht, dass du wirklich jetzt Football spielen willst! Ich entschuldige mich für alles, was ich heute gemacht habe, aber bitte spiel nicht Football mit diesen Idioten, die haben dich nicht verdient! Und außerdem wärst du beim Jungen-Basketball viel besser aufgehoben." Max wackelte zweimal mit seinen Augenbrauen und grinste mich frech an. ,,Ich überleg es mir, aber nur wenn du mir sagst, warum du mich heute belästigst hast und versprichst es nie wieder zu tun." ,,Ich hatte mit einem Footballer, den du nicht kennst, eine Wette, dass wer es zu erst schafft die Neue dazu zu bringen einem einen zu blasen. Der, der gewinnt, hätte einhundert Dollar bekommen. Ich weiß. Es war scheiße von uns und ich entschuldige mich auch für ihn. Und ich verspreche dir auch sowas nie wieder zu machen. Versprochen." Wow. Das nenne ich mal eine krasse Wette. Ich sah zum Direktor rüber, um sicherzugehen, dass er mein und Max' Gespräch nicht mit anhörte, was er nicht tat, sondern sich lauthals mit irgendwem am Telefon unterhielt, bevor ich mich wieder zu Max drehte. ,,Du hättest mich auch einfach fragen können, anstatt es mit Gewalt zu versuchen.", schlug ich ihm vor. Seine Augen weiteten sich sofort. ,,Du hättest es einfach so gemacht?!", fragte er mich und ärgerte sich wahrscheinlich schon, dass er es nicht anders gemacht hatte. ,,Einfach so bestimmt nicht, aber fragen hättest du trotzdem können." Unser Gespräch wurde unterbrochen, von einem sichtlich erfreutem Direktor.

Ein Mädchen im Team?!Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt