Boom!

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Mit großen Augen und Panik beobachte ich die Beine, wie sie weiter in den Raum treten. Hinter ihm, ich gehe vom Stil davon aus, dass er ein Mann ist, geht die Tür zu. Ich bewege mich kein Stück. Und den Kopf drehe ich auch nur ganz langsam, um ihn im Auge behalten zu können. Wer bist du? Was machst du hier? Und kannst du BITTE wieder gehen? Doch meine stumme Bitte wird nicht wahrgenommen. Schritt für Schritt umrundet er den Tisch. Die Schuhe klackern auf dem PVC-Boden. Ich versuche derweilen meine Panik irgendwie im Griff zu halten. Denn jetzt entdeckt zu werden könnte unter anderem BESCHISSEN sein! Aber wenn er mein Herz nicht schlagen hört, dann ist er wahrscheinlich eh taub. Seine Beine stecken in einer schwarzen Anzughose. Die schwarzen Lederschuhe glänzen und reflektieren das Deckenlicht.

Das überraschte Luft einziehen kann ich mir gerade noch so verdrücken, als er einen der Stühle nach hinten zieht, sodass er die ganze Leiche sieht. Jedoch rutscht diese nur vom Tisch, klappt nach vorn und fällt auf den Boden. Die Augen starren mich vorwurfsvoll an. Danke für diese Albträume, die ich noch haben werde. Mein Blick geht hoch zum Tisch, als der Kerl dort scheinbar etwas abstellt. Seufzend geht er wieder aus dem Raum und schließt hinter sich die Tür. Ich starre das Stück Holz, welches für mich gerade sehr viel Sicherheit bietet, an. Hoffe, dass er nicht kommt. Erst nach ein paar Minuten traue ich mich wieder zu bewegen und rutsche, den Blick immer noch auf die Tür gerichtet, zu der Leiche, bei dem ich den Laptop deponiert habe. Schnell nehme ich ihn wieder an mich und klappe ihn auf. Setze die Datenübertragung fort. Als es vorbei ist, stecke ich den Stick ab, hänge ihn um meinen Hals, lege den Laptop zugeklappter Weise zurück auf den Schoss und krabble unter dem Tisch hervor.

Ein Klicken. Überrascht drehe ich mich um, nachdem ich aufgestanden bin. Etwas liegt auf dem Tisch. Das hat der Mann da gelassen. Aber das Klicken klang nicht gut! Die Tür aufreißend, rase ich nach draußen. Eine Explosion ertönt. Durch die Druckwelle werde ich nach vorn geschleudert und fliege auf den Boden. Rolle ein bisschen, ehe ich auf dem Bauch liegend zum Stehen komme. Meine Ohren pfeifen. Meine Vorderseite tut weh. Mein Schädel brummt. Langsam setze ich mich auf und sehe zurück zu dem Raum. "Holy shit...", murmle ich, als ich das Ausmaß der Explosion sehe. Die Tür liegt zerfetzt auf der anderen Seite des Ganges. Als ich aufstehe und in den Raum sehe, ist alles schwarz. Verrußt. Die Leichen sind wahrscheinlich nur noch unter dem Mikroskop zusammen zu setzen. Es gab eine Explosion. Ist alles in Ordnung bei dir? Ich schlucke und sehe mich um. Niemand da.

Obwohl meine Hände zittern, gehe ich weiter in die Richtung, in die ich muss. Ja. Bin gerade noch so raus gekommen. Da war ein Kerl. Ich habe mich unter dem Tisch versteckt. Als ich unter dem Tisch vor bin, hat es Klick gemacht. Vielleicht ein Bewegungssensor. Um einiges vorsichtiger linse ich in den nächsten Raum hinein. Wir brauchen die Daten. Und da ich mich hier fühle, als müsste ich wie in einem MMORPG 50 Wolfspfoten sammeln, wird das noch dauern. Und du hast mir nicht Bescheid gegeben?! Ich hatte Panik!, erwidere ich sofort und mache mich daran, den nächsten Rechner anzuzapfen. Wieder ein Passwort. Also hole ich das Büchlein raus, lege es neben den PC und tippe die ersten Buchstaben ein. Das passt nicht. Das Passwort ist auch falsch. Das ist es auch nicht. Ich probiere alle durch und beim letzten klappt es endlich! Die Übertragung startend, atme ich erleichtert durch. Das war vorhin verdammt knapp. "Das hätte anders ausgehen können..." Meine Stimme ist nicht mehr als ein Flüstern, sodass mich niemand hören könnte, sollte es sein. Und vor allem nicht der mit dieser verdammten Bombe! Meine Fresse...

Datenübertragung komplett. Zufrieden stecke ich den Stick ab und hänge ihn wieder um den Hals. Richte mich auf und gehe zur Tür. "Es wäre doch eine Schande, wenn du jetzt gehen würdest." Mitten im Gehen erstarre ich. Meine Augen werden riesen groß. Ich schlucke, ehe ich meine Füße nebeneinander stelle und mich umdrehe. Ein Mann. Braune, nach hinten gegelte Haare. Eine Hornbrille. Kantiges Gesicht. Schwarzer Anzug. Alucard...? Ich könnte jetzt doch deine Hilfe brauchen! Immerhin weiß ich nicht, was der Kerl von mir will. Mein Blick fällt auf seine Schuhe. Die gleichen wie die, die ich vorher gesehen habe. Die gleiche Hose. Ich zwinge mich zur Ruhe. "Sie haben die Bombe auf den Tisch gelegt.", stelle ich fest und sehe ihn dabei an. Seine Mundwinkel gehen hoch und zeigen ein gelassenes Lächeln. "Durchaus, Miss.", gibt er zu. Streckt eine Hand aus, als wolle er sie mir zum Schütteln anbieten. "Ein schlaues Köpfchen für eine Frau. Eigener Stil. Unsere Organisation würde sich über jungen Nachwuchs immer freuen."

Kopfschüttelnd trete ich einen Schritt zurück. "Ich lehne dankend ab. Außerdem tut es mir leid, aber ich muss wieder los. Für lange Gespräche habe ich leider nicht die Zeit." Eine Explosion in der Ferne lässt mich zusammen zucken. Sein Lächeln wandelt sich in ein Schmunzeln. "Du wirst dir die Zeit nehmen müssen." Alucard?! Hilfe wäre jetzt geil! Doch keine Antwort. "Oh... und falls du auf die Antwort von einem Vampir wartest, kannst du das vergessen. Wir haben ein System entwickelt, dass solche nonverbalen Kommunikationen verhindert." Fuck. SCHEIßE! Mit der Zunge schnalzend, nicke ich. "Das ist jetzt doof." Dennoch fange ich an zu kichern. Halte mir eine Hand vor den Mund und breche in schallendes Gelächter aus. Eigentlich meinerseits eine reine Überforderungsreaktion! Doch für den unbekannten Mann mit der unbekannten Organisation ist dies verwirrend. Grinsend sehe ich ihn an. "Oder... doch nicht?"

Die Tür geht auf und mein Grinsen wird noch breiter, als ich einen Ghul sehe. "Gib mir den Stick, oder er wird dich töten. Ganz einfach." Kichernd zwinkere ich ihm zu. "Kann es sein, dass ihr einfache Menschen unterschätzt?" Oder zumindest mich? Ich gehe zu dem Ghul und lege ihm einen Arm um die Schulter. "Los. Tus. Gib ihm den Befehl! Er soll mich töten!" Der braunhaarige runzelt kurz die Stirn. Seine Augen werden schmal. "Los. TÖTE SIE!", brüllt er und fängt das Schmunzeln an. Doch der Ghul sieht mich nur an. Ich ihn. "Der hat nicht mehr alle Tassen im Schrank.", murmle ich kopfschüttelnd zu dem Untoten und wende meine Aufmerksamkeit wieder ihm zu. "Also deinen Gesichtsausdruck würde ich gern einrahmen und über den Kamin hängen. Schade, dass das illegal ist." Kurz denke ich nach. "Obwohl... An sich ist das ganze Ding hier illegal!" Ich lasse den Ghul los und zucke mit den Schultern. "Und wenn du nichts dagegen hast, würde ich gern gehen." Ich drehe mich um und will zur offenen Tür, als ich ein Klick höre. "Dumme Idee, Miss.", kommt es von hinter mir. Langsam geht er mir auf die Nerven!

Point of no returnWhere stories live. Discover now