Ungelegener Besuch

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Schlussendlich zwingt er sich selbst, meinen Unterarm los zu lassen. Sanft leckt er über die Wunde, ehe er mir eine behandschuhte Hand auf die Wange legt. "Weißt du, dass du gerade mein Leben gerettet hast?", fragt er leise und schmunzelt. "Ich hätte nie gedacht, diesen Satz je einmal aussprechen zu müssen." Schmunzelnd strecke ich ihm meine Zungenspitze raus. Im nächsten Moment habe ich seine Lippen auf meinen. "Prinzessin... nicht zu provokant werden. Wir haben noch Arbeit zu tun.", raunt er mir zu, als er sich löst und wir stehen beide auf. Seine Augen gehen zu dem Körper, der sich nun auflöst. "Woher wusstest du, dass das nicht Seras ist? Ich konnte es riechen. Aber du?" Schulterzuckend gehe ich in den Raum raus und sichere die Pistole. "Komisches Verhalten. Nicht typisch. Aber es war ein Vampir. Ansonsten wären die Wunden nicht geheilt.", gebe ich meine Gedanken kund und Alucard hält mich an einer Schulter zurück. "Wunden...?"

Während ich mich in dem Raum gütlich tue, in dem ich alles abstecke, was irgendwie zu den Tanks führt, erzähle ich ihm, was bisher passiert ist. Und Alucard ist immer noch verdammt angepisst, dass man mich gefoltert hat. Aber gleichzeitig muss er zugeben, dass ich mich echt gut geschlagen habe. Und er ist stolz auf mich. Dass ich nichts gesagt habe. Dass ich so gut durchgehalten habe. "Du kannst später noch stolz sein. Jetzt wäre es geil, wenn wir diese Gefahren hier irgendwie auslöschen und Seras suchen könnten!", rufe ich ihm zu, ehe er mit seiner bloßen Hand und einem kräftigen Faustschlag einfach so das Glas zerspringen lässt. Der bläulichem Flüssigkeit kann er ausweichen, welche sich nun auf dem Boden verteilt. Sebastian, oder zumindest sein Körper, knallt durch das Fehlen der Flüssigkeit nach vorn, bricht das Glas und kommt auf dem Boden auf. Alucard zerfetzt ihn richtiggehend!

Ich bin ein wenig... zurückhaltender. Im Grunde sehe ich nur dabei zu, wie er seine Wut an jedem einzelnen Körper auslässt. Aber mir fällt auf, dass keiner der Körper irgendwelches Blut hätte. Auch bei der komischen Frage, ob er ein Schatz wäre und einen Kopf öffnen könnte... Kein Gehirn. Hätte das noch Zeit gebraucht? Oder waren sie schon fertig und hätten so kämpfen sollen? Oder zu was auch immer sie gemacht wurden. Das kleine Lebenszeichen, welches Alucard von ihnen vernehmen konnte, ist bei allen komplett ausgelöscht. Es sind fast normale Leichen. Bis auf den Fakt, dass sie zerfetzter sind als Geschenkpapier nach dem auspacken von einem vierjährigen. Mit einem entgeisterten Gesichtsausdruck richtet sich der schwarzhaarige auf. "Ich will dich nicht allein lassen. Aber ich brauche Blut. Mehr Blut.", bringt er raus und winke gelassen ab. "Keine Sorge. Das kriegen wir hin. Vertrau mir und greif erst ein, wenn ich es dir sage."

Und mit einem Lächeln gehe ich an ihm vorbei raus auf den Gang. Sehe mich kurz um und räuspere mich. Stecke die Waffe weg. Hole tief Luft. "IHR KLEINEN WICHSER! HIER BIN ICH!", brülle ich einmal quer durch gefühlt das ganze Gebäude und warte nur, mitten auf dem Gang stehend. Immer noch lächelnd. Die Arme verschränkt. "Prinzessin. Das ist ein verdammt mieser Plan!", faucht Alucard, doch ich höre nicht auf ihn. Er soll nur in dem Raum bleiben, in welchem er die ganzen Duplikate zerfleddert hat. Vor mich hin summend, warte ich weiterhin. Kameras funktionieren nicht. Das System ist anscheinend gecrashed. Langsam hole ich den Stick hervor. "Der wird dann auch falsch sein...", murmle ich, behalte ihn aber. Wer weiß, was sich darauf befindet. Während ich den Stick gerade unter die Kleidung bringe, damit er nicht weg kommt, höre ich schon die ersten Schritte und drehe mich zu den Wachen um, die sich mit ihren Waffen aufgebaut haben. "Guten Appetit, Chéri."

Was soll ich sagen? Alucard ist satt, hat wieder ein paar Seelen und wir ein paar Probleme weniger. "Eigentlich bin ich ja kein Freund von Menschen. Aber... Ausnahmen bestätigen die Regel.", meint er und hebt mein Kinn mit einem Finger. Auch, wenn es die Situation gerade NICHT wirklich hergibt, bin ich einfach nur gerade glücklich. Sein Lächeln lässt alles vergessen, was in den letzten Stunden passiert ist. Abrupt richtet sich Alucard wieder auf. Lässt mich los und dreht seinen Kopf. "Ich bin gleich wieder da, Prinzessin. Den Besuch brauchen wir nicht." Und bevor ich etwas sagen kann, hat er seine Pistolen heraus geholt und zielt mit beiden nach vorn. Gerade, als die ersten Wachen um die Ecke kommen, eröffnet er das Feuer und ist auch blitzschnell bei ihnen. Hat mich eiskalt allein gelassen. Gut. Während er sich um die anderen kümmert, rüste ich ebenfalls ein wenig auf. Denn dass hier alle, oder zumindest fast alle, mit einer M16 herumlaufen, kommt mir gerade gelegen.

Und sie kommen nicht nur gelegen, weil sie relativ einfach zu bedienen sind, sondern auch, weil ich damit anscheinend umgehen kann! Was mir nun hilft, mein verdammtes Leben zu schützen. Schritte aus der entgegengesetzten Richtung. Mehrere. Ich drehe mich um. Andere Wachen. Und Alucard wird mir da jetzt nicht helfen können. "Nimm die beschissene Waffe runter!", ruft einer der Männer und zielt auf mich. Einer meiner Mundwinkel geht hoch. "Hättest du gern, Wichser." Ich glaube, das wird mein neues Lieblingswort. Ich hebe mein Gewehr und feuere los. Uff... das wird ein harter Muskelkater in meiner rechten Schulter! Und da sie mich lebend brauchen, für was auch immer, ist eine Erwiderung des Feuers- Eine Kugel schlägt in meinem linken Oberarm ein und ich lasse das Sturmgewehr fast fallen. Der Schmerz explodiert augenblicklich und ich weiche zurück. Wollten die mich nicht lebend? Ein kurzer Gedankenblitz. Ja. Lebend. Es hieß nicht, dass ich nicht verletzt sein dürfte! Jede Bewegung mit dem linken Arm tut scheiße weh. Leise fluchend, ziehe ich mich immer weiter zurück.

Gegen irgendwas bin ich gestoßen, als ich rückwärtsgegangen bin. Also bleibe ich stehen und habe mein Gesicht sauer verzogen. Bin aber sofort erleichtert, als es Alucard ist. "Du bist verletzt.", flüstert er, als seine Finger vorsichtig über meinen linken Oberarm streichen. Zischend zucke ich auf die Seite. Es tut weh, man! Das plötzlich auftretende Knurren hinter mir hat nun nichts mehr mit einem Menschen oder einem Vampir zu tun. Alucards Lippen entblößen die spitzen Zähne. Die Augen glühen richtiggehend. Er wirkt nun mehr wie ein angriffsbereiter Hund! Und etwas anderes wird auffällig. Ein schwarzer Nebel, der sich immer mehr ausbreitet. Verdammt viele Augen sind dort drin zu sehen. Eine Schnauze bildet sich. Das Knurren kommt von beiden. Alucard und auch Baskerville. Der Nebel geht auch um mich herum. Allerdings fühle ich mich geborgen. Warm. Sicher. "Darf ich es sagen?", frage ich leise und sehe zu Alucard hoch. Dieser blickt zu mir hinunter. Ein kurzes nicken. "Fass!"

Point of no returnWhere stories live. Discover now