Licht an und showtime!

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Leicht nervös warten wir auf die Rückkehr von Alucard. Warum ist er überhaupt allein los? Dieser verdammte Sturkopf! Ich soll keine Alleingänge machen, aber er kann das natürlich. Selbst Seras wirkt nun ein wenig besorgt und sieht immer wieder in die Richtung, in die er verschwunden ist. Kurze Blicke werden ausgetauscht. Wir beide wissen, dass wir uns nicht bewegen sollten. Sollten. Aber wir beide wissen auch, dass das hier nicht die Zeit ist, um dumm herum zu stehen. Wieder sehen wir uns an. "Losgehen?", flüstere ich und sie nickt. Insgesamt dürften wir nun schon eine halbe Stunde gewartet haben. Und Alucard braucht nicht so lange. Niemals. Seras geht voraus und wir ducken uns unter dem Fenster hindurch, ehe wir weiter in die Dunkelheit gehen. Ich halte mich bei Seras fest, was schlussendlich auch wieder zum Händchenhalten mutiert. Aber sicher ist sicher.

Seras führt mich weiter durch die Dunkelheit. Warum ist hier kein Licht? Sind hier alle Vampire und können hier alle in der verdammten Dunkelheit sehen? Ich merke zwar, wie wir um ein paar Ecken gehen und kann mir auch ungefähr merken, wo wir rechts und links herum gegangen sind, aber es ist trotzdem etwas anderes, wenn man es sieht, anstatt es nur zu merken, wenn man herumgedreht wird. Ein Klicken. Seras bleibt stehen. Ich renne fast in sie rein, bin aber leise. Auch wenn ich gern wissen würde, was geklickt hat. Augenblicklich schließe ich meine Augen, als die Deckenlichter aufflammen. Automatisch drehe ich mich weg und lasse Seras auch los. Nur langsam kann ich mich an die helle Umgebung gewöhnen und muss oftmals blinzeln, ehe ich wieder was sehen kann. Seras greift nach meiner Hand. "Lauf." Das ist das Einzige, was sie zu mir sagt. Irritiert runzle ich die Stirn und richte mich auf. Sehe an ihr vorbei.

Gefühlt ein ganzes Bataillon an Wachen steht fast 30 Meter von uns entfernt im Gang. Schwer bewaffnet. Sicherlich nicht freundlich gesinnt. Ein kurzer Blick zu Seras, ehe ich nicke. Sofort drehe ich mich um, laufe zwei Schritte und bremse abrupt ab. "Das... mit dem Laufen hat sich erledigt.", gebe ich kund und weiche die zwei Schritte wieder zu Seras zurück. Auch hinter uns haben sich einige Wachen eingefunden. Ein leises Knacken. Lautsprecher. "Sehr geehrte Eindringlinge. Wir bitten Sie, dieses Gebäude zu verlassen. Um Ihrer und unserer Sicherheit willen wäre es für alle Beteiligten am besten, wenn darüber nicht mehr gesprochen wird." Trotz der Situation muss ich anerkennend nicken. "Hey! Danke für die freundliche Warnung! Ihr seid echt nett", rufe ich und grinse. Seras versteht kein Wort, da alles auf Deutsch ist. "Natürlich, Frau Kindred. Immerhin sind wir keine Wilden und dringen einfach so in ein anderes Gebäude ein."

Mich räuspernd, ziehe ich eine Augenbraue hoch. "Ahja... und das Forschungslabor mit dem Agenten? War das kein einfaches eindringen? Der Kerl wollte mich umbringen. DAS war nicht nett." Stille, während ich wieder lächle. "Ihr habt nicht zufällig einen etwas älteren Herrn bei euch? Ein wenig grummelig. Mies drauf. Schwarze Haare. Hin und wieder bissig?" Immer noch nichts. Mein Gesicht entspannt sich, ehe ich zu Seras sehe. "Ich denke mir, dass sie Alucard haben. Keine direkte Antwort, als ich nach ihm gefragt habe. Würdest du übernehmen?", frage ich, doch sie wirkt besorgt. "Sie werden auch auf dich schießen." Und ich habe keine Möglichkeit, mich zu verstecken. Stimmt ja. "Schaltet den Vampir zuerst aus. Lasst die blauhaarige am Leben!" Schnell übersetze ich das, was durch die Lautsprecher kam und Seras grinst. "Na, wenn sie dich verschonen, kann es nur gut sein!", ruft sie und ihre Zähne werden spitz. Innerlich wünsche ich ihr viel Spaß. Denn an sich habe ich auch einen kleinen Plan.

Seras geht auf die Männer zu, ehe der Kugelhagel beginnt. Und ich? Ich laufe freiwillig zu den Männern auf der anderen Seite. Greife sogar nach ihnen. Wirke verzweifelt. Wie ein verängstigtes, kleines Mädchen hänge ich mich an einen der komplett überforderten Wachmänner, der auf mich hinunter sieht. Mein Körper zittert. Halb gewollt und halb, weil das Ganze ein wenig viel ist. Überraschend sanft werde ich von ihm gedrückt, ehe er mich mit sich nimmt. Die Männer hinter uns schießen nun auch auf Seras und halten uns den Rücken frei. Ein paar Wachen gehen mit uns und ich lasse mich um eine Ecke führen. "Keine Sorge. Alles ist wieder gut.", meint einer und ich sehe zu ihm hoch. Dieser nickt mir nur zu und ich frage mich gedanklich, wie sie es eigentlich geschafft haben, Wachmänner zu werden. Kein Stückchen Misstrauen. Nichts! Die brauchen echt andere Leute dafür.

Die Schießerei wird ein wenig leiser, ist aber immer noch hörbar. Eigentlich wollte ich mir eine Waffe schnappen und sehen, wie schnell ich ein paar Leute umbringen kann! Aber ich brauche Informationen. Der Stick ist immer noch unter meiner Kleidung und wartet darauf, benutzt zu werden. Und wenn ich vielleicht irgendwo anders hingebracht werde, sollte ich die Chance nutzen. Immer wieder suche ich die Nähe desjenigen, an den ich mich von Anfang an geklammert habe. Nicht umsonst habe ich ihn mir ausgesucht. Seine Ausstrahlung. Seine Kleidung. Sein kurzes nicken zu den anderen. Seine Handzeichen. Entweder er führt diese Leute hier an, oder er ist ein größeres Tier in der Nahrungskette. Und ein wenig Psychologie kann ich hier auch mit einbringen. Ihn emotional an das kleine Mädchen binden. Wenn ich schon nicht kämpfen kann, dann wird so etwas locker herhalten. Und... gelernt ist gelernt, nicht wahr?

Man bringt mich in einen Raum. Steril weiß. Schade, kein PC. Aber eine Bank, auf die man mich setzt. "Bleib sitzen. Dir wird nichts passieren.", erklärt mir der Mann und dreht sich um, um zu gehen. Doch sofort schnappe ich mir einen Teil seiner Kleidung und sehe ihn von unten an. Sage nichts. Muss mir sogar innerlich das Lachen verkneifen! Das leichte Erschüttern meines Körpers deutet er allerdings als den Anfang von einem Heulkrampf. Seufzend schüttelt er den Kopf. "Lass mich los. Bitte. Ich habe Arbeit zu tun." Stumm sehe ich ihn weiterhin fast schon flehend an. Seine Augen werden schmal, ehe er zu seinen Kumpanen sieht. "Kümmert ihr euch um das Weib. Ich bleibe hier." Zwar wird genickt, aber man kann das Lachen ein wenig hören. Genervt sieht er auf mich hinunter. "Ich hoffe echt, dass du es wert bist. Ein Kind, man. Ein KIND!" Leicht fassungslos schüttelt er den Kopf und sieht kurz weg. In dieser kurzen Zeit kann ich mir das breite Grinsen nicht verkneifen, bevor ich sofort wieder in die Opferrolle wechsle, als er zu mir sieht. Ein Kind, hm...?

Point of no returnWo Geschichten leben. Entdecke jetzt