Wahre Ehrlichkeit

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In meinem Zimmer angekommen, schließe ich die Tür, ziehe das Shirt aus und schmiere mir zumindest schon einmal den Nacken und die Schultern ein. Es brennt leicht. Aber wie gesagt, hilft es ganz gut. Während ich warte, dass es einzieht, setze ich mich auf den Stuhl und lese eines der Bücher weiter. Auch dahingehend bin ich seltsam. Anstatt Romantik, oder Drama zu lesen, ist mein erster Griff nach Sachbüchern. Meist Medizin. Hin und wieder habe ich aber auch Phasen, in denen ich alte Sagen und Mythen lese. Es hat was, in die Sprache von vor ein paar Hundert Jahren einzutauchen und sie mit der modernen Sprache zu vergleichen. Manchmal denke ich mir, dass die alte Sprache besser wäre! Aber dann sehe ich sie mir wieder an. Lese sie noch mal durch und denke mir. Meh. Wenn du das alles so kompliziert schreibst... kein Bock! Jedes Mal.

"Du weißt, wie du mich begrüßen musst, damit ich wieder gute Laune bekomme." Ich lasse das Buch sinken und drehe meinen Kopf. Lege nur das Buch auf meine Brüste und merke, wie ich rot werde. Lächle aber. "Schön, wenn ich gute Laune verbreiten konnte. Aber was anderes. Kannst du mir den Rücken eincremen? An der Wirbelsäule entlang? An den Schultern habe ich es selbst hingekriegt, aber ich bin nicht so gelenkig. Brav, wie er ist, zieht er sich wenigstens die Schuhe und den Mantel aus, ehe er sich hinter mich stellt. "Jetzt ist der Schmerz nicht mehr so schlimm... Ich hätte eine bessere Idee. Wenn du damit einverstanden bist." Fragend sehe ich zu ihm hoch, während er sich die Handschuhe auszieht. "Jahrhunderte Leben hat nicht nur die Vorteile von strategischem Wissen und Kampfkraft. Man kennt auch kleinere Dinge." Gänsehaut breitet sich aus, als er mit seinen Fingerspitzen über meinen Rücken fährt. "Bist du dabei?"

Kurz denke ich nach, ehe ich nicke. Immer noch mit dem Buch in der Hand, welches meine Brüste verdeckt, stehe ich auf. "Das brauchst du nicht.", meint er und schnappt sich jenes, ehe er es auf den Schreibtisch legt. Also kommt als nächstes mein Unterarm, der das verdeckt. Fast schon genervt, schnalzt Alucard mit der Zunge. "Weib. Es gibt nur einen Grund, warum du das machen darfst. Und das ist, wenn dich jemand anderes so sehen sollte.", knurrt er und nimmt mein Handgelenk in seine Hand. Er steht direkt hinter mir. Eine Hand legt sich auf meinen Bauch, den ich automatisch einziehe. "Entspann dich. Ich liebe dich, Flo. Alles von dir." Sein Mund ist direkt an meinem rechten Ohr. Die Stimme dunkel, aber sanft. Zögerlich lasse ich zumindest meinen Unterarm von ihm wegnehmen. "So ist es gut.", meint er und legt seinen Kopf direkt auf meine rechte Schulter. "War das so schwer?" Was ist, wenn ich jetzt ja sage?

Seine zweite Hand legt er jetzt auch auf meinen Bauch. "Und ich würde doch merken, wenn du schwanger wärst. Oder hast du etwas geplant?", fragt er und ich muss trotz meiner Unsicherheit schmunzeln. "Nein... Es klang bloß so.", murmle ich und lege meine Hände auf seine. Sanft drückt er seinen Kopf gegen meinen. "Jetzt entspann dich. Oder ich kann dir nicht helfen." Alucards Blick ist mehr als nur entgeistert. "Das nennst du entspannt? Du bist sonst auch entspannt, wenn wir schlafen. Oder ich bei dir bin. Nur weil ein einzige Stück Stoff weg ist, ist es jetzt so viel anders?" Wirklich in die Augen sehen kann ich ihm nicht. Überrascht ziehe ich die Luft ein, als er am Übergang von Hals zu Schulter anfängt, langsam zu knabbern. Für einen Moment drücken meine Finger in seine Hände, ehe ich mich wirklich langsam ein wenig entspanne. Kurz hebt er seinen Mund. "Ich weiß genau, wie empfindlich dein Hals ist. Du schützt ihn immer und zuckst zusammen, wenn ich auch nur darüber streiche.", raunt er mir zu, ehe er sich wieder meinem Hals zuwendet. Leicht lehne ich mich gegen ihn. Lege den Kopf auf die Seite. Schließe die Augen.

Und tatsächlich entspanne ich mich immer mehr. Spüre seine Daumen, die über meinen Bauch streichen. Vorsichtig hebe ich meine rechte Hand und lege sie ihm auf den Kopf. Drehe meinen Schädel minimalst und lege meine Lippen auf seine schwarzen Haare. Ich kann sagen, dass ich mich noch nie in meinem Leben so gefühlt habe, wie jetzt. So geschätzt. Alucard nimmt seinen Mund wieder weg und hebt seinen Kopf. Sieht mich aus seinen roten Augen an, die ein wenig glimmen. "Wie kannst du dich nur immer verstecken. Vor anderen ist es kein Problem. Aber vor mir...?" Mit einem immer noch unsicheren Lächeln sehe ich auf die Seite. Ich weiß einfach nicht, wie ich darauf reagieren soll. Langsam fährt er mit seiner rechten Hand nach oben. Ich kann sie spüren, wie sie über den BH gleitet und unterhalb meines Halses an der Stelle, an der bei dünnen Menschen die Kuhle ist, stehen bleibt. "Wer hat dir eigentlich erlaubt, so anziehend zu sein. Wer?"

Er drückt sich an mich und ich spüre noch etwas anderes als seine Hände auf meiner Haut! Irgendwie bin ich mir erst jetzt sicher, dass er alles ernst meint. Denn eine Erektion kann man nicht vorspielen. Und in seinem Alter hat man das nicht random. Sanft werde ich von ihm umgedreht. Eine Hand auf meinem Rücken, sodass ich ihm nicht entkommen könnte. Eine Hand an meiner Wange. Seine Lippen liegen auf meinen. Und je länger der Kuss anhält, desto mehr merke ich die Begierde. Den Drang, jetzt eindeutig mehr als nur Küssen zu wollen. "Flo...", flüstert er, als sein Kopf sich ein wenig entfernt, damit er mich ansehen kann. Der Blick leicht verklärt. So einen Gesichtsausdruck habe ich noch nie in meinem Leben bei ihm gesehen. Ich weiß, was er will. Nachdenklich beiße ich mir auf die Unterlippe. Bin ich bereit, ihm das zu geben, nach dem er verlangt? Und auch im vollen Ausmaß dessen, was er an sich braucht? Ich weiß es nicht. Doch während ich meine Arme hebe und sie um seinen Hals lege, lächle ich. Ich weiß nicht, ob ich ihm zu 100% das geben kann, was er braucht. Aber ich werde es versuchen. Wieder liegen seine Lippen auf meinen. Vorsichtig bugsiert er mich in Richtung Bett.

Point of no returnWhere stories live. Discover now