11. Dezember: Der schönste Mensch der Welt

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Kurze Anfrage vorweg: Mir sind ein paar Leute für den Adventskalender abgesprungen.. zwei um ehrlich zu sein. Ich weiß, es ist sehr kurzfristig und knapp, aber es würde mir viel bedeuten, wenn sich vielleicht zwei Leute finden würden, die Lust haben, in den wenigen Tagen noch einen One Shot zu schreiben. Bitte bitte, schreibt hier einen Kommentar oder mich privat an; es würde mir eine Menge bedeuten! Vielen Dank für eure Aufmerksamkeit <3

Heute hat die liebe sunflowerjulie einen One Shot für uns :-) Auch hier, ich wiederhole mich aber es ist mir sehr wichtig das es immer wieder erwähnt wird; lasst ihr ein wenig Liebe da. Kommentiert, Voted und schaut doch bitte mal auf ihrem Account vorbei, wenn es euch gefallen hat. Vielen vielen Dank, dass du bei diesem Projekt dabei warst und so viel Liebe in deinen One Shot gesteckt hast. Es freut mich sehr, dass ich dich in diesem Jahr dazuzählen durfte :) <3

So, genug von mir. Viel Spaß mit dem One Shot! Lots of love

Michelle xx

Wörteranzahl: 3384






Wieder saß er dort in der vordersten Reihe und bekam kein Wort raus. Während sich alle engagierten, indem sie Fragen stellten oder beantworteten und fleißig mitschrieben, starrte er Löcher in die Luft. Ich war nicht gerade besser, indem ich ihn die ganze Vorlesung über anstarrte, er fesselte mich halt einfach mit seiner Schönheit und das Mysteriöse an ihm zog mich an.
Später hielt ich mich mit Niall, meinem Sitznachbar, Mitbewohner und bestem Freund in der Bücherei auf, um die letzten Stunden auf uns Revue passieren zu lassen, denn bald standen die ersten Prüfungen an und hier hatten wir die Auswahl an etlichen Lexika und vor allem Ruhe.
Während Niall in einem Buch stöberte und ab und zu einige Sachen auf seinem Laptop notierte, wanderten meine Augen immer wieder von den bunten Lernbildern und - texten und trafen auf das Seitenprofil des jungen Mannes, den ich anbetete. Immer wieder versuchte ich ihn nach den Lesungen abzufangen, doch er entwischte mir oder ich traute mich nicht ihn zu fragen, ob er sich mit mir auf einen Kaffee treffen würde.
Er sah wundervoll aus, wie er durch die Bücherregale lief, bei den Liebesromanen stoppte und sich die Klappentexte durchlas und dabei immer wieder seine Brille an seiner Nase hochschob. Am liebsten würde ich zu ihm gehen und ihm all meine Lieblingsromane vorstellen und ihn nach seinen Buchvorschlägen fragen, doch er kam mir nicht so rüber, als würde er gerne angesprochen werden, denn er machte sich immer sehr klein und unauffällig.
"Du starrst ihn ja schon wieder an", murmelte Niall, schaute nicht mal von seinem Buch auf, doch steckte der typisch neckende Ton in seiner Stimme. Er mochte es einfach mich mit meinem kleinen Crush aufzuziehen. Klein passte tatsächlich perfekt, immerhin war er bestimmt einen Kopf kleiner als ich. Alles an ihm war einfach putzig, aber auch sehr attraktiv.
"Er fasziniert mich einfach wahnsinnig. Er ist einfach der schönste Mensch, den ich kenne", gab ich verträumt zu und sah dabei zu, wie der Wuschelkopf ein neues Buch aus dem Regal zog, den Klappentext las und dann in seinen Jutebeutel packte, den er um die Schulter hängen hatte. "Sprich ihn an", munterte mich mein Lieblingsire wie so oft auf.
"Und was soll ich bitte sagen? Außerdem will ich ihn nicht nerven oder verschrecken", schmollte ich und seufzte unzufrieden. Ich war mir so sicher, dass der Wuschelkopf super süß und nett war, doch er ließ einfach niemanden an sich ran und ich wollte nicht, dass er sich je unwohl fühlen würde. "Tu doch einfach so, als würdest du auch nach Romanen suchen", schlug Niall vor, es war total idiotisch, aber eine bessere Idee hatte ich auch nicht mehr.
So stand ich also mit wackelnden Knien auf, rückte meine Jeans zurecht und lief ihm entgegen. Auch als ich dann nah neben ihm stand und so tat, als würde ich mir die Bücher anschauen, schrak er nicht zurück. Also wurde ich mutig und griff ein Buch aus dem Regal, wobei ich seinen Arm mit meinem eigenen schliff. Er ging einen kleinen Schritt zur Seite, hoffentlich nur um mir Platz zu bieten und nicht, weil ich ihm zu sehr auf die Pelle gerückt bin und er sich dadurch unwohl gefühlt hatte.
Ich las mir also den Klappentext durch, leider war es nichts, was mich ansprach, also stellte ich es zurück und sah, wie er sich ein sehr dickes Buch aus dem Regal nahm und kritisch musterte. Ich kannte das Buch beinahe auswendig, so oft hatte ich es bereits gelesen und es war eines meiner Favoriten. "Oh, das Buch ist wundervoll. Aber sehr sehr kitschig. Und man muss manche Metaphern dreimal lesen, um sie zu verstehen", erzählte ich und kicherte zum Ende hin.
Seine erschrockenen Augen fielen auf mich oder besser gesagt eins, denn wie ich nun das erste Mal sah, hatte sein rechtes Auge weder eine Pupille, noch eine Iris. Das Auge war komplett weiß getrübt und eine große Brandnarbe ging über seine rechte Gesichtshälfte. Erst erschrak es mich, was ich wahrscheinlich zu offensichtlich zeigte, denn sein Gesichtsausdruck änderte sich von Erschrocken zu gekränkt.
"Ähm ja, ich habe es hunderte Male gelesen. Es gefällt mir sehr", stammelte ich nervös und kratzte mich verlegen am Hinterkopf, während er mich nur anstarrte, kurz den Kopf schüttelte und das Buch zurück stellte. Ouch. Fast fliehend lief er zur Kasse und weg war er. Nun war ich es, der gekränkt war. Es war nicht meine Intention ihn zu verschrecken, im Gegenteil, doch es erschrak mich mehr als ich zugeben wollte. Immerhin habe ich schon wochenlang mit ihm Vorlesungen, doch nie habe ich ihn ganz gesehen.
Trotzig lief ich zurück zu meinem Platz gegenüber von Niall, welcher mich mitleidig ansah. Lustlos ließ ich meinen Kopf in meinem Armbeuge fallen und bemitleidete mich selbst, fühlte mich schrecklich dafür, dass ich den Wuschelkopf so erschrocken angestarrt hatte, sicherlich hatte er schon genug Probleme und wurde genug angegafft wegen seines außergewöhnlichen Aussehens.
Diese Entstellung änderte jedoch nichts an meinem Weltbild von ihm als hübschester Mensch der Welt. Er war immer noch perfekt und jetzt hasste er mich und ich würde nie eine Chance bei ihm haben. Doch so sehr sehnte ich mich nach seiner weich aussehenden Haut auf meiner und seinen rosanen Lippen und danach meine Hände durch sein Haar zu fahren. Und doch kannte ich nicht mal seinen Namen oder habe je seine Stimme hören dürfen.
Ein paar Tage später war ich früher vor dem Hörsaal als sonst. Ich war mit dem richtigen Bein aufgestanden, meine Kaffeemaschine hatte schon bei dem ersten Mal funktioniert, ich musste ausnahmsweise nicht zehnmal darauf einschlagen. Ich hatte sogar eine Bahn früher bekommen und so stand ich hier ganz alleine und wartete auf Niall, der die vorherige Nacht bei einem One Night Stand geschlafen hat, von dem er mir sicherlich in der Vorlesung erzählen würde.
Dann tauchte der hübscheste Mensch der Welt gegenüber von mir auf. Nein, ich meine nicht den komischen Iren mit den wahnsinnig schlecht gefärbten Haaren, der sich ein wenig zu sehr liebte, sondern den hübschen jungen Mann, den ich letzte Woche mit meinen dämlichen Blicken unbewusst verstört hatte. Ich wollte mich noch bei ihm entschuldigen und vielleicht meinen ganzen Mut zusammen kratzen und ihn nach einem Date fragen. Dabei wusste ich nicht mal, ob er überhaupt auf Männer stand, geschweige denn auf mich.
"Ähm hey, ich bin Harry. Der dämliche Typ aus der Bücherei, der dich total dumm angeschaut hat", stammelte ich und kratzte nervös an meinem Hinterkopf. Meine Hände schwitzten und mein Herz schlug so wild wie nie. Er dachte nun wahrscheinlich noch schlechter von mir als vorher schon. Ich war ein nerviges, dummes Arschloch. Er wollte doch sicherlich nur seine Ruhe.
Er starrte mich riesig an, seine schmalen, rosanen Lippen waren einen Spalt geöffnet. Es sah jedoch nicht so aus, als würde er mir antworten wollen. "Tut mir leid, ich möchte dich echt nicht stören, ich entschuldige mich für mein Verhalten. Ich wollte dich wirklich nicht so anstarren, das war nicht meine Intention. Wirklich nicht. Ich wollte nicht so respektlos reagieren, ehrlich nicht", plapperte ich verzweifelt darauf los. Verzweifelt, weil ich ihn so anziehend fand, aber meine Chance endgültig bei ihm versaut habe.
Er hingegen brachte ein kleines Lächeln auf seine Lippen, welches sein blaues Auge strahlen ließ. Unglaublich hübsch. Der mysteriöse junge Mann war einfach unglaublich hübsch, am liebsten hätte ich ihm das an dieser Stelle gesagt, aber sicherlich wäre es unangebracht gewesen, wodurch er sich sicherlich unwohler als ohnehin schon gefühlt hätte.
"Ich bin Harry, hey", meinte ich und dann fiel mir auf, dass ich ihm dies schon gesagt hatte und schlug mir mit der Handfläche gegen die Stirn. Ich machte mich hier echt zum Affen. Der Kleinere von uns beiden kicherte jedoch nur mit einer Hand vor dem Mund. "Das habe ich schon gesagt. Man, ich laber nur noch Müll. Eigentlich wollte ich dich auf ein Date einladen, aber ich denke ich habe es schon zu sehr versaut. Nein, ich denke es nicht nur, ich weiß es" Ich konnte echt nicht aufhören mich zu blamieren.
Der Wuschelkopf antwortete wieder nicht, sondern holte sein Handy aus seiner Hosentasche, sodass ich noch verwirrter war. Wollte er mir aus dem Weg gehen, indem er mich ignorierte? Zeigte er mir so, dass er mich wirklich hasste? Er kicherte, während er etwas in sein Handy tippte. Ich wollte mich gerade umdrehen und gehen, da ich dachte, er hätte überhaupt keine Interesse daran, mit mir zu reden, da hielt er mir sein Handy hin.
'Ich bin Louis, ich würde gerne auf ein Date mit dir gehen und ich verzeihe dir:)'
Erst verwirrte mich das Handy-Ding, dann kam mir in den Kopf, dass er vermutlich stumm oder gar taub-stumm war, wodurch alles Sinn machen würde. Ich grinste breit, da ich scheinbar doch noch nicht alles bei ihm verkackt habe. "Louis. Ein toller Name, er passt perfekt zu dir", meinte ich und ehrlich, ich war nie gut im Flirten, Niall machte sich viel zu oft über meine dummen Anmachsprüche lustig. Der mysteriöse Louis kicherte niedlich. Der niedliche Louis.
"Ähm, klingt Freitag gut? Ich würde dich gerne auf einen Kaffee einladen. Außer du magst keinen Kaffee, dann trinken wir Tee. Wenn du keine Heißgetränke magst, dann trinken wir vielleicht eine Cola oder ein Bier oder so. Ne, Bier mag ich nicht so, lieber nicht Bier. Außer du magst Bier, dann kannst du es natürlich bestellen und ich bestelle mir was anderes. Oh Gott, tut mir schrecklich leid, ich plappere schon wieder so viel. Hör einfach nicht mehr zu", meinte ich nervös und lachte unangenehm zum Ende hin.
Louis hingegen tippte in sein Handy und hielt es mir kurz darauf wieder hin.
'Tee klingt super :)'
Ich grinste breit und wollte noch etwas sagen, da drückte er mir einen Zettel in die Hand und verschwand im Hörsaal, der bereits aufgeschlossen wurde, während ich es nicht bemerkt hatte. Niall saß sogar auch schon an einem Platz und winkte mich zu sich hin. Ich schaute dem hübschen Wuschelkopf noch hinterher und sah zu, wie er sich an seinen Standardplatz setzte und mit dem Dozenten kommunizierte.
"Harry, du kannst dich nicht neben mich setzen und einfach die Klappe halten. Jetzt erzähl schon, du Schwachkopf", beschwerte sich mein bester Freund und sah mich auffordernd an. Ich vermutete er hat das Gespräch mit Louis beobachtet. Ich lachte und schüttelte den Kopf bevor ich auf seine Frage antwortete. "Wir haben ein Date", hielt ich mich kurz, weshalb er die Augen verdrehte.
"Schön, ich freue mich für dich. Aber ich habe nicht um eine Kurzfassung gebeten", beschwerte er sich. Der Dozent begann den Unterricht, während wir uns über unsere Dates austauschten. So wie immer, doch normalerweise war nur Niall der, der etwas zu erzählen hatte, denn schon seit geringer Zeit gehörte mein Herz dem kleinen Wuschelkopf. "Ist ja gut, sorry. Also, ich habe mich dafür entschuldigt, dass ich ihn so dumm angeschaut habe und habe mich komplett blamiert. Mehr geht dich nichts an", meinte ich, während ich den Zettel, den Louis mir gegeben hatte, entfaltete und breite grinste, als ich eine Handynummer las.
"Ganz in deinem Stil", neckte er mich, weshalb ich ihn in den Oberarm boxte, doch er lachte nur noch lauter. Dann ging es jedoch über sein letztes One Night Stand und wie gut irgendein Mann mit dunklen Haaren, einem muskulösen Körper, Tattoos und einem starken Akzent ihn "komplett auseinander genommen" habe, dass er nur noch kaum richtig sitzen konnte. Und ich fragte mich wie so oft, warum er überhaupt noch mein Freund war.
Es kam also zu unserem vierten Date. Das berühmt, berüchtigte Date, das symbolisch für das erste Mal Sex stand, doch wir haben uns darauf geeinigt, uns Zeit zu lassen. Erst hatte ich Angst, die Kommunikation würde nur von mir aus kommen, doch da habe ich mich eindeutig getäuscht. Erst fand ich das ganze Handy-Ding komplett seltsam, doch es wies sich als nicht mal halb so komisch heraus. Ich erfuhr viel von ihm; seine Hobbies, von Dingen, die er liebte, aber auch von denen, die er hasste und viel von seiner Katze, aber nie über seine Familie.
Einige Dates später saßen wir am Esstisch meiner und Nialls Wohnung. Wir hatten zusammen gekocht, vegetarisch, weil wir beide kein Fleisch aßen, wobei sich herausgestellt hatte, dass er nicht gerade talentiert am dem Herd war. Wir hatten aber auch mehr rumgesaut und gealbert, als alles andere, aber im Endeffekt schmeckte unser Essen uns beiden. Er saß mir gegenüber, wir lächelten uns ab und zu schüchtern an, bis mein Blick auf seine Brandnarbe fiel, die seine rechte Gesichtshälfte einnahm. Ich hatte mich noch nicht getraut, ihn zu fragen, was passiert war. Es musste vermutlich etwas Schreckliches passiert sein. Etwas, was er definitiv nicht verdienen würde. Etwas, was ihn seine Worte stahl.
'Meine Eltern, meine beiden jüngeren Schwestern und ich waren Heiligabend auf dem Weg zu meiner Oma, um mit ihr Weihnachten zu feiern. Ein Auto kam uns entgegen, der Fahrer war sehr angetrunken'
Louis reichte mir sein Handy, dann schaute er runter auf seinen halbvollen Teller. Ich schluckte schwer, bereute, ihn so angestarrt zu haben, dass er direkt wusste, was in meinem Kopf um sich ging. Heiligabend war sein Geburtstag, ich erinnerte mich daran, dass er meinte, er hasse seinen Geburtstag. Ich konnte dies erst nicht nachvollziehen, doch jetzt verstand ich ihn vollkommen. Seine Familie wurde ihm als Kind genommen, dann auch noch an Weihnachten, welches ab November das Hauptgesprächsthema vieler Menschen war. Er konnte sich jedoch nicht an Lametta und leckerem Gebäck erfreuen, sondern wurde umso mehr an die tragische Art und Weise des Todes seiner Familie erinnert.
Ich sah im leichten Kerzenlicht, dass Tränen sein Auge zierte. Langsam ging ich um den kleinen Tisch herum kniete mich vor ihn und schloss meine Hände um seine. Erst schauten wir uns einen Moment in die Augen, dann legte ich meine Arme und seinen zierlichen Körper. Er schluchzte in meine Armbeuge und krallte sich mit seinen kurzen Fingern in mein Sweatshirt."S-sie w-waren so-fort tot", stotterte er mit brüchiger Stimme. Es war das erste Ma, dass ich sie hören durfte. Sie war wunderschön, doch wäre mir in einer anderen Situation lieber. Ich strich sanft über seinen Rücken, versuchte für ihn da zu sein und flüsterte ihm liebevolle Kleinigkeiten ins Ohr. "Es tut mir wahnsinnig leid, Lou. Schrecklich leid", murmelte ich in sein Ohr und küsste sein Ohrläppchen.
So hockte ich noch einige Minuten auf dem Boden und hielt seinen bebenden Körper so nah es ging an meinem Herzen. Ich lächelte ihn leicht an, nahm seine kleinere Hand in meine und küsste jeden Knöchel seiner Finger einzelnd. Dadurch trug er wieder ein kleines Lächeln auf seinen Lippen und wischte sich die Tränen von der Wange. "Gehen wir kurz auf den Balkon Luft schnappen?", schlug ich ihm vor und als er nickte, zog ich ihn sanft hinter mir her, hinaus in die eisige Kälte.
Louis fing sofort an zu Bibbern und zu Zittern. Er kuschelte sich zurück an meine Brust und seufzte zufrieden, als ich meine Arme schützend um ihn legte. "Danke, dass du mir das erzählt hast. Es bedeutet mir sehr viel, dass du mir vertraust und es war wirklich sehr stark von dir", flüsterte ich in die stille Nacht und küsste sein weiches Haar. Der Wuschelkopf sah breit grinsend zu mir hoch. Mein Herz begann zu toben, ich liebte es, ihn so zufrieden zu sehen.
"Wie alt warst du, als es passiert ist?", wollte ich von wissen, legte eine seiner Haarsträhnen hinter sein Ohr. Er war ein wenig überfordert, dann zog er seine Hände hervor, die er um meine Hüfte gelegt hatte und zählte mit seinen Fingern sein damaliges Alter auf. Elf. Er erinnerte mich an ein Kleinkind, dass man fragte, wie alt es sei. Ich wünschte mir, seine Stimme erneut zu hören, doch akzeptierte natürlich, dass er nicht reden konnte und wollte, ich würde ihn niemals zu Worten zwingen.
Wenn ich mich daran erinnerte, was ich mit elf Jahren getan habe, während ich Louis' Geschichte im Hinterkopf hatte, wurde mir schlecht. Ich hatte zwar neben Niall keine Freunde und wurde in der Schule von meinen Mitschülern schikaniert, aber ich hatte meine Mutter, bei der ich mich später ausheulen konnte, einen Stiefvater, der mich zu dem Mann machte, der ich bin und eine ältere Schwester, die mich vor allen, die mich geärgert haben, beschützt hat. Ich könnte mir niemals vorstellen, plötzlich ganz ohne sie zu sein.
"Du bist wunderschön und unglaublich stark, Lou. Ich wollte dich schon vor Monaten ansprechen, schon das erste Mal, als ich dich gesehen habe, aber ich habe mich nie getraut. Du bist wirklich der schönste Mensch, den ich kenne", meinte ich aufgeregt und sah ihm dabei in seine hübschen Augen. Ich legte meine Hand liebevoll auf seine rechte Wange, fuhr die Umrisse seiner Brandnarbe umher und suchte Zustimmung in seinem linken, blau strahlenden Auge. Jedoch bevor ich etwas machen konnte, löste er sich komplett von mir und hüpfte zurück ins innere der Wohnung. Verwirrt folgte ich ihm, nur um zu sehen, dass er sich sein Handy geschnappt hatte und aufgeregt in die Tasten haute. Er überreichte mir nach kurzer Zeit sein Handy und wartete gespannt auf meine Reaktion.
'Sei mein Freund, Haz'
Erst konnte ich es nicht glauben und las die kleine Nachricht erneut, mein Herz machte einen Hüpfer, dann kam der Text erst bei mir an. Ich schnappte mir den Kleineren, grinste breit und wirbelte ihn im Kreis. Er kicherte laut, sein Auge noch immer rot vom Weinen, doch er war glücklich und spitzte seine Lippen für meine. Es dauerte keine Sekunde, da lagen meine Lippen auf seinen und verfingen sich in einem zärtlichen Kuss wieder, die Funken zwischen uns konnte man beinahe ertasten.
Louis Tomlinson, der hübscheste Mensch der Welt war nun mein fester Freund. Monate später tauchte Weihnachten auf dem Radar auf. Es war schon immer mein Lieblingsfest, ich liebte das Backen, die Geschenke und das Bummeln durch buntgeschmückte Weihnachtsmärkte, doch verbannte all meinen Schmuck in den Keller, wo Louis ihn nicht finden sollte. Seit Weihnachten wieder Präsenz in der Innenstadt und in den Medien wurde, zog mein Freund sich zurück.
"Hey Boo", rief ich, als ich seine Wohnungstür öffnete. Ein paar Wochen nachdem wir ein Paar wurden, gab ich ihm meinen Ersatzschlüssel und im Gegenzug bekam ich seinen. Nach der Schicht im Café hatte ich mich auf den Weg zum Supermarkt gemacht, ein paar Sachen eingekauft, damit wir gemeinsam Kochen konnten. Mein Handy vibrierte, ich öffnete die Nachricht von ihm, die sagte, dass er im Schlafzimmer sei und sich gerade anzog.
Lächelnd klopfte ich an der Tür und wartete auf ihn. Er war noch immer sehr schüchtern und unsicher was seinen Körper betraf. Kurz darauf trat er aus der Tür, gekleidet in gemütlicher Jogginghose und einem Hoodie von mir, der riesig an ihm aussah. Er lächelte mich an, stellte sich auf die Zehenspitzen und drückte mir einen kurzen Kuss auf die Lippen.
"Du siehst müde aus", sprach ich meinen Gedanken aus, deutete dabei auf seine Augenringe. Er nickte knapp, sah schüchtern zu Boden und drückte sich fest an mich. Louis war sehr bedürftig, wenn es um Körperkontakt ging, vielleicht schon ein wenig anhänglich, aber ich würde mich nie darüber beschweren, dass er es liebte, wenn ich ihn umarmte. Ich inhalierte seinen Geruch und fühlte mich gleich zu Hause.
"Louis, ich weiß, du möchtest nicht darüber reden. Aber naja, bald ist Weihnachten und ich würde es gerne mit dir verbringen, außer du möchtest alleine sein natürlich. Wir müssen es nicht feiern, aber ich würde dich gerne bei mir zu schätzen wissen und dass es dir gut geht", meinte ich, schaute ihn vorsichtig an und fuhr durch sein ungemachtes, strubbeliges Haar. Er seufzte leise an meine Brust und kuschelte sich nur noch enger gegen sie.
So kam es, dass ich Weihnachten dieses Jahr nicht im geschmückten Haus meiner Mutter mit unserer Familie verbrachte, sondern mit Louis, welcher mich brauchte. Er lag heulend in meinen Armen, während wir ein paar nicht-weihnachtliche Schnulzen schauten und zeigte mir auch ganz ohne Worte, wie sehr er mich liebte. Er hatte mir zwar immer wieder weis gemacht, ich sollte lieber zu meiner Familie fahren, aber niemals würde ich ihn in diesem Zustand alleine lassen.
Ich liebte ihn und würde alles für in Kauf nehmen, auch wenn unser Weihnachten anders ablaufen würde als bei anderen. Und wer weiß, vielleicht nahm ich ihn ein Jahr später mit zu meiner Familie und stellte ihn als meinen Verlobten vor. Man brauchte Geduld, aber für ihn würde ich wie gesagt alles in Kauf nehmen

sunflowerjulie

Larry-OS Adventskalender/2020Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt