Aon

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Point of View
Jamie

8 ʸᵉᵃʳˢ ᵃᵍᵒ

Man könnte meinen mit meinen 10 Jahren wusste ich was hier vorging. Doch ich tat es nicht. Ich wusste nicht, was hier passierte. Meine Eltern standen mit meiner kleinen Schwester außerhalb des Zimmers, während ich auf dem Krankenhausbett saß und mich fragte was dort vorging. Draußen bei meiner Familie stand noch ein junger Mann, ein Arzt. Er sagte etwas zu meinen Eltern, sein Gesichtsausdruck strahlte Trauer und Reue aus, während er leicht und bedauernd den Kopf schüttelte. Meine Mutter schlug sich geschockt die Hände vor den Mund und schüttelte heftig den Kopf, fing sogar an zu weinen. Mein Vater fuhr sich durch seine Haare und auch in seinen Augen glänzten Tränen, während er meine Mutter näher zu sich zog. Meine kleine Schwester Jenny sah die beiden mit dem gleichen Gesichtsausdruck an, wie ich es wahrscheinlich tat. Verwirrt.

Der Arzt hockte sich hin und sah zu Jenny. Er lächelte sie traurig an und sagte etwas, woraufhin meine Schwester große Augen machte, die sich ebenfalls mit Tränen füllten. Sie begann zu weinen und krallte sich an die Beine unserer Mutter. Und ich? Ich saß verwirrt auf dem Krankenhausbett und sah meiner Familie dabei zu wie sie weinte. Dabei hatte ich doch nur ein bisschen Ohrenschmerzen und hörte nicht mehr so gut wie am Anfang. Das Fieber war wieder weg und mir wurde auch nicht mehr so oft schwindelig. Mir ging es gut, warum also weinte meine Familie?

Mit verheulten Augen kam meine Familie wieder in mein Zimmer. Ich sah in die Augen meiner Mutter, ein helles beruhigendes braun mit kupferroten Sprenkeln. Auf ihren Lippen lag ein trauriges Lächeln. Sie strich mir durch meine kupferroten Haare und sah mir in meine Augen, die so aussahen wie ihre. "Jamie mein Engelchen.", sagte sie mit zittriger Stimme und legte ihre Hand an meine Wange, die sie schließlich vorsichtig streichelte. "Mom was ist los?", fragte ich sie besorgt. Auch ein wenig ängstlich. Immerhin war ich erst 10 und saß auf einem Krankenbett, während meine Familie komplett verheult rein kam, nachdem sie mit dem Arzt sprachen. Welches Kind bekam da keine Angst?

Meine Mutter schniefte und wischte sich über die immer noch nassen Augen. Dad legte ihr sanft eine Hand auf die Schulter, an der anderen hing Jenny und schniefte ebenfalls leise vor sich hin. Ihr Anblick war am schwersten zu ertragen. Ich liebte meine kleine Schwester, sie sollte nicht weinen. Es war schrecklich wenn sie weinte und ich hasste es. Ich wurde gleich noch trauriger und bekam noch mehr Angst, wenn ich sie so sah. "Jamie du musst jetzt ein starker Junge sein, okay?", holte Moms Stimme mich wieder in die Realität zurück.

Dieser Satz machte mir noch mehr Angst. Würde ich sterben? Würden meine Eltern sterben? Oder Jenny? Nein, nicht Jenny! Wenn ich sterbe ist es okay, aber bitte nicht Jenny! "Jamie du weißt doch, dass du eine Mittelohrentzündung hast.", sagte meine Mutter sanft. Sie riss sich zusammen, nicht wieder los zu weinen. Ich sah es ihr an. "Ja, deshalb tun meine Ohren weh.", sagte ich und nickte leicht. Meine Mutter nickte ebenfalls. "Diese Entzündung ist schlimmer als wir am Anfang gedacht haben." Ihre Stimme brach kurz ab und ein Schluchzer entwich ihrer Kehle. Aber das war doch nicht schlimm, oder? Ich würde doch wieder gesund werden. Das war doch kein Grund zu weinen. "Aber das ist doch nicht schlimm.", sprach ich meinen Gedanken aus. "Doch Engelchen. Das ist schlimmer als du denkst." Beunruhigt und ein wenig ängstlich sah ich meine Mutter an. "Jamie, du wirst bald nicht mehr hören können."

Ich sah sie an. Blickte von ihr zu meinem Vater. Von meinem Vater zu Jenny und von ihr wieder zu Mom. Ich würde… bald nicht mehr hören können? Aber… wie sollte das gehen? Es gab doch noch die Schule und meine Freunde. Wie sollte ich dann mit ihnen reden? Oder mit meiner Familie? Zwanghaft versuchte ich Antworten auf diese Fragen zu finden, bis ich es gänzlich realisiert hatte. Ich würde mein Gehör verlieren. Geschockt und überrannt von dieser Erkenntnis sah ich meine Mutter an und konnte ein paar Tränen nicht aufhalten. Ohne zu zögern wurde ich in ihre Arme geschlossen.

𝕋𝕒𝕝𝕜𝕚𝕟𝕘 𝕀𝕟 𝕃𝕠𝕧𝕖Where stories live. Discover now