Trì

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Point of View
Jamie

Der Weg zur neuen Schule war nicht lang. Wenn man davon absah, dass wir uns verlaufen hatten. Im normalfall brauchte man fünfzehn Minuten für den Weg, doch wir brauchten eine halbe Stunde. Eigentlich kannten wir den Weg auch und trotzdem hatten wir uns verlaufen. Das warf natürlich den ganzen Zeitplan durcheinander. Da wir nur zwanzig Minuten für den Weg eingeplant hatten, kamen wir zehn Minuten zu spät. Was der Sekretär wohl von uns denken wird? 

Wir kamen an der Schule an. Sie war komplett leer. Was erwartete man auch, wenn man zehn Minuten zu spät kam? Es waren mit Sicherheit schon alle im Unterricht, vielleicht ein paar vereinzelte Schüler die keine Lust hatten und extra zu spät kamen. Jenny und ich hatten wenigstens einen vernünftigen Grund; ebenso wie für die extra zehn Minuten in denen wir in dem Schulgebäude herum irrten um das Sekretariat zu finden. Wenigstens hatten wir so die Chance uns schon mal die Schule ein wenig zu besichtigen. Ich sah den Musikraum, den Kunstraum, den Raum für die Naturwissenschaften, den Eingang zur Sporthalle, sowie die Caféteria und die Schultoiletten.

Nach einiger Zeit entdeckten wir auch das Sekretariat, das in der hintersten, verwinkelten Ecke des Schulgebäudes versteckt war. Jenny klopfte an die hölzerne Tür und öffnete sie, nachdem scheinbar ein Zeichen kam. Wir traten ein und das erste was ich tat, war mich ein wenig um zu sehen, während Jenny mit dem älteren Mann hinter dem Schreibtisch sprach. Es war ein recht kleiner Raum, das fiel mir als erstes auf. Der Schreibtisch stand mittig des Raumes, dahinter der Drehstuhl mit dem älteren Mann. Die Wand dahinter enthielt große Fenster, durch die man auf die eher ruhige Straße blicken konnte. Links neber dem Schreibtisch befand sich ein grauer Schrank, rechts eine Tür die, laut Aufschrift, ins Büro des Direktors führte. Auf dem Schreibtisch stand ein dicker Computer, scheinbar war es ein älteres Modell.

Der Mann war, wie schon erwähnt, etwas älter. Seine Haare waren schon grau, zumindest die, die er noch auf seinem Kopf hatte. Er hatte ein paar vereinzelte Bartstoppeln am Kinn und richtige Pitbull-Wangen. Auf seiner kleinen Nase thronte eine große Brille; zu groß für die kleinen Augen unter denen sich tiefe Falten gebildet hatten. Seine Haltung war bucklig, das sah man selbst wenn er saß. Er sah aus wie der alte, gruselige Mann von nebenan, der immer griesgrämig guckte und schlecht drauf war. Doch an Jennys Mimik konnte ich erkennen, dass er scheinbar ein netter Mann war.

Er drückte Jenny zwei Zettel in die Hand, einen davon gab sie mir. Es gab Kurse wo man sich einschreiben konnte, einen musste man belegen. Der Zeichenkurs fiel mir als erstes auf, doch zeichnen tat ich zuhause schon zur genüge. Ein anderer Kurs sprang mir schon eher in die Augen. Kochen und Backen. Ganz leicht begann ich zu grinsen und tippte auf die Schulter meiner Schwester. Sie drehte sich zu mir, sodass ich sie fragen konnte. "Kann ich den Zettel gleich ausgefüllt hier lassen?", fragte ich sie, was sie dem älteren Mann übersetzte. Dieser sah mich etwas überrascht an, wusste wohl nicht das einer der neuen Schüler gehörlos war. Nachdem Jenny übersetzt hatte sah er zu mir und lächelte leicht, ehe er nickte. Ich platzierte mich also auf dem zweiten Stuhl und füllte mit den Stift den der Mann mir gab den Zettel aus, bevor ich ihn wieder dem Mann übergab.

Sie sprachen noch ein wenig miteinander, ich stand wieder hinter Jenny und sah mich weiter um, bis sie irgendwann wieder ein paar Zettel in die Hand gedrückt bekam. Jenny stand auf, reichte dem Mann die Hand und verabschiedete sich, ehe sie mich aus dem Raum scheuchte und mir folgte. Hinter sich schloss sie die Tür und sah sich die Zettel genauer an. Einen nach dem anderen gab sie mir die Zettel, damit ich sie mir ebenfalls durchlesen konnte. Als ich sah dass wir in derselben Klasse waren, atmete ich erleichtert durch. "Zum Glück sind wir in einer Klasse, was täte ich sonst ohne dich?" Sie lächelte leicht und nahm mir den Zettel wieder aus der Hand, ehe sie einen Arm um meine Schultern legte. Was nebenbei bemerkt ein wenig umständlich war, durch die sieben Zentimeter unterschied. "Du wärst zurecht gekommen, das weiß ich.", sagte sie und zog mich mit sich. "Weißt du denn, wo wir hin müssen?", fragte ich Jenny, worauf sie nickte.

𝕋𝕒𝕝𝕜𝕚𝕟𝕘 𝕀𝕟 𝕃𝕠𝕧𝕖Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt