Big Brothers 2

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47 Sekunden. Nur 47 Sekunden. Es hatte sich angefühlt wie mehrere Minuten, aber es waren nur 47 Sekunden an. 47 Sekunden vom ersten Schuss bis zum letzten. Kopfschüttelnd stieg ich aus der Dusche. Wie können sich die paar Sekunden nur anfühlen wie mehrere Minuten. Nachdenklich trocknete ich mich ab und schlüpfte in frische Klamotten. Inzwischen ist in meinem Kopf angekommen was passiert ist. Ich hatte es realisiert, aber verstanden habe ich es noch lange nicht. Was treibt einen Menschen nur dazu so etwas zutun. Wie verzweifelt muss man sein. Nachdenklich lief ich die Treppen runter. 47 Sekunden. 47 Sekunden voller Angst. Im Nachhinein betrachtet waren wir eigentlich nicht mal in großer Gefahr. Der Typ wollte wohl nur sein Geld. Es war nicht sein Ziel uns alle umzubringen. Außerdem war Liam die ganze Zeit bei mir. Keine Ahnung was ich ohne ihn getan hätte. Es war mir noch immer ein Rätsel wie Liam so ruhig bleiben konnte. Ich hatte in dem Moment solche Angst, ohne Liam wäre ich komplett durch gedreht. Nachdenklich schmierte ich mir ein Nutella Brot. Es war zwar schon spät aber ich hatte echt Hunger. Vorhin haben wir ja auch nicht wirklich etwas gegessen. Hungrig setzte ich mich auf die Küchenzeile und begann zu essen. Es dauerte nicht lange bis Cole in die Küche stand. „Wie gehts dir" fragte er besorgt. „Weiß nicht, ich denke ganz okey" antwortete ich ehrlich. Es war anders. Inzwischen konnte ich das ganze mit mehr Abstand betrachten. In dem Moment hatte ich Angst. Panische Angst. Und wäre ich wieder in der Situation hatte ich wieder genauso viel Angst, aber jetzt ist es vorbei. Es ist vorbei und es ist nichts passiert. Ich bin zuhause, wir sind Zuhause. „Ich versteh nicht warum der Mann das gemacht hat" sprach ich meine Gedanken aus. „Es war wohl ein Obdachloser. Wahrscheinlich ist er getrampt, hat irgendwo ein Gewehr gefunden und dann hat alles so seinen Lauf genommen. Es war nicht durchdacht. Er hat sich keine Mühe gegeben seine Identität zu verbergen, er hat einfach das nächst beste Ziel ausgewählt, ohne viel darüber nachzudenken wie viel er dort holen kann. Es war wahrscheinlich eine Kurzschlussreaktion. Verzweifelte Menschen tun verzweifelte Dinge. Die Sanitäter haben gesagt das er ziemlich herunter gehungert war, wahrscheinlich wollte er einfach Geld um mal wieder was zu essen. Das rechtfertigt nicht das was er getan hat, aber vielleicht hilft es dir nachzuvollziehen warum er so gehandelt hat" erklärte mir mein großer Bruder. In was für einem Land leben wir eigentlich. Wir lassen Menschen auf der Straße verhungern. Wir lassen es zu das Menschen so verzweifelt werden und sie zu solchen Taten greifen. Was ist an unserem System falsch das wir sowas zulassen. Menschen sind obdachlos, Menschen verhungern und wir machen nichts dagegen. Skid Row, eines der gefährlichsten viertel in Los Angeles. Hier leben ungefähr 2.000 Obdachlose. Es ist eine Zeltstadt. Überall stehen Zelte in denen Obdachlose hausen. Insgesamt gibt es im Großraum Los Angeles 60.000 Obdachlose. 60.000 Menschen die kein zuhause haben, kein Job, kein Geld, kein Essen. So viele Menschen. Wenn die Leute an Los Angeles denken sehen sie Hollywood, Stars, schönes Strände. Sie kommen alle her um berühmt zu werden, jeder Kellner ist ein Schauspieler. Alle machen hier Urlaub im schönen, sonnigen Los Angeles. Das ist das Bild das alle im Kopf haben, aber niemand denkt an die 60.000 Obdachlose. Viele wissen noch nicht einmal von ihnen. Wir haben ein kaputtes System. Du wirst sofort fallen gelassen wenn du keinen Job mehr hast. Du verlierst alles bis du irgendwann auf der Straße landest, und da kommt man kaum wieder heraus. Wir müssen mehr für Obdachlose tun. Jeder. Auch ich. Ich kannte die Zahlen, ich wusste um das Problem aber ich hab bis jetzt auch nichts dagegen unternommen. Man muss den Menschen helfen. Menschen die aus lauter Verzweiflung ein Diner überfallen. Wir können sie doch nicht einfach so fallen lassen. Wir können doch nicht einfach Menschen verhungern lassen. Das geht nicht!
„Doch, es rechtfertig was er getan hat" sagte ich entschlossen. „Nein Princess, das tut es nicht" antwortete Cole sofort. „Doch. Wie hungrig muss ein Menschen sein das er so etwas macht. Warum kommt es überhaupt so weit. Die Menschen verhungern auf der Straße während ein paar Blocks weiter andere für hunderte von $ sich den Bauch voll fressen" sagte ich Kopfschüttelnd. Ich spürte wie ich wütend wurde. Nicht auf den Mann, sondern auf unser System. Wir müssen etwas ändern! „Es gibt andere Möglichkeiten an essen zu kommen. Er hat sich bewusst dafür entschieden Menschen zu verletzten, Menschen zu töten. Auch wenn das alles nicht sonderlich gut durchdacht war, er hat sich dafür entschieden und nichts rechtfertig diese Entscheidung" sagte Cole ernst. Inzwischen ist auch Jake in die Küche gekommen. „Was für Möglichkeiten gibt es denn? Wenn es welche gäbe wäre es doch nicht so weit gekommen" murmelte ich vor mich hin. „Es gibt immer einen Weg, und das was er gemacht hat war falsch. Was wäre gewesen wenn er einen anderen verletzt hätte, wenn er jemand erschossen hätte. Menschen hätten sterben können. Sie wären tod weil er Hunger hat. Der Mann kann vielleicht nichts dafür das er auf der Straße lebt und Hunger hat, aber kannst du oder Liam was dafür. Es ist ungerecht, aber wäre es gerechter wenn jemand gestorben wäre. Egal wie hungrig du bist, man geht nicht in einfach in ein Diner und fängt eine Schießerei an" sagte Cole. Er hatte auch irgendwie recht. Es war eine falsche Entscheidung die der Mann getroffen hatte, trotzdem hätte es nie so weit kommen dürfen...

Hey, schon wieder ich.
Obdachlosigkeit. Alle Fakten, alle Daten in diesem Kapitel sind echt. Wir haben über 60.000 Obdachlose in Los Angeles. In Skid row stehen überall Zelte und alles ist voller Menschen die kein zuhause mehr haben. 60.000 Menschen, alleine in einer Stadt. Stellt euch das mal vor. Hier ist nicht alles so toll wie ihr manche sich das vorstellen. Wir haben nicht so ein tolles Auffanglager wie ihr in Deutschland. Wenn du hier deinem Job verlierst landest du ganz schnell auf der Straße. Leider ist das alles Realität und nicht ausgedacht...