1. Kapitel

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Nicolas POV

Müde betrete ich den Bus. Warum muss der auch schon um fünf Uhr morgens fahren? Aber immerhin, da ich einer ersten bin, habe ich noch freie Platzwahl. Also gehe ich durch die Sitzreihen und lasse mich auf einen Sitz weiter vorne fallen.

Kurz darauf hört man wie mehrere Personen lautstark den Bus betreten. Ganz vorne Adam. Ein totaler Angeber. Er prahlt stolz von sich und seinen Leistungen und wird von einer Gruppe bestehend aus seinen Freunden und Cheerleadern umschwärmt. Sie gehen ganz nach hinten wo sie ihren Spaß haben. Ich verdrehe die Augen und starre aus dem Fenster. Einer der Gründe warum ich hier vorne sitze.

Erschöpft seufze ich. Ich habe jetzt schon genug. Wir reisen in ein Außengebiet unseres Landes, wo es erstens kalt ist und wir zweitens irgendetwas aufbauen sollen. Das haben anscheinend auch schon alle Jahrgänge vor uns getan und es soll den Teamgeist fördern. Sogar Mum war total begeisterst davon und hat mir von ihrem Ausflug damals erzählt.

Ich weiß ehrlich gesagt nicht so genau was ich davon halten soll. An sich ist es ja eine schöne Idee, aber wenn sie Arbeiter brauchen, hätten sie das auch einfach sagen können. Obwohl es wahrscheinlich einfacher ist die Leute dafür zu begeistern, wenn man es als teambildende Maßnahme verkauft.

Langsam füllt sich der Bus, bis alle da sind. Frau Ellen, auch von allen die Schlange genannt, tritt mit strengen Blick nach vorne. Sofort verstummen jegliche Gespräche. Als sie feststellt, dass alle ihr zu hören, lächelt sie zufrieden. ,,Willkommen zu diesem jährlichen Ausflug. Jeder Jahrgang führt ihn durch. Also hoffe ich, dass ihr es auch schafft und unserer Schule keine Schande bringt. Das wars.", endet sie und sofort bricht wieder Tumult aus.

,,Achso, eine wichtige Sache noch." Sie winkt jemanden zu sich und ein blondes Mädchen tritt neben sie. Mit grünen Augen sieht sie sich schüchtern im Bus um. ,,Das ist Mia. Sie wird ab heute eure neue Klassenkameradin sein." Sofort bricht Gemurmel aus. Jeder beäugt die Neue neugierig, sich wohl fragend zu welcher Kategorie sie gehören mag.

Es ist sehr stereotyp, aber wahr. An unserer Schule lassen sich die typischen Gruppen finden. Die Coolen, die Streber, die Cheerleader, die Freaks und so weiter und sofort. Nenne es und du wirst es garantiert finden.

Ich selbst sehe mich in keiner dieser Kategorien, obwohl mich die Anderen wahrscheinlich zu den Freaks oder Losern zählen würden. Aber das stört mich nicht. Ich habe meinen besten Freund Leon. Er tickt genauso wie ich und wir kennen uns schon ewig. Eigentlich sollte er auch bei diesem Trip mitkommen, allerdings ist er krank geworden.

Ich habe keine Ahnung was ich ohne ihn tun soll. Versteht mich nicht falsch. Ich bin an sich eine sehr soziale Person. Aber bei unserer Klasse bringt das überhaupt nichts. Zum Glück sind wenigstens Isabell und Paul da, zwei gute Freunde von mir und wie man es vielleicht schon vermutet hat, ein Paar.

Hoffentlich ist die Neue, nicht genauso wie Adam.

Apropos die Neue. Sie tut mir schon ziemlich leid. Momentan wird sie von allen umringt und mit Fragen durchlöchert. Wo sie denn herkommt, warum sie denn mitten im Schuljahr gewechselt hat und so weiter.

Die Arme. Es muss schwierig sein mitten im Schuljahr auf eine andere Schule zu wechseln auf der es von Idioten nur so wimmelt. Das klingt zwar hart, aber ich kenne mich damit aus, glaubt mir. Aus diesem Grund und weil mir das Geschreie im Bus schon wieder zu laut wird, setze ich meine Kopfhörer auf und beobachte die Landschaft, die am Fenster vorbei zieht.

Nach einer Weile reißt mich ein Tippen auf meine Schulter aus meinen Gedanken. Ich sehe auf und entdecke die Neue, welche mich anlächelt. Ich setze meine Kopfhörer ab und sehe sie erwartungsvoll an. ,,Ähm hi, du bist Nicolas, oder?", fragt sie und lächelt mich schüchtern an. Ich nicke und schenke ihr ein warmes Lächeln. ,,Was gibt's?", frage ich freundlich. ,,Naja, Frau Ellen meinte ich soll mich bei Fragen an dich wenden. Außerdem habe ich gesehen, dass neben dir ein Platz frei ist, also wollte ich fragen, ob ich mich zu dir setzen darf."

,,Aber natürlich.", antworte ich und nehme meinen Rucksack von dem Sitz. ,,Danke.", lächelt sie mich an und setzt sich neben mich. Sie mustert mich kurz und sieht so aus als wolle sie etwas sagen, wird allerdings von Frau Ellen unterbrochen.

,,Ich werde euch nun in Arbeitsgruppen aufteilen. Jede Gruppe bekommt eine Aufgabe zugeteilt, für die sie während des Aufenthaltes zuständig sein wird." Während sie die Liste vorliest, starre ich desinteressiert aus dem Fenster, bis ich meinen Namen höre.

,,Paul, Isabelle, Nicholas und Mia, ihr seid in einer Gruppe." Ich grinse den beiden hinter mir zu und wir klatschen uns ab. Zum Glück bin ich mit den einzig beiden anderen Normalen in einer Gruppe. Und Mia scheint auch ganz nett zu sein. Vielleicht wird dieser Ausflug doch keine Katastrophe.

,,Achso, Adam ist auch noch in eurer Gruppe." Sofort fällt mein Lächeln und ich sehe Frau Ellen ungläubig an. Paul und Isabelle stöhnen hinter mir entnervt und auch Adam beginnt lautstark zu protestieren.

,,Gut das wäre es dann erstmal. Habt ihr noch Fragen?" Ein Tumult bricht aus, doch sie ignoriert es und setzt dann noch ein kaltes ,,Es gibt keine Änderungen, also findet euch gefälligst damit ab." hinterher.

Jetzt verstehe ich endlich ihren Spitznahmen. Sie ist wahrlich eine Schlange.

Stöhnend falle ich zurück in meinen Sitz und sinke in ihm zusammen. ,,Ist alles in Ordnung?", fragt Mia besorgt und ich sehe sie an. ,,Ach, es ist nichts. Nur das Adam in unserer Gruppe ist."

,,Was ist denn so schlimm an ihm? Er schien eigentlich ganz nett.", meint sie schüchtern und ich sehe sie ungläubig an. ,,Adam und nett? Ich denke eingebildet trifft es eher." Fragend sieht sie mich an. Ich deute nach hinten und wir drehen uns beide um.

Wie auf Kommando gibt Adam wieder einen seiner Sprüche zum Besten: ,,Auch wenn das Idioten sind, immerhin bin ich da, denn sonst würden die ja gar nichts hinbekommen." Überheblich küsst er seinen Bizeps. ,,Und die Neue ist ja auch schon ziemlich heiß." Als er sieht, dass wir zu ihm schauen, zwinkert er meiner Sitznachbarin kokett zu.

Also eines muss man ihm ja lassen, er hat wirklich perfektes Timing.

,,Okay, ich hab's verstanden.", meint Mia verstört und ich muss grinsen.

Den Rest der Fahrt verbringe ich schlafend.
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Die nächsten Tage vergehen wie im Flug. Unsere Aufgabe ist recht simpel. Wir sollten einen Spielplatz bauen.

Leider lief nicht alles reibungslos. Unsere Gruppe wurde mit dem Anbringen von 2 Schaukeln beauftragt. Ja, Schaukeln anbringen. Einfacher geht's wohl nicht. Da kann doch eigentlich nichts schief gehen, oder?

Und eigentlich hatten wir auch alles im Griff und lagen gut im Zeitplan, aber Adam war ja der Meinung, dass es eine gute Idee wäre, die Stabilität der Schaukel zu testen, in dem wir uns alle drauf setzen.

Klingt total dumm, oder? Find ich auch.

Aber ob man's glaubt oder nicht: Die anderen haben ihm sogar zugestimmt.

Wer wurde dabei überstimmt? Richtig. Ich.

Also haben sie den Plan in die Tat umgesetzt.

Und ob man's glaubt oder nicht: Eine Schaukel, die für Sechsjährige gedacht ist, kann keine 4 Siebzehnjährigen tragen.

Was für eine Überraschung.

Aber auf mich hört ja hier keiner.

Und jetzt bauen wir bis in die Nacht hinein an dem Dach weiter, da dabei die Halterung verbogen wurde, während die Anderen bei dem Lagerfeuer sind.

Nicht das ich es unbedingt brauche, aber ich hätte schon Lust auf so einen schönen, saftigen, perfekt karamellisierten Marshmallow gehabt.

Das kann ich jetzt wohl auch vergessen.

Als dann die Dunkelheit einbricht, entscheiden wir uns dazu eine Pause zu machen. ,,Wollen wir uns zum Lagerfeuer dazugesellen?", schlägt Isabell vor und sieht fragend in die Runde.

,,Das ist voll öde.", stöhnt Adam gelangweilt, ,,Wer will denn schon so einer Lagerfeuer machen?" Ein veschmiztes Grinsen erscheint auf seinem Gesicht. ,,Ich weiß, was wir tun können."

Das gefällt mir ganz und gar nicht.

Undercover SonWo Geschichten leben. Entdecke jetzt