14. Kapitel

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Nicolas POV

Nachdem ich mit der Aufgabe fertig bin, mache ich mich grummelig auf den Weg zurück zum Schlafsaal. Sage und schreibe drei Stunden habe ich für ihre Aufgabe gebraucht, weil die Hakennase zufälligerweise immer neue Flecken gefunden/verursacht hat. Und von dem ganzen knien tut mein Rücken jetzt weh. Und das ausgerechnet einen Tag vor dem Auswahlverfahren.

Ich meine, echt jetzt? Mit einer Zahnbürste den Boden schrubben? Was Besseres ist ihr nicht eingefallen? Das ist ja fast wie aus nem schlechten Film.

Obwohl, so komm ich mir mittlerweile wirklich vor.

Auf den pampigen Essensbrei, den wir im Schlafsaal serviert bekommen, habe ich jetzt auch nicht wirklich Lust.

Ich erreiche endlich den Schlafsaal und stoße die Tür auf. Nichts als eisige Stille empfängt mich. Sie reden nicht miteinander und würdigen mich auch keines Blickes, obwohl mir bewusst ist, dass sie jeden meiner Schritte verfolgen.

Das ist mir gestern auch schon aufgefallen, als wir alle zusammen in den Schlafsaal gesteckt wurden. Nicht ein einziges Wort haben sie miteinander gewechselt. Stillschweigend haben sie sich ihre Betten gesucht und sich eingerichtet und das war's dann auch schon. Von den meisten kenne ich nicht einmal ihren Namen. Stattdessen beobachten sie sich nur still gegenseitig in der Hoffnung, eine Schwachstelle des anderen zu finden.

Was haben die überhaupt den ganzen Tag über gemacht? In dem Schlafsaal ist halt auch nicht viel. Nur 8 Betten aneinander gereiht und am Ende des Raumes gibt es ein Gemeinschaftsbad. Sag mir nicht, die saßen den ganzen Tag hier so rum und haben sich gegenseitig angeschwiegen. Aber das war wohl zu erwarten bei einem Raum voller hochqualifizierter Kandidaten.

Naja, eine Ausnahme gibt es. Aber unterhalten kann man das auch nicht wirklich nennen, sondern eher nerven und schikanieren.

,,Ich hab gehört, du musstest den Boden mit ner Zahnbürste schrubben. Dann bist du ja bestens auf morgen vorbereitet.", sagt er gehässig, sobald er aus dem Badezimmer tritt. Ahh, wenn man vom Teufel spricht. Wie schon gesagt, habe ich keine Ahnung wie er heißt, aber er mag es anscheinend, den Rest hier zu nerven.

Er ist relativ groß gebaut und hat rot-braune Haare. Seine kalten blauen Augen bohren sich in mein Gesicht und scheinen jedes meiner Geheimnisse zu kennen. Er hat ein kantiges Gesicht, welches ihn viel älter erscheinen lässt, als er wohl eigentlich ist und eine lange schon verblasste Narbe sitzt auf seiner Stirn. Ich weiß nicht wieso, aber irgendwie macht ihn allein das viel bedrohlicher und ernst zunehmender.

Ich ignoriere ihn und kontrolliere kurz mein Bett, bevor ich mich erschöpft hinein lege. Es ist nicht sonderlich weich, aber immerhin besser als das Bett in der Zelle.

,,Von so ner kleinen Sache bist du schon k.o.? Und du willst gegen uns antreten? Du hättest wohl lieber in deinem Kaff bleiben sollen.", kommt da auch schon der nächste Spruch. Obwohl ich es mir nicht anmerken lasse, beunruhigt es mich schon irgendwie, dass er mehr über Ben weiß als ich.

,,Wart's ab. Selbst im Schlaf würde ich dich besiegen. Du wirst schon sehen, was du morgen davon hast. ", kann ich mir trotzdem nicht verkneifen und nutze dabei einen ähnlichen Ton wie er. Ich weiß, ich weiß, solche Menschen sollte man am Besten ignorieren, da sie das am meisten ärgert, aber ich konnte mich einfach nicht zurück halten.

Dieses Problem habe ich schon so ziemlich immer gehabt.

Manchmal möchte ich solchen Menschen einfach einen Schluck ihrer eigenen Medizin geben, obwohl ich weiß, dass es besser wäre sich zurück zuhalten. Und gerade in meiner jetzigen Situation sollte ich weder zu viel über mich preisgeben noch aus meiner Rolle fallen. Das heißt also, ich muss meinen Stolz zurückfahren und einfach mal einstecken. Egal wie schwer mir das bei solchen Idioten fällt. 

Ein Scheitern meinerseits wäre fatal. Denn wenn ich es nicht schaffe die Listen zu zerstören bzw an mich zu bringen, dann gehe ich nicht nur alleine unter. Viel zu viele Menschenleben hängen an meinem Erfolg, als dass ich es durch so eine Dummheit riskieren darf.

 Es reicht ja immerhin schon wenn einer von ihnen Verdacht über Ben schöpft. 

Also sende ich einen letzten warnenden Blick in seine Richtung und drehe mich von ihm weg. Obwohl er weiterhin irgendwas erzählt, schaffe ich es ihn auszublenden.

Ich seufze innerlich. Jetzt mal ehrlich. Warum ziehe ich diese Art von Menschen immer an? Zuhause Adam und jetzt auch noch er. Mir reichte die Hakennase ja schon.

Nerv die anderen doch auch mal. Was hab ich dir denn getan? Ich glaub ich muss noch ein bisschen an meinem Killerblick arbeiten, damit er mir vom Leib bleibt.

Leider denke ich nicht, dass ich ihn mit irgendwelchen Sprüchen zum Schweigen bringen kann. Denn anders als mit Adam hat er irgendetwas Dunkles an sich. So als wüsste er genau was er täte und das nicht ohne Hintergedanken. Vermutlich will er mich irgendwie provozieren, um etwas über mich herauszufinden. Ich sollte also vorsichtig um ihn herum sein und nicht . Sollte einer der Kandidaten herausfinden, dass ich nicht der bin, der ich vorzugeben sei, habe ich ein Problem.

Mit etwas Glück muss ich das hier nur noch morgen ertragen. Noch wohnen wir in einem gemeinsamen Schlafsaal, doch nach dem Auswahlverfahren, wenn wir unsere Paten bekommen, werden die meisten wahrscheinlich ausziehen.

Je höher der Rank des Paten ist, desto bessere Chancen hat man auf den Platz. Mit etwas Glück könnte man sogar eine eigene Unterkunft bekommen. Das wäre auf jeden Fall sehr gut, denn die Konkurrenz ist groß und man muss durchaus mit einem Sabotageakt rechnen.

Was tatsächlich auch schon passiert ist. Ursprünglich waren wir 8 Kandidaten, fünf Jungs und drei Mädchen, jetzt sind wir nur noch 7. Kurz nachdem wir eingezogen sind, hat irgendjemand Giftefeu in unsere Betten getan. Es befand sich in all unseren Betten, doch einer der Jungs hat sich als erstes hinein gelegt, sodass wir davon erfahren haben. Es ist nicht tödlich und hinterlässt auch keine bleibenden Schäden, reicht aber dennoch, um einen Konkurrenten aus dem Spiel zu bringen. Und da es nicht tödlich war, wurde es auch nicht als Ordnungswidrigkeit angesehen, weshalb auch keine Nachforschungen dazu eingeleitet wurden.

Zwischenzeitlich habe ich auch mit dem Gedanken gespielt, mich mit einigen hier anzufreunden. Zu zweit ließe sich diese Hölle sicherlich leichter ertragen und es wäre sicher nicht schlecht, einige Verbündete zu haben. Dachte ich zumindest.

Diesen Gedanken habe ich jedoch schon bald verworfen.

Mal ganz abgesehen davon, dass sich hier bis auf eine Person alle anderen anschweigen, ist das hier ein Konkurrenzkampf. Und das merkt man auch. Jeder hier will den Platz haben und sie werden alles dafür tun, ihn zu bekommen, was man an der Giftefeu-Geschichte gut sehen kann. Sie sind gnadenlos, aber sonst wären sie wohl auch nicht hier.

Sie könnten jede Kleinigkeit über mich zu ihrem Vorteil nutzen, um mich aus dem Wettkampf zu werfen. Und wer weiß, vielleicht ist die nervige Art von dem nervigen Narben-Kerl einfach nur eine Taktik um Schwächen der Gegner zu finden. 

Schon morgen ist das Auswahlverfahren. Dort wird sich entscheiden, ob ich weiter komme und meine Mission beenden kann oder ob ich versage und Ethan so wie all die anderen mit mir reiße.

Aber das wird nicht passieren.

Dafür werde ich sorgen.

Undercover SonWo Geschichten leben. Entdecke jetzt