s e c h s u n d d r e i ß i g

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Ich spürte, wie ich vorsichtig hochgehoben wurde. Langsam öffnete ich meine Augen, während mir Julians Parfüm in die Nase stieg. Mein Blick wanderte etwas wirr herum, bis ich realisierte, dass Julian mich durch den Flur trug.
„Tut mir leid, ich wollte dich nicht wecken. Schlaf einfach weiter. Ich bring dich ins Bett", flüsterte er mir nur leise zu. Ich atmete tief durch die Nase ein und aus.
„Wie spät ist es?", murmelte ich dann nur kaum verständlich vor mir her.
„Kurz vor zehn".
"Morgens?". Daraufhin summte Julian nur zustimmend und drückte mir dann einen Kuss an die Schläfe.

Ich hatte die ganze Nacht über nicht geschlafen. Ich konnte nicht. Mir ging alles durch den Kopf.
Auf der einen Seite wollte ich das mit Julian einfach beenden. Aber gleichzeitig konnte ich es nicht.
Auf irgendeine Art und weise war ich zu schwach. Nicht nur körperlich, einfach auch vor liebe.

Vorsichtig legte Julian mich aufs Bett und deckte mich dann zu. Nach einem Moment der Stille, hörte ich ihn dann plötzlich tief einatmen.
"Shirin, das was da gestern Abend passiert ist, tut mir unendlich leid",sagte er dann auf einmal.
"Ist schon okay", kam es daraufhin nur im Halbschlaf von mir zurück, gefolgt von einem "Vielleicht hab ich es nicht anders verdient".
Im Nachhinein kann ich nur über diese Aussage lachen. Ich hatte es nicht verdient!
"Hm", stieß Julian daraufhin nur aus.
In diesem Augenblick war ich mir nicht sicher, ob er einfach nicht wusste, was er daraufhin sagen sollte oder ob er es gar nicht erst versuchen wollte abzustreiten. Vielleicht wiegte er sich einfach in Sicherheit, wenn er mich in diesem dummen glauben lassen würde, dass ich schuld war und ich es nicht anders verdient hätte.
"Dann schlaf gut, Schatz. Soll ich dich wecken?".
"Pünktlich zum Spiel, bitte".
"Okay", und damit lief er dann leise aus dem Schlafzimmer.
Wahrend der kleine Spalt, durch den licht durch die Schlafzimmertür fiel immer kleiner wurde immer kleiner wurde, zog ich die Decke nur enger an meinen Körper.

Julian hatte gewonnen. Egal was er tat, ich würde ihn lieben und zu ihm halten.
Ich war gefangen in einem Käfig voller Scheinheiligkeit, Schauspielerei, Hass, Aggressionen und Angst.
Und ich wusste nichts und niemanden, der mich befreien konnte. Weder Kai und Sophia, noch Sam. Jannis und Jascha würden mich wahrscheinlich auslachen, wenn ich ihnen erzählen würde, dass Julian eben so ist, wie er ist. Und selbst wenn sie mir glauben würden, würde für sie eine Welt zusammenbrechen. Sie könnten damit niemals umgehen.
Nicht mal ich selbst könnte mir helfen. Würde nur eine kleinste Kleinigkeit aus meinem Mund an die Presse kommen und sich nur irgendwie bestätigen, wäre Julians Karriere gelaufen und die Gefahr Kais direkt mit zu zerstören ist einfach zu groß.

Gleichzeitig hatte ich immer noch die Hoffnung Julian würde sich ändern, andererseits dachte ich mir, dass er schon gefühlte tausend Chancen hatte sich zu ändern oder mir nur alleine einen guten Willen zu zeigen.

Ich stand zwischen tausenden Türen, die sich öffneten, doch durch mich selbst noch in der gleichen Sekunde geschlossen wurden. Vielleicht war es nicht Julian, der Hilfe brauchte sondern ich.

"Ich hasse mich so sehr".

crazy what you'll do for a friend | Julian Brandt FFWhere stories live. Discover now