XXXVII | Merlin

20 5 28
                                    

Erneut befinden wir uns im Thronsaal. Nur sieht er deutlich anders aus. Das kann an dem Licht liegen, welches durch die hohen Glasfenster einfällt. Dicke Gewitterwolken haben sich vor der Sonne versammelt, als wären sie ein Zeichen für etwas Böses, was auf die Welt zukommt. Das Licht wirkt dadurch fast Lila, welches die Gestalt in Szene setzt, die auf dem Thron kauert, hinter ihr breiten sich unzählige Banner mit Wappen darauf aus.

Morgana trägt Purpur, und unwillkürlich muss ich an meinen Zeit mit Madame Rosario denken. Purpur ist die Farbe der Könige. Morgana ist die Königin von Camelot. Und so sieht sie auch aus. Zwar wirkt der Thron zu groß für sie, ebenfalls wie die Krone, die ihr scheinbar immer wieder vom Kopf rutschen will, doch alles an ihr schreit nach der Königin von Camelot. Was sie ist. Sie hat ihren Bruder getötet und sich selbst die Krone aufgesetzt.

Trotz dieser schrecklichen Tat ist es ruhig im Saal. Nun, der Saal ist ebenso leer wie er ruhig ist, das könnte eine Erklärung sein, doch trotzdem ist es komisch. In Geschichte habe ich gelernt, dass die meisten Könige und Königinnen sich regelrecht haben anbeten lassen, vor allem kurz nach ihrer Krönung. Morgana kann noch nicht lange Königin sein, trotzdem zieht sie ihre eigene Gesellschaft vor. Wäre ich sie, würde ich es genauso halten. Ich habe schon heute genug gesehen, um zu wissen, dass man niemandem trauen sollte, wenn man Macht in seinen Händen hält. Eine Lehre, die auch Mister O'Byrne mir hätte ins Ohr flüstern können. Vielleicht sollte ich seinen Worten mehr Gehör schenken, als ich es sowieso schon tue. Auch wenn das Elijah nicht gefallen wird. Ich schüttle den Kopf. Ich muss Elijah aus meinem Kopf bekommen. Auch wenn es mir in letzter Zeit immer schwerer fällt. Er ist mein Partner, er sollte an meiner Seite sein. Doch er hat uns verraten und unser Band zerstört. Das lässt sich nicht wieder herstellen.

In diesem Moment schwingt die Tür des Thronsaales auf und ein Mann stürzt nahezu hinein. Er trägt einen ausgeblichenen, zerschlissenen Mantel, der eindeutig schon mal bessere Zeiten gesehen hat. Früher muss er einmal bunt gewesen sein, doch die Farben verschwimmen mittlerweile in einen einzigen, dreckigen Grauton. Außerdem wirkt der Mantel, obwohl der Mann ziemlich hochgewachsen ist, zu groß. Wie alles an ihm. Seine Hände wirken klobig an seinen Armen, ebenso wie seine Beine zu lang für seinen Körper scheinen. Seine Nase ist zu überproportioniert für sein langes Gesicht, das kann auch der dichte, braune Bart, der die Hälfte seines Gesichts verbirgt, nicht kaschieren. Auf dem Kopf hat er, im Gegensatz zum Gesicht, kaum noch Haare. Im Großen und Ganzen wirkt er wie ein... eigenartiger Mann, dazu trägt auch der Ausdruck in seinen Augen bei. Er hat grüne Augen, in denen der Wahnsinn nur so glüht. Er stolpert mehr, als dass er geht, wodurch seine Erscheinung nur noch komischer wirkt.
Morgana, die direkt vor ihm sitzt, wirkt plötzlich noch herrschaftlicher. Stolz blickt sie ihn an, ohne dass ein Lächeln ihre Lippen ziert. „Merlin", spricht sie. „Ich hatte dich schon vor Tagen hier erwartet."

Für einen Moment bin ich schockiert. Dieser Mann, Nein, diese Hülle eines Mannes, soll der mächtigste Magier aller Zeiten sein? Der Merlin, über den es tausende von Filmen gibt, dessen Namen jedes Kind kennt?
Das kann ich nicht glauben. In meiner Vorstellung war Merlin immer entweder ein alter, weiser Mann mit einem langen Bart oder zumindest soetwas wie ein magischer Ritter. Aber anscheinend ist er weder das eine noch das andere. Er sieht aus, als würde er auf dem Supermarktparkplatz Vorträge über einen kommenden Weltuntergang halten. Ja, das trifft es ganz gut.

Der Magier sieht Morgana an, als wäre sie das schrecklichste Monster, das er jemals gesehen hat. „Du hast ihn getötet", wispert er, doch es klingt so, als könnte er selbst das noch nicht ganz glauben. Artus und er standen sich sehr nahe, laut Morgana waren sie beste Freunde- ich weiß nicht, wie ich reagiert hätte, wäre Cherry tot. Sie ist Teil meiner Familie, sieht sogar mehr nach einer Moonrose aus, als ich es tue. Ich kann sie nicht verlieren, genauso wenig wie Spencer, Danny, Caroline oder Faye. Und Elijah.

Time Travelling | Lost in TimeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt