LV | Am Leben erhalten

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Wir bewegen uns langsam und vorsichtig, versuchen, nicht allzu viel Geräusche im Unterholz zu machen. Unglücklicherweise sind wir nicht gut darin. Vor allem ich. Elijah schafft es irgendwie, so über die Stöcke zu treten, dass sie ganz langsam brechen und nichts weiter als ein Stöhnen von sich geben. Fuz, das kleine Ding, schafft es sowieso sich geschickt wie ein Wiesel durch die Büsche zu winden. Ich bin leider weder Elijah noch Fuz und so schleiche ich vor mich hin und mache immer wieder den meisten Lärm. Keiner rügt mich dafür. Natürlich nicht, das würde ja nur noch mehr Lärm verursachen. Trotzdem habe ich das Gefühl, Elijah würde mich am liebsten über seine Schulter werfen und hier raus tragen.

Plötzlich bleibt Fuz stehen und deutet mit einem seiner langen Finger nach vorn. „Da."
Vor uns, unruhig auf einer Wiese umher trabend, als würden sie merken, dass etwas vor sich geht, schreiten unzählige Pferde auf und ab. Von klapprigen, alten Gäulen, bis hin zu mächtigen Streitrössern ist alles vertreten. Sogar einige Maultiere befinden sich in der Gruppe.
Vorsichtig verändere ich meine Position in den Büschen, um zu sehen, ob Mitglieder der Dunklen Garde sich hier herumtreiben. Doch sehen kann ich nichts. Aber das heißt nichts. Immerhin sind die Männer der Roten Hand dazu ausgebildet, zu verdammten Schatten zu werden, selbst wenn es gar keine gibt. Diese Typen sind Geister.

„Hör zu", weist Elijah mich an, ergreift meine Hand und drückt sie. „Siehst du den Schimmel dort?" Er zeigt auf eine besonders große Stute, die noch gesattelt ist und an einem umgefallenen Baum festgebunden ist. „Das ist Topanna. Jamies Pferd. Sobald wir unsere Deckung aufgeben wirst du Fuz nehmen, und ihr werdet auf direktem Weg zu ihr laufen. Kein anderes Pferd, sie."
„Wieso?", will ich wissen und setze gleich danach noch ran: „Und was machst du in der Zeit?"
„Sie ist das schnellste Pferd hier, das einzige, was es mit denen der Dunklen Garde aufnehmen kann", erklärt er. „Ich werde die Garde ablenken."

Verwirrt wende ich mich ihm zu, mustere sein Gesicht, den sturen Blick, mit dem er die Umgebung absucht. „Die sind nicht hier. Du wirst mit uns hier weg kommen."
„Sie sind hier. Über uns", verspricht Elijah mir und bedeutet mir gleichzeitig, meinem Blick in die Baumkronen uns gegenüber zu richten. Und da sehe ich sie. Fünf Männer, gekleidet in die schwarzen Umhänge der Garde und den goldenen Masken. Sie haben uns noch nicht entdeckt, was beeindruckend ist, wenn man bedenkt, dass wir nicht unbedingt leise waren. Und sie versperren unseren Weg zu Topanna. Würden wir, quer über die Wiese, zu der Stute laufen, würden sie uns mit einer hundertprozentigen Wahrscheinlichkeit entdecken. Und sie müssten noch nicht mal von den Bäumen runter, um uns zu erledigen. Sie haben die höhere Position und damit auch jeden Vorteil, der in diesem Kampf nötig sein könnte.

„Das sind fünf Gardisten", bemerke ich unnötigerweise. „Du kannst sie nicht alle töten. Selbst wenn, bis dahin werden die anderen Mitglieder der Dunklen Garde was mitbekommen haben und dann bist du geliefert."
„Mach dir um mich keine Sorgen", versucht mein Partner mich abzuwimmeln. Aber das ist leichter gesagt als getan. Natürlich mache ich mir Sorgen um ihn. Wie könnte ich nicht. Das ist die Dunkle Garde. Bei unserem letzten zusammentreffen haben wir zwei getötet. Nicht viel, wenn man in Betracht zieht, wie viele anwesend waren. Wenn Elijah es jetzt ganz alleine mit fünf Männern aufnehmen will, dann mache ich mir mehr als Sorgen. Er ist zwar ein Hybrid und hat damit die Fähigkeiten der Vampire und der Werwölfe kombiniert, aber gegen die Dunkle Garde scheint das herzlich wenig auszurichten.

„Wir reden von der Dunklen Garde, nicht von ein paar Werwölfen, die du mal eben so nach Taetnire werfen kannst", zische ich, spüre, wie Fuz nervös an meinem Kleid herumspielt. Ihm ist es eindeutig unangenehm, bei dieser Auseinandersetzung dabei zu sein. „Du kommst mit uns. Wenn Du hierbleibst, dann kommst Du nicht mehr raus."
Elijahs Blick bohrt sich direkt in meinen, als wolle er sich meinen Anblick ins Gedächtnis prägen. Als hätte er Angst, dass wir uns hier zum letzten Mal sehen. „Ich komme zu dir zurück, Katherine. Das verspreche ich dir."

Time Travelling | Lost in TimeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt