Kapitel 89

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Ich merkte wie Zayn sich von der Bettkante erhob. Er musste wohl denken, dass ich schlief, doch ich konnte nicht, bestenfalls konnte ich es versuchen. Mit geschlossenen Augen lag ich da. Lauschte jeder kleinsten Bewegungen die ich Zayn zuordnen konnte, als würde ich versuchen nur durch das Hören einen Safe zu knacken. Meine Atmung ging regelmäßig, doch als ich merkte wie sich die Matratze durch Zayn auf der Ecke nach unten drückte, pochte mein Herz schneller. Zayn hatte diese Wirkung auf mich. Immer wenn ich seine Anwesenheit wahrnahm, setzte mein Herz aus und schlug dann in doppelter Geschwindigkeit weiter.

Zayn atmete schwer. Ich konnte mir vorstellen, wie schwer es für ihn war sich so verletzlich vor mir zu zeigen. Nach gestern Abend jedoch, war ich mir auch, Zayn hatte keine Kontrolle mehr über seine Gefühle und Emotionen. Auch ich war nur noch ein Wrack. Mae hatte ein Loch in jedem von uns hinterlassen. Ich kannte sie nicht lange, dennoch war sie mir in so kurzer Zeit so viel wichtiger als viele andere Leute, die ich schon jahrelang kannte, geworden. Doch ich konnte mich nicht auf mich und mein Leid konzentrieren, denn das von Zayn war tausend mal stärker.

Die Erinnerung von Mae, die sich am stärksten in mein Gedächtnis gebrannt hatte, war diese, als sie mit Tränen in den Augen vor mir saß. Sie flehte mich an, dass ich es auf keinen Fall zulassen durfte, dass Zayn an ihrem Tod zerbrechen würde. Und jetzt lag ich hier. Zayn und mich trennten nur wenige Meter. Zayn war versunken. In seinen Gedanken an Mae, seinen Gefühlen für sie und in der Leere, die sie hinterlassen hatte. Und ich? Ich lag hier und wusste nicht was ich tun sollte. Ich war noch nie ein Mensch, der andere dazu bringen konnte sich mir gegenüber zu öffnen. Wahrscheinlich weil es mir selber so schwer fiel mich jemanden anderen gegenüber zu öffnen.

Doch das durfte kein Grund sein Zayn mit sich alleine zu lassen. Er durfte nicht alleine sein. Ich konnte mir kaum ausmalen, was er sich wohl antun würde. Zayn war schon immer ein Mensch voller Gefühle gewesen. Wut, Freude, Leidenschaft, Liebe... und Angst. Und letztere Emotion machte mir Angst. Denn ich hatte das Gefühl, dass sie nach der Liebe die er empfinden konnte, die zweitstärkste Emotion war. Eigentlich unvorstellbar bei Zayn. Doch genau das war es, das mir Sorgen bereitete, denn ich wusste nicht, was auf mich zukommen würde.

Ich konnte mir nur das schlimmste vorstellen und ein eiskalter Schauer lief meinen Rücken hinunter. Ich wurde aus meinen Gedanken gerissen, als ich merkte, wie der Druck, der durch Zayn's Körpergewicht auf das Bett ausgeübt wurde, verschwand. Schritte die sich von mir entfernten, folgten. Ich schlug mit Entsetzen meine Augen auf und Panik schoss mir in meine Glieder. Panik davor, Zayn könnte das Zimmer verlassen und ich wusste nicht wo er war und ob er wiederkommen würde.

Ich konnte nicht anders als mich aufzurichten.
„Zayn?" meine Stimme war schwach.
Ich konnte ihn wegen des Mondlichts, das den Raum durch das Fenster erhellte gut erkennen. Sein Gesicht war Ausdruckslos. Seine Augen rot angeschwollen und auf seiner Haut glänzten wenige Tränen und spiegelten das Licht des Mondes. Ich schluckte. Mein Kopf dröhnte.
„ Wo willst du hin?" fragte ich heiser und unsicher, in völliger Angst er würde mir nicht antworten. Und tatsächlich. Es blieb still...

Er schaute auf den Boden, als wolle er mir auf keinen Fall sagen, was er nun vor hatte und als wäre es ihm auf geringe Art peinlich. Umso besser konnte ich mir vorstellen was sein Plan war. Sich zudröhnen, sich die Kante geben, gar nichts mehr fühlen...
Alleine bei dem Gedanken lief es mir erneut kalt den Rücken runter.
„ Zayn?" fragte ich erneut und meine Stimme klang stärker als davor, ermutigt von dem Gedanken, Zayn könnte sich was antun.
Erneut blickte er auf, doch machte keine Anstalten mir zu antworten.

Ich schlug das Laken von meinen Beinen und stand auf. Nur in einem weißen Nachthemd stand ich da und lief um das Bett herum. Zwei Meter vor Zayn kam ich zum stehen. Zayn schaute mich weiterhin an. Sein Blick glitt einmal über meinen Körper und meine Beine bis er mir wieder in die Augen schaute. Mit Erleichterung konnte ich feststellen, dass er schon viel wacher wirkte als noch vor ein paar Sekunden.
„ Ich muss weg." flüsterte er. So leise, dass ich es kaum verstehen konnte. Es war kühl im Zimmer. Ich bekam eine Gänsehaut aber ich war mir nicht sicher ob es von der Kälte oder Zayn's Stimme kam.

„ Wo willst du hin? Es ist mitten in der Nacht." flüsterte ich in der gleichen Lautstärke zurück.
„ Weg." wiederholte er sein letztes Wort. Es verursachte mir einen Stich im Herzen, dass er mir sich nicht anvertrauen wollte... es vielleicht nicht konnte. Er wusste nicht wie. Maes Stimme hämmerte in meinem Kopf, ich solle auf ihn aufpassen und für ihn da sein. Und sie hatte recht.
„ Wohin?" fragte ich erneut. Diesmal kein Flüstern. In meiner Stimme konnte man ausschließlich Entschlossenheit erkennen.

„ Das hat dich nicht zu interessieren." sagte er. Er brüllte fast, was mich zusammenzucken ließ. Doch davon ließ ich mich nicht beirren.
„ Doch Zayn! Ich werde nicht zulassen, dass du diesen Raum verlässt ohne mit mir geredet zu haben." antwortete ich. Ich musste feststellen, dass ich ebenfalls fast brüllte. Doch es war viel zu wichtig, um ruhig bleiben zu können. Zayn's Augenbrauen schossen zusammen und sein Blick wurde grimmig.
Ich machte einen Schritt nach vorne und der Abstand zwischen uns wurde kleiner.

„ Kacey, bitte leg dich schlafen." sagte er mit flehender Stimme.
„ Ich will jetzt nicht reden."
„ Aber du musst." antwortete ich energisch und trat noch einen Schritt auf ihn zu. Nun stand ich direkt vor ihm. Er wollte nicht reden, was nicht gerade ein gute Zeichen war. Er wollte verdrängen. Doch das würde ich nicht zulassen.
„ Wir müssen auch nicht reden. Nicht jetzt. Aber bitte bleib bei mir." sagte ich. Nun nicht mehr energisch oder brüllend sondern sanft. Ich griff nach seiner Hand und strich mit meinen Daumen über seinen Handrücken.

Diese Geste zeigte Wirkung denn er schaute nun vom Boden auf zu mir.
Ich konnte in seinen Augen erkennen, dass er auch nicht wirklich gehen wollte. Deshalb stellte ich mich auf Zehenspitzen und Griff nach seinem Nacken. Im nächsten Moment legte ich sanft meine Lippen auf seine. Es dauerte ein wenig, bis er den Kuss erwiderte. Ich war mir nichtmal sicher ob in dem Gewusel voller Trauer und Angst auch noch Liebe ihren Platz fand. Doch glücklicherweise schon.
Zayn hörte auf nur noch wie angewurzelt dazustehen und umfasste mit seiner rechten Hand mein Gesicht.

Doch es hielt nur wenige Sekunden, dann löste er sich wieder von mir. Seine Augen waren nun nicht mehr nur mit Leid gefüllt, sondern etwas stärkeres bahnte sich seinen Weg durch Zayn hindurch...
Es war Liebe

In the heart of the BadboyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt