Kapitel 25

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Nun saß ich schon mehrere Minuten am Rande des Daches und ließ meine Beine im Freien baumeln.
Gerade noch war ich fast hinunter gestürzt und jetzt saß ich hier als wäre nichts gewesen.
Wie war das...? Aus Fehlern lernt man?
Doch darüber konnte ich nicht lange nachdenken.

Zayn war tatsächlich noch hinter mir und schien auch nicht wegzugehen.
Konnte er mich jetzt nicht einfach in Ruhe lassen?
Ich wollte... alleine sein!
Doch etwas positives hatte seine Anwesenheit. Sie lenkte mich davon ab, über Mom's Tod nachzudenken und darüber mich zwanzig Meter in die Tiefe zu stürzen.
Okay vielleicht doch ein bisschen übertrieben.

Weitere Minuten vergingen und ich konnte seine Anwesenheit und vor allem sein Blick fühlen, was mir schon die ganze Zeit ein flaues Gefühl im Magen verschaffte.
„ Verpisst du dich jetzt auch mal, oder was?" fragte ich ihn harsch, starrte jedoch weiterhin auf meine nackten Füße.

Wenn ich mich nicht verhört hatte, hätte ich schwören können ein leises Lachen von ihm ausgehend, gehört zu haben.
„ Dein Vater ist vielleicht reich, aber das heißt nicht, dass dieses Dach hier dir gehört." sagte er ziemlich emotionslos, jedoch mit einem Hauch von Provokation in seiner Stimme. Ein genervtes Seufzen verließ meine Lippe und ich legte meinen Kopf kurz in den Nacken.
„ Bitte... kannst du mich einfach alleine lassen?"

Meine Stimme klang ungewollt zittrig doch für meine Stimmung relativ ruhig.
Ich starrte weiterhin auf die weiten Wiesen und Wälder, welche im Licht des Mondes gut zu erkennen waren.
Schon ziemlich absurd, wenn man darüber nachdachte.
Ich war hier mit Zayn Black, mitten in der Nacht, auf dem Dach des Internats und wie immer, seit ich ihn das erste mal über den Weg gelaufen war, ging er mir gewaltig auf die Nerven.

Komischerweise bekam ich keine Antwort von Zayn.
Ich hörte nur Schritte... langsame, aber deutlich hörbare Schritte.
Da sie lauter wurden, erlosch meine Hoffnung, dass er vielleicht einfach das Dach verlassen würde ziemlich schnell.

Mein ganzer Körper spannte sich an, sobald ich seine Nähe förmlich spüren konnte, da er jetzt nur noch ca. einen Meter von mir entfernt stehen dürfte.
Nervös knabberte ich mir auf meiner Lippe herum, doch sagte nichts.
Stattdessen nahm ich nur wahr, wie Zayn sich hinunterbeugte und kurz danach auch seine Beine über den Rand des Daches hinaus hingen.
Auch die starke Wärme seines Körpers verriet mir, dass er sich ein paar Zentimeter neben mich gesetzt hatte.

Diese Wärme.
Mir war echt schon verdammt kalt, was mir durch die von Zayn ausgehende Wärme erst richtig bewusst wurde.
Doch nie im Leben würde ich ihn nach seinem Pullover fragen, geschweige denn ihn nach irgendetwas bitten.
Obwohl es verlockend klang, sich in einen warmen großen Pullover einkuscheln zu können und am besten noch eine Schulter zu haben, an der...
Wow! Okay das schlag dir mal ganz schnell wieder aus dem Kopf.

„ Hat es was mit gestern zutun?" hörte ich Zayn's tiefe Stimme und erneut spürte ich seinen intensiven Blick auf mir.
Ich wusste genau was er meinte. Den kleinen Zusammenbruch meinerseits auf Celvins Party.
Ich versuchte keine Miene zu verziehen, damit er bloß nicht mitbekam, was gerade in mir vorging.

Ich schluckte den Kloß, der sich in meinem Hals bildete schnellstens wieder hinunter und schloss für ein paar Sekunden meine Augen, um mich zu beruhigen.
„ Was interessiert dich mein Leben?" fragte ich genervt.
Ein Wunder, dass er bei meiner so höflichen Art immer noch neben mir saß.
Ungewollt oder gewollt, berührte sein Arm ganz leicht meinen, was mich zusammenzucken ließ.

An der Stelle wo er meine Haut berührte, prickelte diese und ich konnte mich plötzlich auf nichts anderes mehr konzentrieren.
Verdammt! Warum war das so?
„ Weiß ich nicht, vielleicht weil du so einen freundlichen Eindruck machst." sagte er sarkastisch.

Ich drehte meinen Kopf leicht zu ihm, sodass ich direkt in seine Augen schauen konnte, da er auch mich anschaute.
Seine Lippen zierte ein fieses, jedoch belustigtes Grinsen.
Ich zwang mich nicht auch zu grinsen, stattdessen rollte ich einfach mit meinen Augen.
„ Sehr witzig." sagte ich ebenfalls mit sarkastischem Unterton.

Zayn lachte erneut, was mir durch seine kratzige und tiefe Stimme eine Gänsehaut bescherte.
„ Ich weiß." sagte er und setzte das Gespräch des Sarkasmus' fort.
„ Okay, wenn du mir nicht sagen möchtest, warum du mitten in der Nacht in deinen Schlafsachen am Rande eines Daches stehst, muss ich wohl raten." sagte er.

Ich ließ erneut einen genervten Seufzer meinem Mund entweichen.
„ Das ist echt kindisch." sagte ich.
„ Alsooo... es hat bestimmte etwas mit deiner Familie oder Freunden zu tun, oder?" fragte er und ging gar nicht weiter auf meine Aussage ein.
Ich blieb still. Das war doch jetzt nicht sein Ernst...

Konnte er mich nicht um Gottes Willen einfach in Ruhe lassen?
Ich konnte mich nichtmal richtig konzentrieren, wenn er so nah neben mir saß und jetzt fing er auch noch an zu reden.
Ich gab keine Antwort und versuchte ihn einfach so gut es ging zu ignorieren. Auch wenn dies wohl nicht so leicht sein würde, wenn mir die ganze Zeit sein unglaublicher Duft in die Nase stieg.

„ Ah du machst es mir ja echt schwer. Nichtmal nh Antwort kriege ich." säuselte er und lehnte sich noch weiter zu mir.
Ich setzte einen kurzen Atemzug aus, doch versuchte meine Atmung dann wieder zu regulieren.
Er roch ziemlich stark nach Gras und vielleicht auch nach irgendwelchen anderen Substanzen, die ich jedoch nicht zuordnen konnte.

„ Oh ich weiß es!" sagte er und grinste mich wissend an.
Mit gerunzelter Stirn versuchte ich mehr Abstand zwischen unsere Gesichter zu bringen.
„ Dein perfekter Freund hat mit dir Schluss gemacht und deswegen wolltest du dich umbringen." sagte er, als würde er die Frage aller Fragen beantworten.
Jedoch schien es eher an einen schlechten Scherz zu grenzen.

„ Genau du schlaues Bürschchen. Jetzt kannst du ja gehen und mich mit meinem Liebeskummer alleine lassen." sagte ich und setzte ein gefaktes amüsiertes Lächeln auf.
Zayn grinste ebenfalls leicht, wobei ihm seine dunklen Haare zerzaust in seine Stirn hingen.
Wow, es war wirklich unfair, dass Menschen mit einem so schlechten Charakter einfach so gut aussehen konnten.

Meine Augen weiteten sich leicht, als ich merkte, dass ich Zayn ungewollt wieder näher gekommen war.
Kurz verharrte ich, brachte dann jedoch unauffällig wieder einige Zentimeter zwischen uns.
Mein Blick wanderte wieder zurück auf meine Füße und ich verschränkte meine Finger ineinander.

Es blieb still... mehrere Minuten.
Immer noch hoffte ich, dass Zayn einfach aufstehen und gehen würde, doch er blieb sitzen.
Wieso blieb er nur sitzen?
Meine Gedanken kreisten nur um ihn und ich konnte einen Scheiß dagegen unternehmen.
Vielleicht würde er ja gehen, wenn ich ihm den wahren Grund sagen würde.

„ Okay, ich Verrat es dir..."
Ich legte eine kurze Pause ein, in der Zayn's Kopf zu mir schnellte.
Er schien mir wieder Aufmerksam zuzuhören.
„ wenn... du mich dann in Ruhe lässt." sagte ich entschlossen.
Erneut schaute ich direkt in seine schwarzen Augen, welche gerade auf unerklärliche Weise nicht ganz so düster schienen, wie sonst.
Zayn verzog keine Miene, was ich jedoch als Antwort nahm.

Ich drehte mich wieder von ihm weg und starrte nur auf meine Finger, die immer noch ineinander verknotet waren.
„ Es ist..."
Ich wollte nicht, dass sich meine Stimme so schwach und zerbrechlich anhörte. Als bräuchte ich Schutz, als hätte ich Angst.
Ich hatte nämlich keine Angst und Schutz brauchte ich erst recht nicht.
Zayn unterbrach mich nicht. Er ließ mir Zeit, was mich wunderte, da ich das nicht von ihm erwartet hatte.
„ ...der Todestag meiner Mutter."

In the heart of the BadboyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt