Kapitel 69 - O, nein, bitte nicht

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"Sophia ist über das Wochenende nach Manchester gefahren - irgendso eine Wellnesskacke. Sie meinte, dass sie mit Claudia und Nadine fährt, aber ich kenne gar keine Claudia und auch keine Nadine. Dabei kenne ich eigentlich sonst alle ihre Freunde. Und dann hat sich sich das ganze Wochenende nicht einmal gemeldet, sie hat sogar meine Anrufe weggedrückt! Ein einziges Mal ist sie an ihr Handy gegangen, meinte dann aber, dass sie gerade keine Zeit hat und hat aufgelegt."

Mir stockt der Atem. Sophia ist eine falschere Schlange, als ich dachte. Am liebsten würde ich einfach mit der Wahrheit rausplatzen, um Liam's Unwissenheit ein Ende zu setzen. Nach Hilfe suchend sehe ich zu Harry. Er weiß besser, wie man mit so einer Situation umgeht.

Er nickt mir zu und sagt: "Und bisher hast du immer noch nichts von ihr gehört?"

Liam schüttelt den Kopf und wischt sich durch sein Gesicht. "Nein, nicht ein verdammtes Wort. Bis Freitag lief doch noch alles gut, wieso sollte sie mich denn auf einmal so abblocken? Wahrscheinlich mache ich mir sowieso viel zu viele Gedanken."

Nein, Liam, machst du nicht. Du solltest dir noch viel, viel mehr Gedanken machen.

"Hast du schonmal darüber nachgedacht, dass Sophia vielleicht - ", sagt Harry, wird aber von Liam unterbrochen, der sich ruckartig aufrichtet.

"Nein! Nein, nein! Sophia geht nicht fremd!"

"Liam, beruhig dich", sagt Harry ruhig. "Ich will nur, dass du keine Möglichkeit auslässt."

Liam steht auf und fährt sich aufgebracht durch die Haare. "Du denkst wirklich, dass sie einen Andren hat?"

"Ich weiß es nicht, Liam, aber es könnte sein. So, wie sie sich verhält, könnte es darauf hindeuten. Am besten fährst du einfach mal zu ihr und stellst sie zur Rede."

"Ich glaub das nicht, man. Sophia hat doch gar keinen Grund fremdzugehen. Wir haben den besten Sex aller Zeiten und - "

"Stell sie einfach zur Rede", unterbricht Harry ihn zu meinem Glück.

Auf Einzelheiten hätte ich jetzt definitiv keine Lust gehabt.

"Und was soll ich machen, wenn es stimmt?", sagt Liam leise und lässt sich wieder auf die Couch fallen. "Ich liebe sie."

Harry atmet tief ein und sieht zu mir. Er scheint selbst nicht ganz zu wissen, was er jetzt sagen soll.

"Fahr zu ihr. Am besten jetzt sofort", sage ich entschlossen. Ich kann nicht mehr zusehen, wie Liam herumrätselt. Ich will, dass er endlich die Wahrheit weiß, egal, wie sehr es ihm weh tun wird.

Harry und Liam sehen mich beide überrascht an.

Ich stehe auf. "Los, zieh dich an. Du kannst nicht ewig hier rumliegen und Trübsal blasen. So wirst du die Wahrheit nie erfahren."

"Raven hat recht", sagt Harry und stellt sich neben mich. "Wir fahren dich zu ihr."

"Ich will nicht", quengelt Liam wie ein kleines Kind und verschränkt die Arme.

Ich rolle die Augen. "Liam, beweg dich", sagen Harry und ich gleichzeitig und müssen grinsen.

Liam sieht mit zusammengekniffenen Augen zwischen uns hin und her, seufzt und steht schließlich auf. "Na gut. Aber ich weiß jetzt schon, dass das wahrscheinlich der schlimmste Tag in meinem Leben wird."

Harry klopft ihm aufmunternd auf die Schulter. "Das packst du."

Liam schüttelt den Kopf und geht zu einer Tür neben der Küche. "Ich weiß nicht, man. Dieses mal ist es anders. Ich habe wirklich das Gefühl, dass sie die Eine ist. Die Richtige, weißt du?"

"Wenn sie dich betrügt, weißt du, dass sie nicht die Richtige ist", sagt Harry ernst und Liam verschwindet mit trauriger Miene in seinem Schlafzimmer.

Ich atme verzweifelt aus. "O Gott, das wird grausam. Jetzt können wir auch noch einer Beziehung beim Enden zusehen."

Harry zuckt mit den Schultern. "Vielleicht ist ja alles auch ein großes Missverständnis und sie hat eine gute Erklärung, die alles regelt."

Ich sehe ihn unglaubwürdig an. "Sie hat einen andren Typen geküsst, Harry. Ich denke nicht, dass man sowas mit einer guten Erklärung nichtig machen kann."

"Ach kann man nicht?" Er sieht mich provokant an.

Ich runzle die Stirn. "Natürlich nicht!"

Harry lacht und geht zur Tür, um sich die Schuhe anzusehen. "War ja auch nur ein Spaß."

"Heb dir deinen Spaß am besten für später auf, wenn Liam sich die Kante gibt."

Kurz erstarrt Harry und für eine Sekunde zerfällt seine Miene. Er lächelt danach aber dann wieder. "Werde ich tun. Willst du eigentlich später - "

Mein Handy klingelt. Man, was ist denn heute mit diesen scheiß Handys los?

Genervt ziehe ich es aus meiner Hosentasche und sehe eine unbekannte Nummer auf meinem Handy. Ich runzle die Stirn und gehe ran. "Ravely Green, hallo?"

"Ravely, hier ist deine Mutter."

O nein, bitte nicht.

"Was ist?", frage ich unüberhörbar genervt.

Harry sieht mich fragend an.

"Ravely, können wir bitte reden? Ich muss unbedingt endlich eine Chance bekommen dir alles zu erklären." Sie hört sich an, als würde sie jeden Moment wieder weinen.

"Nein, es gibt nichts zu erklären." Ich lege auf bevor sie was sagen kann und lasse mein Handy wieder in meiner Tasche verschwinden.

"Wer war das?", fragt Harry.

"Nur wieder so eine nervige Umfrage. Die nerven mich schon seit Monaten", lüge ich wie gedruckt. Ich fühle mich zwar schlecht Harry anzulügen, aber ich will jetzt nicht noch mehr Drama machen, als es sich momentan sowieso schon um uns herum abspielt.

Wir sollten erst das mit Liam und Sophia klären.

"So, lasst uns gehen und ein Messer in mein Herz stechen lassen", höre ich Liam, der umgezogen aus seinem Schlafzimmer kommt.

-

"Hier ist Sophias Wohnung", sagt Liam, als wir durch den Flur zu ihrem Apartment laufen.

Natürlich hat auch sie schon ihre eigene Wohnung. Ich habe das Gefühl, dass jeder eine hat, außer ich. Und Cate natürlich. Das nervt.

"Sollen wir mit reinkommen oder möchtest du, dass wir draußen warten?", fragt Harry, während Liam klopft.

"Kommt bitte mit rein. Ich kann nicht versprechen, dass ich keine Sachen kaputt machen werde, wenn sie mir jetzt klarmacht, dass sie einen Andren fickt."

Erschrocken darüber, dass Liam sowas machen würde, schnappe ich nach Luft. Sowas würde ich Liam überhaupt nicht zutrauen.Er kommt mir eigentlich immer total lieb und ruhig vor.

"Okay, dann kommen wir mit", sagt Harry und klopft ihm nochmal auf die Schulter.

Schweigend warten wir vor der Tür, bis sich etwas regt.

Ich bin unheimlich nervös und male mir verschiedene Szenarios aus, die jetzt gleich passieren könnten. Wir könnten Sophia mit einem typen im Bett vorfinde - das wäre wahrscheinlich das Schrecklichste. Liam stellt Sophia zur Rede, sie fängt an zu heulen, gibt alles zu, will aber trotzdem noch eine zweite Chance von ihm. Oder sie gesteht alles und Liam macht einfach Schluss und geht... Nachdem er die Wohnung auseinander genommen hat.

Die Tür öffnet sich und Sophia steht mit aufgerissenen Augen in nur einem Bademantel bekleidet vor uns.

O nein, bitte hab keinen Typen bei dir, bitte hab keinen Typen bei dir!

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