Kapitel 89 - Das riecht unheimlich gut

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"Ich nehme an, ihr beide wollt endlich wieder ins Bett", sagt Susan und setzt sich erschöpft auf die Couch.

Wir haben in der letzten Dreiviertel Stunde fast komplett schweigend das Chaos, das Pete hinterlassen hat aufgeräumt. Er scheint tatsächlich zu schlafen, denn er kam in der Zeit nicht mehr aus dem Schlafzimmer.

Harry kommt aus der Küche, als er die letzten Scherben entsorgt hat. "Wenn es nichts mehr zutun gibt, dann gehen wir jetzt tatsächlich wieder ins Bett. Meine Nächte scheinen in letzter Zeit weniger Schlaf zu beinhalten, als ich es immer plane." Er sieht zu mir und schmunzelt. Natürlich denkt er an die Nacht, in der ich betrunken war und ich ihn wachgemacht habe.

"Mir tut es wirklich Leid, dass eure Nacht... so verlaufen ist", sagt Susan traurig.

"Das ist kein Problem", lächle ich aufmunternd.

"Raven hat Recht. Du weißt, dass du immer wieder anrufen kannst, wenn Dad ausflippt, Susan", sagt Harry und geht zur Tür. "Aber du solltest dir ernsthaft Gedanken darüber machen ihn in Therapie zu schicken. Es scheint immer schlimmer zu werden."

Susan seufzt. "Ich weiß... Aber ich danke euch wirklich."

Harry nickt und ich gehe zu ihm. "Wir gehen jetzt. Wenn noch irgendwas ist, dann ruf sofort an, okay?"

Susan nickt.


Harry und ich fahren die ganze Fahrt nach Hause schweigend. Man merkt ihm unheimlich an, dass ihn die ganze Sache mit seinem Vater anspannt und er gerade nicht zum Reden aufgetischt ist. Ich würde unglaublich gerne so viele Fragen stellen und wissen, was mit seinem Vater ist, aber ich möchte ihn nicht unter Druck setzen. Vor allem, möchte ich mich nicht mit ihm deshalb streiten, weil er denkt, dass ich zu aufdringlich bin.

"Leg du dich schonmal hin, ich komme gleich nach", sagt Harry, als wir seine Wohnung betreten.

"Okay", sage ich leise und gehe die Treppen hoch. Ich wünschte, ich könnte mit Harry einfach normal darüber reden, ohne ihn ausquetschen zu müssen, dann würde ich mich nicht so schlecht dabei fühlen. Vielleicht wird er mich ja gleich aufklären... Ich ziehe meine Hose aus und lege mich wieder, nur in Harry's Shirt, ins Bett. Meine Laune ist definitiv angespannt und ich weiß nicht, wie er sich verhalten wird, wenn er gleich kommt.

Ungefähr zehn Minuten später kommt er auch schon ins Zimmer. Er zieht sich schweigend die Klamotten aus und krabbelt zu mir unter die Decke. Allerdings berührt er mich nicht. Zwischen uns ist ein halber Meter Abstand und es brennt, dass er nicht zu mir rutscht.

Die Luft anhaltend lege ich mich zur Seite, um ihn anzusehen, doch sein Rücken ist zu mir gedreht. Wow, es ist schlimmer, als ich dachte.

"Harry?", flüstere ich leise in die Dunkelheit.

"Ja?"

"Ist... alles in Ordnung?"

Er seufzt. "Raven, ich würde gerne einfach schlafen, es ist spät."

Oh. Das kam genervter, als ich es erwartet hatte.

Ich schlucke und nicke, obwohl er es nicht sehen kann. Die Sache mit seinem Vater scheint ihn wirklich an einen Punkt zu bringen, der ihn tatsächlich wütend macht. Und auch, wenn er mich nicht wirklich anmeckert, tut er mir trotzdem weh, indem er mich so abblockt. Ich würde ihm gerne sagen, dass er doch mal sagte, dass wir offen miteinander reden. Auf einmal ist da eine riesen Distanz zwischen uns und die schmerzt höllisch.

Traurig drehe ich mich um und ziehe die Decke bis zum Kinn. So hatte ich mir die Nacht definitiv nicht vorgestellt. Ich liege zwar mit Harry in diesem Bett, aber eigentlich tue ich es gleichzeitig doch nicht. Ich höre Harry nach einer langen Schweigepause, in der ich fast eingeschlafen bin, tief ein und aus atmen. Die Matratze unter mir bewegt sich und er schlingt seinen Arm um meine Taille.

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