Kapitel 7

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15:06. Pünktlichkeit ist ja nicht Jedermanns stärke. Von mir aus kann er aber jetzt mal langsam kommen.

15:10. Wenn er mit einer billigen Ausrede kommt, bekomme ich die Krise.

Sind das Stimmen draußen? Kommt er? Wird auch mal Zeit, was sag ich zur Begrüßung?

Fuck.

Es klopft. Mit einem fast verschluckten 'Herein' betritt er mein Arbeitsreich. "Schön dich wiederzusehen, setz dich doch auf das Sofa" mit einem nicken deutete ich in die Richtung vor mir. Er nickte mir zu und machte es sich bequem. Mit der lässigen fast Baggy-Jeans und einem Hoodie mit einem ausgewaschenen Aufdruck sah er fast aus wie jeder andere.

Fast. Das einzige was dem Anschein Trügt sind die noch grün-blauen Würgemale um seinen Hals herum.

Ich sah ihn an. Er sah mir in die Augen. Eine Augenbraue zog ich nach oben anschließend frage ich: "Wir können das hier Klassisch machen mit einem Interview mit den Fragen 'Wie gehts dir' oder weswegen du keinen anderen weg gefunden hast außer dir das Leben zu nehmen, oder wir unterhalten uns wie normale Menschen und du bist auch bereit mir etwas zu erzählen? Isaac lies seinen Blick durch das kleine Zimmer schweifen bis er wieder bei meinem Gesicht ankam.

Meine Worte waren meiner Einschätzung nach etwas hart, aber mein Ton verrutschte nicht. "Mir gehts super, danke der Nachfrage. Bekommst du nicht die ganzen Informationen in meiner Akte mit?" "Ich möchte vom hier und jetzt wissen."

Ich habe ihn nie auch nur einen Mundwinkel heben sehen. Nicht in den ganzen zwei Stunden die wir brauchten um uns zu unterhalten. Auf meinem Notizblock steht nicht mehr als erwartet. Mir wurde nur gesagt das ich mir ja erschließen kann woher die Flecken kommen, was er sogar von sich aus gesagt hat ohne meine Aufforderung.

Teilweise denke ich, dass er nicht reden wollte, weil er mich nicht kennt was auch das Problem bei seiner alten Therapeutin war. Warum sollte er mich denn kennen? Ich bin in sein Krankenhauszimmer herein und stell mich trocken vor, trotzdem hat er sich heimfahren lassen? Ich hätte sonst wer sein können.

Ok, nein. Das stimmt so nicht. Ich habe mich ihm vorgestellt und hab auch gesagt warum und wozu ich hier bin.

Gut, beschließe ich das nächste Mal, wenn er in die Praxis kommt gehen wir eine größere Runde durch den Park und ich werde Vertrauen zu ihm aufbauen indem ich Isaac auch was von mir erzähle.

Darf ich das überhaupt, so von den Patienten halber? Nicht dass ich mich an ihn zu sehr binde und ihn zu weit in mein Privatleben rein lasse. Ach komm, wenn es für den Patienten besser ist, damit ich ihn besser therapieren kann sollte das doch kein Problem sein.

Oder?

Ich habe es sogar geschafft mir seine Handynummer zu ergattern und habe ihn soeben eingespeichert.

Evans ist mit der Gruppentherapie noch nicht fertig also kann ich mich diesmal nur von Mrs. Wollak verabschieden was ich dann auch tat um mich danach in mein Auto zu setzten und in Richtung meiner Wohnung auf den Weg zu machen.

Um 18 Uhr komme ich endlich an meiner Wohnung an. Die Schuhe ausgezogen und meine Kleidung gegen etwas Bequemes getauscht, sitze ich mit einer Decke auf meinem Sofa und denke daran, wie ich vorhatte meine Spülmaschine einzuschalten und das tat ich auch.

Als mein Papa mich angerufen hatte, sogar via Videochat, habe ich mich riesig gefreut und ihm direkt die Neuigkeiten erzählt. Seine Augen die mit lachfalten gesäumt sind haben gestrahlt als er erfahren hat wer nun endlich seinen ersten Einzelpatienten hat. "Da sieht man wieder das sich harte Arbeit auszahlt, Sternchen" Er sieht ziemlich fertig aus musste ich feststellen. Ich sage ihm immer wieder, dass er sich zu viel mit der Arbeit beschäftigt in seiner Autofirma aber er winkt es nur immer wieder ab.

Nach dem langen Telefonat gehe ich in meine Küche um mir einen Joghurt aus meinem aufgefüllten Kühlschrank zu nehmen.

Mit einem abwesenden Blick sehe ich auf mein Handy was mit einem aggressiven Ton von sich mir preisgibt, dass ich eine neue Nachricht erhalten habe. Auf meinem Sperrbildschirm prangte mir die Uhrzeit entgegen und ich fragte mich wer um Himmels willen etwas von mir zu so später Stunde will.

Flynn, wer sonst. Ich entsperrte mein Handy, da es mich wundert, dass er mir ein Bild schickt. Solange es nicht wieder aus versehen ein Bild von seinem Glied ist, ist mir alles recht.

Wie es sich herausstellt ist es ein Schnappschuss von ihm und einer weiteren männlichen Person, die ihm am Hals hängt an dem ich noch drei von der Größe unterschiedlich Knutschflecken erkennen kann. Nicht das erste Mal, dass ich ein Bild in einer solchen Situation bekomme, ich sende ihm ein OK Emoji.

Er hatte schon mal einen hübscheren Freund, aber wenn es ernst wird bekomm ich sie noch persönlich vorgestellt. Meistens. Irgendwie kommt mir dieser aber bekannt vor.

Dem Hintergrund zu urteilen sind sie in Flynns drei Zimmer Wohnung. Ich freue mich tatsächlich für ihn, dass er so leicht jemanden finden kann, trotzdem ist aber auch Neid dabei. Bei den Typen die ich bis jetzt in einer Beziehung mit mir Beglückt habe, waren wohl nicht so überzeugt. Einer hatte sich sogar einen Monat nach unserer Beziehung geoutet als Homosexuell. Samuél war aber trotzdem noch ein guter Freund für mich.

In Erinnerung schwelgend öffnete ich die Spotify-App um noch mit etwas Musik mir den Tag zu vollenden. Als gerade MANTRA von Bring Me The Horizon anfing zu spielen fiel mir ein, dass ich noch ein Hühnchen mit meinem Chef zu rupfen habe. Das hört sich bei weitem dramatischer an als es sollte, egal.

Nach weniger als einer Viertelstunde in der ich mich nochmals umgezogen hatte, lag ich nun in meinem Bett und stelle mir meinen Wecker für weit aus später als ich ihn Heute gebraucht habe, da ich beschlossen hab morgen zuhause zu bleiben und da ich dann nicht so früh aufstehen muss.

Eine Wahrheit Where stories live. Discover now