Kapitel 32

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Das Leben könnte nicht noch besser laufen. Ich bin heute mit Isaac aufgewacht und nun sitzen wir beide an der Kücheninsel und trinken unseren Kaffee, da ich heute wieder beschlossen habe nicht zur Arbeit zu müssen da diese kleine Hülle welche sich um uns gebildet hat, zu schön war um sie zerplatzen zu lassen.

Der leicht bittere Geschmack des Kaffees bahnt sich seinen Weg in meinen Magen und ich hoffe, dass mich das Koffein etwas wacher macht. Isaac sieht auch noch relativ verschlafen aus aber die halb offenen Augen können wenigstens nicht sehen wie ich ihn anstarre. Anstarren ist vielleicht der falsche Begriff, anhimmeln? Nein, das auch nicht. Das starke Gefühl macht sich in mir breit wie sehr er mir doch in der Zeit, in welcher wir zusammen unter einem Dach geschlafen haben ans Herz gewachsen ist.

Wie regle ich die Situation aber nur mit meinem Chef? Ich will mir gar nicht ausmalen was er mir zu sagen hat. Im schlimmsten Fall werde ich gefeuert. Aber ich kann Isaac so nicht mehr betreuen, wenn ich selbst für ihn Gefühle empfinde, das kann ich nicht verantworten. Vielleicht kann ja Evans ihn übernehmen, wenn er noch Platz hat unter seinen Patienten. Wann er wieder kommt hat er weder mir noch Mrs. Wollak gesagt. Der Typ ist mir auch ein Rätsel.

Aber das größte Hindernis ist mein Chef. Ich weiß nicht wie Isaac überhaupt darauf reagieren würde, wenn ich ihm sage, dass ich nicht mehr seine Therapeutin sein kann da ich mich in ihn verliebt habe. Oh Gott, was hab ich mir da nur eingebrockt?

Die besserwissenden Stimmen sind schlussendlich auch still geblieben ohne weiteren Rat an mich, diesmal hätte ich den aber brauchen können. Ich grüble noch weiter als ich unsere Tassen in die Spüle stelle und sie danach gleich spüle. Isaac geht seinem üblichen Rhythmus nach und ich reiche ihm bevor ich meine Hände nass mache das kleine schwarze Feuerzeug.

Ich bin komplett in meine Gedanken eingelullt als mein Handy seinen Klingelton von sich gibt. Ich trockne mir schnell meine Hände an einem Lappen ab und schaue auf den Screen. Azra. Mein Blick geht kurz auf den Balkon auf welchem die große Figur eines Mannes steht welchem der Wind leicht durch die schwarzen Haare streift.

'Hey, was gibt's?'

'Ich wollte mich erkundigen wie es zwischen euch so läuft' Meine Augen fixieren immer noch den Mann am Fenster. Die Szene sieht fast aus wie im Film als der graue, schädliche Rauch vom Wind weggetragen wird. 'Ich hab mich verliebt.'

'Und warum klingst du dann so traurig?' ein Seufzer auf meiner Seite des Hörers.

'Ich weiß nicht wie Isaac das ganze sieht. Ich weiß nicht ob ich mir bald einen neuen Job in der Stadt suchen kann. Ich weiß nicht wie ich es überhaupt Isaac sagen soll.'

Für einen kurzen Moment bleibt es still in der Leitung. 'Alexa. Du wirst bestimmt keinen neuen Arbeitsplatz brauchen. So wie wir alle Isaac mitbekommen haben ist er auch auf der gleichen Wolke wie du. Und zwar Wolke 7.'

Ich beobachte immer noch Isaac welcher mir bereits schlaflose Nächte eingebrockt hat. 'Er hat mich auf ein Date eingeladen. Das ist heute Abend.'

Und auf einmal ist die trübe Stimmung verloren. 'WAS! Oh Mein GOTT. Warum erfahre ich nicht direkt davon? Das ist doch wunderbar. Jetzt weißt du immer hin, dass er wirklich an dir interessiert ist.'

'Ich weiß ja nicht' 'Wie du weißt nicht?'

'Ich will gerne hingehen aber ich mach mir Bedenken wegen den Auswirkungen auf meinen Arbeitsplatz'

'Mich interessiert es wo wir heute hingehen werden.' Ich blicke auf den halb fertigen Spüldurchgang und setzte mich auf einen Barhocker.

'Candellight-Dinner! Und danach wirst du flachgelegt' Ich höre den schmutzigen Unterton und meine Gedanken wandern auch in diese Richtung.

'Wir haben uns noch nicht einmal geküsst!' entgegne ich leicht klagend.

'Das kommt noch, keine Sorge. Ich hoffe du drehst bis heute Abend nicht durch und erzähl mir dann auf jeden Fall wie es lief. Bye!'

Ich verabschiedete mich noch und lege danach auf.

Ich bin fertig mit Spülen und fange an etwas zu Arbeiten und mich für das anstehende Seminar in drei Tagen. Heute ist der 9. November. Ich stöbere gerade in einem Buch als mein Laptop mir eine eingehende E-Mail anzeigt. Und die ist Tatsächlich von Evans.

Der Typ entschuldigt sich und sagt mir Bescheid, dass er morgen wieder da sein wird um die Gruppentherapie zu leiten. Na endlich taucht der wieder auf. Ich beschließe aber trotzdem morgen in die Praxis zu gehen, kann ja nicht schaden.

Ich hab mich bei Isaac erkundigt was er denn vor hat aber er hat nur gesagt, dass ich in meiner Alltagskleidung mitkommen kann, also wird das ganze auch so gehandhabt. Ich ziehe eine normale schwarze Jeans an und darüber einen dunkelgrünen Hoodie mit einem kleinen weißen gestickten Nike Zeichen. Darüber fehlt dann nur noch meine Lederjacke und dann bin ich fertig nachdem ich meine Vans angezogen habe. Isaac hat sich auch an der Kälte des Wetters orientiert und hat etwas wärmere Kleidung an.

'Kann ich heute fahren?' Ich überlege nicht lange und überreiche ihm den Schlüsselbund und wir bewegen uns zu meinem Auto. Wir halten noch kurz bei einer Pizzeria um uns etwas zu Essen mitzunehmen und fahren nun auf einem Highway aus Woodbury raus. Es wird relativ früh dunkel aber das macht nichts da wir angekommen sind. Isaac geht vor und wir befinden uns auf einmal auf einer Ebene unter welcher sich die ganze Stadt ausbreitet und man eine wunderschöne Aussicht auf den sich zum Ende neigenden Sonnenuntergang hat. Es ist wunderschön und friedvoll.

Isaac war, wie es aussieht, total vorbereitet und hat eine Picknickdecke mitgebracht und eine Decke, wenn es kalt wird. Ich bin froh, dass wir nicht in irgendein Sterne-Restaurant gegangen sind. Das hier reicht allemal, vor allem mit ihm.

'Wie hast du diese bomben Aussicht gefunden?'

'Ich war hier öfters als Teenager, wenn ich keine Lust auf meine Tante hatte, wenn sie mal seltenstes wieder zuhause war.'

Isaac breitet die Decke aus und wir sitzen sogleich darauf und essen die zuvor geschnittene Pizza und betrachten die Aussicht auf die Stadt und die vielen Lichter von Autos, Reklametafeln und Wohnungen.

'Warum erzählst du eigentlich nie über deinen Vater?'

Seine grauen Augen richten sich auf Woodbury welches seine Straßen unter uns ausbreitet. 'Mein Papa war für mich die wichtigste Person in meinem Leben. Er starb als ich 12 war an einem Herzinfarkt. Er war kerngesund und deswegen dachte er, er hat nur leichte Schmerzen im Arm was aber der Vorbote war für den Herzinfarkt. Niemand war bei ihm als er starb. Ich und mein Bruder waren in der Schule, Mama beim Arbeiten.'

Ich schaue ihn an und er sieht auch in meine Richtung. Seine Schultern heben und senken sich als er wieder zu reden beginnt.

'Er ist am 11.12. gestorben. Von da an hat meine Erzeugerin sich nur noch für Alkohol interessiert und nicht mehr für uns Kinder.' Die leeren Pizzakartons trennen uns aber ich lege sie weg und rutsche etwas zu ihm. Danach legen wir uns beide auf den Rücken und betrachten wortlos die Sterne. Niemand muss etwas sagen, wir verstehen uns auch ohne große Worte.

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