Kapitel 16

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Am nächsten Morgen wachte ich wie gerädert auf. Ich hatte bestimmt noch drei oder vier Stunden lang gestern Nacht wachgelegen und um über jedes kleinste Detail nachzudenken. Hieß das nun wirklich, dass ich tatsächlich eine Chance bei ihm haben könnte?

Wie wird wohl ein CSD sein? Ich war noch nie auf einem und um ehrlich zu sein hatte ich mich vorher auch noch nicht sonderlich darüber informiert, da es mich auch nicht betroffen hat. Doch nun würde ich selbst daran teilnehmen. Als ein Teil dieser bunten Community.

Das machte mir gleichzeitig Angst, aber ich war trotzdem gespannt darauf, wie es sein wird. Zumal der in San Francisco bestimmt einer der größten Paraden ist, die es gibt. Das werden bestimmt Hunderttausende, wenn nicht gar über eine Millionen Menschen sein.

Solange wir uns da nicht verlieren, wäre das nicht schlimm nur wäre das der Fall, oh Gott, ich will da gar nicht drüber nachdenken. Um mich abzulenken, stand ich auf und suchte meine Sachen zusammen, um mich fertig zu machen.

Es hatte ja gar keinen Sinn sich schon wieder über alles Gedanken zu machen, es führte ja zu nichts und letztendlich werden wir es ja sehen, wenn es so weit ist.

Mit diesem Beschluss verfolgte ich meine mehr magere Morgenroutine und machte uns beiden Frühstück, während Erik sich fertig machte.

*

Nach dem Frühstück und natürlich dem Abbauen und Zusammenräumen, ging es dann auch endlich los. Jedoch nicht direkt nach Norden Richtung City, sondern erstmal noch einen kleinen Abstecher weiter südlich nach Malibu.

Wenn wir schonmal hier waren, dann musste auch das sein, hatten wir beschlossen und da die Strecke nach San Francisco nicht so lange war, passt es auch ganz gut in den Zeitplan, zumal wir relativ früh losgefahren sind.

Nicht mal eine Stunde, dann waren wir auch schon da. Um uns herum türmen sich Villen aller Größen, Formen und Farben, was schon sehr eindrucksvoll war, weswegen wir noch ein wenig durch die Stadt fuhren, bis wir dann hinunter an den Strand fuhren, um uns den Malibu Pier anzuschauen.

Er lag in dem erstaunlich türkisenen Wasser und wie zu erwarten, waren viele Leute unterwegs, um sich genau wie wir, die Attraktion anzuschauen. Doch was sollte man machen.

Wir liefen direkt in die Menge hinein, bis zum Ende des Piers, wo man eine fantastische Sicht auf den Ozean hatte, welcher sich endlosweit bis zum Horizont in alle Richtungen erstreckte.

Leider hatten wir nicht allzu viel Zeit hierfür eingeplant, da wir gegen 16 Uhr in San Francisco ankommen wollten, damit wir noch ein wenig vom Tag hatten. Also ging es wieder zurück ins Auto und weiter ging die Reise.

Gegen Mittag machten wir noch einmal an einer Raststätte halt, um etwas zu essen und eine Toilettenpause einzulegen, aber ansonsten fuhren wir die gut fünf Stunden ohne weitere Pausen durch, weswegen wir unseren Zeitplan tatsächlich einhalten konnten.

Als erstes fuhren wir direkt über die Golden Gate Bridge, um zur Aussichtsplattform zu gelangen, von der man eine atemberaubende Sicht auf die Brücke hat.

Dann ging es weiter in die Stadt hinein, durch viel zu viel Stau, bis hin zu unserem Hotel, welches wir schon vor ein paar Tagen, als es mal WLAN gab, gebucht hatten. Da wir zwei Nächte bleiben wollten, war es immer besser zu reservieren, denn dann wurde es schon schwierig Hotels zu finden.

Nachdem wir eingecheckt hatten und unsere Taschen im Zimmer abgeladen waren, ging es sofort weiter Richtung U-Bahn, um erstmal in die Stadt hineinzukommen.

Als wir endlich einen Sitzplatz gefunden hatten, wandte ich mich an Erik: „Möchtest du eigentlich etwas bestimmtes machen, oder sollen wir uns einfach umschauen?"

Kurz schaute er nachdenklich, dann antwortete er etwas zurückhaltend: „Könnten wir vielleicht in eine der Malls gehen? Ich würde gerne nach einem Outfit für morgen suchen, da die Klamotten, die ich dabeihabe, nicht wirklich passend sind. Aber es ist auch okay, wenn du nicht shoppen gehen möchtest."

„Natürlich, können wir gerne machen", meinte ich lächelnd und schlug den Stadtplan auf, welchen ich vorhin von der Rezeption mitgenommen hatte, um eine Mall in Nähe der U-Bahn zu finden.

Tatsächlich befand sich eine relativ große nur unweit von uns, weswegen wir nach nur wenigen Minuten dort ankamen. Die Station war direkt unterhalb des Einkaufszentrums und man Gelangte über mehrere Rolltreppen und Gänge ins Gebäude hinein.

Auf dem ersten Blick sah sie Malls aus Deutschland erstmal logischerweise ähnlich, doch schnell ließen sich andere Läden ausfindig machen, in von denen man entweder nur im Film oder Serien oder noch gar nicht gehört hatte. Aber natürlich auch Ketten wie H&M und Zara.

Zu unserem Glück, wird das Finden eines passenden Outfits wohl nicht allzu schwer sein, da nun mal gerade das Pride Wochenende ist und sämtliche Geschäfte Kleidungsstücke zum Thema präsentierten.

„Hast du schon eine grobe Vorstellung von dem, was du tragen möchtest?", fragte ich Erik und schaute mich dabei ein wenig weiter um. „Ja, schon ein wenig", meinte er und deutete in Richtung eines Ladens. „Können wir da mal gucken?", fragte er dann, was ich nickend bestätigte und damit ging es los.

*

Nach gut drei Stunden hatten wir dann alles. Jeweils ein Outfit, inklusive Bi- beziehungsweise Prideflag, wobei ich dafür einen Seitenblick von Erik bekam. Klar, für ihn war ich ein straight Ally, der ihn nur der freundschaftlichen Unterstützung halber mitkommt.

Nicht jemand, der auch queer ist und sich selber insgeheim darauf freut, dass er die Möglichkeit hat dort hinzugehen. Aber er hatte nichts gesagt und nachdem wir noch zwei Gummibänder zum Umbinden der Flagge besorgt hatten, machten wir es uns in der Food Corner mit jeweils einer Portion gebratener Nudeln bequem.

„Zufrieden mit deiner Ausbeute?", fragte ich meinen besten Freund nach einer Weile des gefräßigen Schweigens. „Ja, danke nochmal, dass du das hier mit machst", antwortete er und lächelte mich etwas verlegen an.

„Wie schon gesagt, das ist doch absolut kein Problem, ich mach das gerne. Also hör auf dich zu bedanken", meinte ich und erwiderte sein Lächeln, so wie eigentlich jedes Mal. Fuck, wie war das nochmal mit dem nicht verknallt Sein?

Anscheinend nicht vorhanden, denn ich bekam jedes Mal aufs Neue ein warmes Gefühl im Bauch, wenn er mich anlächelte, oder wenn ich das Gefühl hatte ihn glücklich gemacht zu haben, so wie jetzt gerade.

„Das werde ich wohl nicht schaffen, schließlich ist ja nicht selbstverständlich", meinte er, mit einem eher traurigen Ausdruck in seinen Augen. „Das sollte es aber sein und damit das auch so wird gehen wir ja morgen auf die Straße, richtig?", meinte ich, um ihn ein wenig aufzuheitern.

Denn genau dafür war der CSD ja da. Und fand auch immer noch statt, obwohl viele meinen, es sei komplett unnötig in der modernen Welt und sei nur Show und Party, nicht eine Demonstration für Gerechtigkeit, die immer noch nicht existiert.

Meine Worte stießen wohl auf den richtigen Nerv, denn sofort erhellte sich seine Stimmung und er fing an ein wenig von morgen vorzuschwärmen, wobei ich ihm ewig hätte zuhören können.
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Heyy,

Willkommen zurück zu einem neuen Kapitel, ich hoffe es hat euch gefallen :)

Heute mal ein relativ frühes Update von mir... Ich bin gerade als einzige von vier Personen in einem Raum wach XD. Und da auch noch Zeitumstellung ist, kommt es nun besonders früh XD.

Aber naja, habt ihr demnächst irgendwelche besonderen Pläne? Die meisten, die noch zur Schule gehen, sollten ja aktuell irgendwie Ferien haben, oder? Ich hab da selten den Durchblick XD.

Bis nächste Woche,
eure Lesekatze <3

Wo die Straßen uns hinführenWhere stories live. Discover now