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Eine Weile gingen wir schweigend weiter, jeder hing seinen Gedanken nach, doch es war kein unangenehmes Schweigen. 

"Weißt du... wenn ich es nicht versemmelt hätte, wenn ich nur nie auf Yeonjun gehört hätte... ob wir jetzt schon Eltern wären? Mit Kind und Hund hier entlang laufen, gemütlich essen gehen und dann unsere schlafenden Babys zum Auto tragen, abends dann gemütlich mit einem Glas Wein und schöner Musik vorm Kamin kuscheln... ich stell mir das so schön vor... warum musste ich alles kaputt machen?" er seufzte enttäuscht und ich schüttelte sofort den Kopf.

"Es war nicht deine Schuld, Tae... ich hab auch nicht richtig reagiert. Wenn es jemand ordentlich versemmelt hat, weil er mich nicht gewarnt hat, dann ist das mein Bruder. Nichts von alle dem wäre passiert, wenn er mir eine kurze Nachricht geschrieben hätte, so wie er es dir versprochen hatte." lehnte ich sein Schuldbekenntnis sofort ab.

"Aber ich hätte dir auch schreiben können..." meinte er geknickt.

"Und ich hätte dich konfrontieren können, statt Ragequitt und sofort alle Zelte hinter mir abzubrechen... keiner von uns war im Recht und keiner von uns dachte, dass er was falsches tat. Wir können es nicht mehr ändern, wir können uns nur gegenseitig vergeben. Und wieder heilen." ich blieb stehen und sah ihm in die dunklen Augen. 

"Du hast mir doch schon vergeben... und, da ist nichts, was ich dir vergeben muss." erklärte er mir, drückte aufmunternd meine Hand, doch ich schüttelte meinen Kopf.

"Tae... ich hab dich im Stich gelassen, du wusstest nicht warum ich ging, du hast Jahre lang gelitten. Wir waren nie voneinander getrennt, seit wir Kinder waren und dann verschwinde ich ohne ein Wort einen Tag vor der Hochzeit... du musst mir das vergeben, du musst deine negativen Gefühle loslassen, damit wir heilen können. Spiel es nicht herunter. Du hast mich an manchen Punkten, wenn du verletzt und am Boden warst, bestimmt auch versucht zu hassen. Bitte verzeih mir..." flehte ich mit Tränen, die meine Wangen herunter liefen, sah den Schmerz in seinen Augen aufflammen, als er sich an all die Tage erinnerte, als er wegen mir geweint hatte, als er dachte, er könnte nicht mehr atmen ohne mich... ich wusste, wie er sich gefühlt hatte, ich hatte mich ebenso gefühlt. Ich dachte ich würde sterben ohne ihn... nach Leben hatte es sich danach jedenfalls nie wieder angefühlt und das wollte ich nun nicht mehr... ich wollte wieder so vertrauen können, wie vorher, mein Herz in jemandes Hände legen und wissen, da ist es gut aufgehoben. 

Er zog mich fest in seine Arme und weinte mir gegen die Haare.

"Natürlich vergebe ich dir... ich verzeihe dir... ich liebe dich so sehr... ich war nicht mehr ich selbst ohne dich... geh bitte nie wieder weg, selbst, wenn du jemand anderen wählst... dann sei wieder meine beste Freundin, aber bitte verlass mich nicht mehr... ich überlebe das nicht nochmal." seine Schluchzer kamen gedämpft an meine Ohren und ich fühlte den Knoten im Hals, während sich ein unkontrollierter Weinkrampf anbahnte.

"Ich lass dich nicht mehr alleine... wir gehören zusammen, egal wie... ich hab dich so schrecklich vermisst Tae... du warst immer meine ganze Welt. Ich verzeihe dir auch... Lass mich nicht mehr los bitte... halt mich einfach... ich liebe dich... wie konnte ich nur einen Tag ohne dich ertragen?" nun weinten wir Beide, ließen alles raus, was sich angestaut hatte und hielten uns dabei so fest umklammert, als hätten wir Angst, der andere würde fortgerissen, sobald wir los ließen. Wir verloren jegliches Zeitgefühl, doch  irgendwann ebbten die Tränen ab, versiegten schließlich und der Griff wurde lockerer, bis es nur noch ein tröstendes im Arm halten war. Er reichte mir ein Taschentuch und wischte sich ebenfalls das Gesicht trocken. Unsere Augen waren ganz rot und verquollen, aber das kümmerte uns nicht mehr... wir konnten wieder durchatmen und uns ohne Groll in die Augen schauen.

"Was hälst du davon, wir starten wieder als Freunde... was sich weiter ergibt, das lassen wir auf uns zukommen... wir wissen von unseren Gefühlen, aber wir wissen auch von den anderen Gefühlen... wir müssen das respektieren und schauen, wohin es uns führt-" schlug er schließlich vor und ich nickte.

"Gute Idee... aber jetzt... jetzt gehen wir dort hinten in das Restaurant, ich verhungere gleich und ich warte nicht, auf Kind und Hund..." meinte ich dann schmollend, da mein Magen knurrte.

"Alles klar, aber das vorm Kamin Kuscheln und Wein trinken, bei guter Musik, findet trotzdem statt." verlangte er dann schmunzelnd, ehe er meine Hand wieder ergriff und mich zurück zum Restaurant führte...


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Frohe Weihnachten :)

XO Ex's & Oh'sWhere stories live. Discover now