Kapitel 11 - Zwei Welten

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Es dauerte lange, bis ich mich wieder gefangen hatte. Mein Vater hatte mich noch am gleichen Abend  zur Seite genommen und mir erläutert, warum ich mich von dem imaginären Kollegen fernhalten müsse. Er hatte mir gezeigt, was man früher mit solchen Schwuchteln gemacht hatte und dass das richtig war. Dass diese Gesetzesänderungen von Emporkömmlingen aus deren Reihen seien. Dass kein normaler Mensch das gutheißen könne. Allesamt korrupte Perverse.

Er erzählte mir, wie sie damals versuchten hatten so eine schwule Sau am Schwanz aufzuhängen. Wie widerlich es war den anzupacken, weil man ja nicht wisse, wo der vorher gewesen sei. Er erzählte mir, wie unglücklich dessen Familie und Freunde gewesen seien, als dessen Schande heraus gekommen war. Dass alle ihn wegen der Perversionen mieden, mit dem Finger nicht auf ihn, sondern auch auf seine Angehörigen zeigten.. sie sahen sich Hass, Beleidigungen und Anfeindungen ausgesetzt.

Ich saß da und hoffte, dass der arme Junge genau so imaginär war, wie mein erdachter Kollege. Dass mein Vater das nur erzählte, weil er mir eine Lektion erteilen wollte.

"Du darfst keinem Mann nahe kommen. Das ist krank. Halte dich von Männern fern, die sowas tun. Nicht, dass es auf dich überspringt. Richtige Männer tun das nicht und allen anderen sollte es verboten sein. Sei ein guter Junge, mein Sohn."

Das war es, was mein Vater zu sagen hatte. Aber er untermalte es mit vielen absolut albtraumhaften Erzählungen.

Eine Zeit lang verkroch ich mich. Louis wollte ja eh nichts von mir wissen. Vielleicht war es besser so... Und dann begann sie wieder: ich bekam Sehnsucht... Obwohl ich es doch nicht wollte. Ich fühlte mich hin und her gerissen zwischen zwei so gegensätzlichen Welten.

Und die Brücke zwischen diesen Welten waren Liam und Niall, die es scheinbar irgendwie nur noch im Doppelpack gab. Das war wirklich eine sehr sehr enge Freundschaft.

Jedenfalls lag ich ihnen wieder ewig in den Ohren, wie gern ich Louis Wiedersehen wollte. Und irgendwann hatte ich Niall wohl genug genervt. Denn endlich sah ich den hübschen Schmetterling wieder. Es war seltsam. In einem Haus vollgestopft mit billigem Alkohol, Zigaretten und Gras, einem Haus, voll mit halbbesoffenen lauten Menschen war er anders. Wie ein Schmetterling, der unter extremsten Bedingungen im Wind tanzte und dadurch schöner und seltener war als alle anderen.

Ich konnte meinen Blick nicht von ihm lassen. Er zog ihn an, wie das Licht eine Motte. Ich hatte das Gefühl, nur noch um ihn zu kreisen.

Seit über einer Stunde überlegte ich, wie ich ihn ansprechen könnte. Als auf einmal irgend so ein Typ ihn anfasste. Was war das denn für ein Lappen?! Innerlich brodelte alles in mir.

Der Typ tanzte nur kurz mit Louis und zog ihn dann plötzlich mit sich. Ich traute meinen Augen kaum. Was sollte der Scheiß denn?!
Ich stürmte hinterher. Bekam Louis im Flur zu fassen.

"Ey, das ist meiner.", Brummte der Typ und sah mich an, als hätte ich sein Schaufelchen im Sandkasten geklaut. Dazu wackelte er auch noch an Louis' Arm.

"Zisch ab.", Knurrte ich in einem Ton, von dem ich bisher ehrlich gesagt nicht gewusst hatte, dass ich ihn drauf hatte

Mein Gegenüber guckte ziemlich verängstigt. Der sollte keine Angst haben. Er sollte nur Louis in Ruhe lassen, weil .. aus Gründen eben.

"Na los. Verschwinde.", knurrte ich ihn also an und ging zwei Schritte auf ihn zu. Tatsächlich zog mein Kontrahent grummelnd ab. Ging doch.

"Was willst du?", Fragte Louis und sah sehr müde aus.
"Ich weiß nicht, ob ich dich will." Sprach ich einfach drauf los. Okay. Das kam wahrscheinlich doof rüber. Louis sah mich nur an und sagte nichts. Also musste ich wohl nochmal nachsetzen.

"Ich weiß nur, dass ich nicht ohne dich will. Und schon gar nicht will ich, dass du dich von irgendwelchen dahergelaufenen Typen anfassen lässt.", Ich konnte meine Stimme dabei kaum ruhig halten. Allein die Vorstellung...

"Ach? Weil nur du mit mir herum spielen darfst, wie es dir grade passt?!"
"Ja. Halt dich gefälligst dran.", Meckerte ich.
"Du bist echt unglaublich. Kauf dir nen Roboter. Der macht dann, was du willst und wenn du keinen Bock auf ihn hast kannst du ihn aus stellen.", Zischte Louis sauer.

Er wollte weg. Nein. Nicht gehen! Ich hielt ihn fest. Wollte ihn absolut nicht gehen lassen. Denn wenn er jetzt ginge... Dann wäre es das vielleicht...

Er stand plötzlich an der Wand. Guckte sauer.

"Ich will keinen Roboter.", Knurrte ich und kam ihm wieder näher.
Louis sagte nichts. Sah mich nur groß an.

Die Wörter purzelten aus meinem Mund. Ohne, dass ich etwas dagegen tun konnte.
"Ich"
"Will"
"Dich"

Ich küsste ihn. Wollte ihm zeigen, wie sehr ich ihn wollte. Wie wenig ich ohne ihn konnte.

Ich packte ihn einfach am Po. Hob ihn hoch und klemmte ihn zwischen mich und der Wand fest.
Mein Herz wollte bei ihm sein. Egal was ich tat und egal was er tat.

Er zog mich an meinen Haaren näher. Er erwiderte den Kuss. Mein Hirn fühlte sich an wie leer gefegt.

Eine ganze Weile knutschten wir herum. Aber dann nahm ich ihn an die Hand. Ich ließ ihn nicht los. Wollte nicht das Risiko eingehen, dass er verschwinden könnte. Wir gingen zu ihm. Alles was ich wollte, war wieder hier sein. Bei ihm. In dieser Wohnung. In dieser Blase, wo die Welt meiner Eltern so unglaublich weit weg war. Wo alles einfach okay war.

Ich war so froh, endlich zurück zu sein, dass ich ihn wieder küsste, sobald die Wohnungstür uns wieder vor der Welt dort draußen abschirmte.

Ich küsste ihn, zog ihn schließlich mit ins Schlafzimmer. Ich zog mich einfach aus. Louis wirkte überrascht. Aber ich zog ihn auch aus.
In Shorts lagen wir schließlich im Bett und ich kuschelte mich eng an ihn. Küsste seine Schläfe.
Es war einfach perfekt.

"Harry?"
"Hm?"
"Ich bin schwul"
"Ich weiß."
"Und du?"
"Keine Ahnung. Ich bin ich."
"Aber was willst du von mir?"
"Ich will sicher gehen, dass es dir gut geht. Dass du sicher bist. Und ich will dich halten. Genau so.", Brummte ich.

Bei Tage mit Harry habe ich an dieser Stelle geschrieben, dass bei Harry gerade  eine Menge passiert. Hatte ich Recht?
Bis später? Dafür dass hier so lange gewartet werden muss, gibt's heute noch eins 😅
Viele Grüße ^_^

Nächte mit LouisWhere stories live. Discover now