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POV Ushijima
"Hallo Tendou." Mein Herz klopfte so heftig, dass jede Faser meines Körpers kribbelte, als ich den Rothaarigen in der Tür stehen sah. Seine Augen funkelten und ein Grinsen zierte sein Gesicht. Der Mann in Weiß, mit dem ich telefoniert hatte, stand neben ihm und sah Tendou leicht besorgt an. Ich dachte an unser Telefonat zurück.
Ich weiß nicht warum, aber er hat mit ihnen geredet. Sie müssen wissen, dass Satori sonst nie auch nur ein Wort spricht. Weder mit den Therapeuten oder den anderen Insassen, ja nicht einmal mit mir und ich bin schon seit seiner Einweisung an seiner Seite. Das er mit ihnen gesprochen hat bedeutet für uns also einen sehr großen Fortschritt.
Aber lassen sie mich erst einmal erläutern, was er für ein Mensch ist. Das ist ihnen gegenüber nur fair, bevor ich meine Bitte vortrage. Also. Satori Tendou ist schon seit vielen Jahren ein gesuchter Killer. Zum ersten Mal auffällig wurde er mit 12 Jahren. Mit 12 Jahren! Er brachte 22 Menschen um. Sie waren allesamt Mitglieder einer geheimen Organisation. Die Polizei nimmt an, dass er damals als Auftragskiller gearbeitet hat. Jedoch fand man keine einzige Spur, die aussagekräftig genug war, um auf ihn zurückführen zu können.
Ich hatte schweigend zugehört und war nicht umhin gekommen, an diesem Punkt so etwas wie Faszination für Tendou zu empfinden.
Weiterhin will ich sie daraufhin weisen, dass es der Polizei erst nach 10 Jahren, nachdem sie von seiner Existenz erfahren hatten, gelungen ist, ihm die Handschellen anzulegen. Und in der Zwischenzeit war er alles andere als untätig. Er hat zahlreiche Menschen umgebracht. Bei der Auswahl seiner Opfer hat er keine Ausnahme gemacht. Er hatte kein Konzept nach dem er vorgegangen ist. Er hat umgebracht wen auch immer er gerade umbringen wollte. Ich möchte ihnen klar machen, wie gefährlich und durchgeknallt dieser Mensch ist. Er hat schon als kleines Kind mit dem Töten angefangen und ist mit der Zeit immer raffinierter geworden. Er ist ein brillanter Lügner und nutzt jede Lücke, sobald er sie sieht.
Danach hatte der Mann in Weiß eine kurze Pause gemacht, um tief durchzuatmen.
Und jetzt zu der Bitte... Seien sie sich gewiss, niemand wird es ihnen verübeln, wenn sie ablehnen. Ich würde sie gern bitten, zur Anstalt zu kommen und sich mit Satori Tendou zu unterhalten. Wenn es funktioniert und er wirklich anfängt zu reden, dann würde das den Therapeuten, nein es würde der gesamten Menschheit helfen. Er würde natürlich streng gefesselt werden, um ihre Sicherheit zu garantieren, aber ich möchte noch einmal betonen, dass es höchst verständlich ist, wenn sie ablehnen.
Der Mann hatte gespannt auf meine Antwort gewartet. Und ich hatte aufgeregt mein Bein zerquetscht. Da war sie. Meine Chance diesem öden Leben zu entfliehen. Aber konnte ich sie auch einfach ergreifen? War das nicht total- Nein! Mein Entschluss stand eigentlich eh von Anfang an fest. Und so hatte ich zugesagt. Ich hatte zugesagt einen Mörder zu treffen und mich mit ihm zu unterhalten, um einen Ausweg aus meinem Leben zu finden.
Ich bin auch nicht mehr ganz richtig im Kopf. Dachte ich und musste minimal lächeln.
Der Mann in Weiß kam auf mich zu und wischte sich nervös die Hände an seinem Kittel ab. "Hallo. Wir haben telefoniert. Ich bin Urosaka, Satoris Pfleger. Danke, dass sie her gekommen sind und das alles auf sich nehmen." Er lächelte unsicher und lief wieder zu Tendou zurück. "Okay. Hör zu Satori, ich weiß das kommt jetzt überraschend und das ist jetzt bestimmt sehr aufwühlend für dich, aber wir denken, dass Herr Ushijima dir vielleicht helfen kann. Aber wir gehen das ganz langsam an, ja? Wenn es dir zu viel ist, dann brauchst du nur mit dem Kopf schütteln, ja?" Ich musterte den Pfleger. Ein seltsamer Kerl. Er redet wie ihm, wie mit einem krebskranken Alten. Dachte ich und spürte Tendous Blick auf mir liegen. Ich sah ihm in die Augen und verspürte keine Angst. Aber was war das für ein Gefühl? War das noch Aufregung oder etwas anderes? Ich verscheuchte die Gedanken, als der Rothaarige sich zum ersten Mal regte. Er lächelte breit. "Passt schon. Ich unterhalte mich gerne mit Wakatoshi-kun." Alle Anwesenden spannten sich augenblicklich an, bereit loszustürmen. Die Gesichter des Pflegers und der Aufseher, waren vor Anstrengung ganz verzerrt. Erstaunlich. Ein paar Worte von ihm sind so angsteinflößend? Bist du so gefährlich? Fragte ich mich. Er kicherte und lief zu dem Stuhl, mir gegenüber. Beim Gehen klirrten die Fesseln um seine Fußgelenke. Sein Pfleger schnaufte, als Tendou sich setzte. "Ich hatte nicht damit gerechnet dich noch einmal wieder zu sehen." Sagte er schmunzelnd. Ich zwang mein Herz, sich zu beruhigen und nickte. "Ich war mir auch nicht sicher." Ich sah ihn aufmerksam an und mir viel auf, dass er meinem Blick unablässig folgte.
Ich wollte etwas sagen, wusste aber, nun da ich ihn vor mir hatte, nicht mehr, worüber ich sprechen konnte. "Du Wakatoshi, kann ich dich was fragen?" Fragte er. Ich nickte. Er legte den Kopf schief. "Wieso bist du her gekommen? Wieso redest du freiwillig mit einem Psychopathen?" Ich schwieg etwas. Unterbewusst kannte ich die Antwort auf diese Frage. Dann fiel mein Blick auf den Pfleger und die Therapeuten, die uns gespannt beobachteten. "Um zu helfen." Antwortete ich und sah wieder in seine Augen. Ich wusste, dass ich log und Tendou wusste es auch. Da war ich mir sicher. Aber ich wollte, vor den Angestellten einer psychiatrischen Anstalt, nicht zugeben, dass das Leben mich erdrückte und ich daraus ausbrechen musste, wenn ich nicht davon verschlungen werden wollte. Der Rothaarige kicherte verschmitzt. "Verstehe..." Murmelte er und im gleichen Moment schaltete sich der Pfleger wieder ein. Tendou verdrehte leicht genervt die Augen. "Ähm entschuldigung. Ich wollte nur sagen, dass sie hier ganz frei reden können, tun sie einfach so, als wären wir gar nicht da." Ich blinzelte ruhig. Ich konnte irgendwie nachvollziehen, warum der Rothaarige genervt von ihm war. Er hatte irgendwie ein anstrengenden Wesen. "Aber sie sind da." Antwortete ich nur. Der Pfleger lächelte verunsichert, während Tendou wieder zu grinsen begann. "Nun sie sollen ja auch nur so tun, damit es ihnen leichter fällt frei zu sprechen." Ich runzelte die Stirn. "Das würde dennoch nichts daran ändern, dass sie in der Tür stehen und ich sie sehen kann." Etwas in mir hatte angefangen sich zu regen.
Ich musterte Tendou. "Sie können einfach rausgehen. Er ist ja gefesselt. Wie soll er sich so überhaupt bewegen können?" Fragte ich. "Am Ende wird mir ja eh nichts geschehen."

Ein einfacher Passant [Ushiten]Where stories live. Discover now